Der Tod ist kein Gourmet
Linkssteuerung auf der linken Straßenseite zu fahren. Doch sie war nicht sonderlich erpicht darauf, zu Sean O’Brians Beerdigung zu gehen.
Honeys Mutter stand vor der halb geöffneten Bürotür. Wenn man in einem bestimmten Winkel hineinschaute, konnte man sich ziemlich gut im Glas spiegeln. Gloria Cross bewunderte ihre Erscheinung, zupfte sich das Haar zurecht und entfernte mit einem eleganten Fingernagel ein winziges Fleckchen Lippenstift aus dem Mundwinkel.
»Es wird dir gefallen«, behauptete sie, während sie die Lippen spitzte. »Erst der Gedenkgottesdienst in St. Luke und dann die Beerdigung auf der Friedwiese.«
»Ist das nicht das Gelände neben der Kirche? Der umweltfreundliche Friedhof, wo man in einem biologisch abbaubaren Sarg beerdigt werden kann?«
»Genau. Aber ich bin mir sicher, dass Sean einen recht anständigen Sarg haben wird. Der hat immer schon etwas für Luxus übriggehabt. Ich glaube, das war Arlenes Entscheidung«, fügte Gloria Cross mit Flüsterstimme hinzu. »Ich bin ja nicht so dafür. Es klingt alles ein bisschen zu schäbig. Es geht doch nichts über ein schönes Mahagoni, wenn ihr mich fragt.«
»Ich hoffe, das sagst du nicht, wenn Lindsey in der Nähe ist. Die hält dir dann gleich einen Vortrag über die Zerstörung der Regenwälder. Ein paar Millionen Menschen, die in Hartholzsärgen beerdigt werden, und futsch sind die Regenwälder. Ich wusste gar nicht, dass Sean so moderne Ansichten hatte.«
Ihre Mutter warf ihr einen finsteren Blick zu. »Das überrascht mich nicht. Du hast dir ja nicht die Mühe gemacht, etwas über ihn herauszufinden.«
Doherty meinte: »Nun, wenn es das ist, was Sean wollte, dann sollte er es auch bekommen.« Ihre Mutter fuhr ihm ins Wort.
»Ich gebe ihr die Schuld. Sie will es so und schwört, das Sean dieses ganze Umweltzeugs wollte. Das wird billiger sein. Dann bleibt mehr von seinem Geld übrig, das sie ausgeben kann.« Sie zuckte die Achseln und zog ihr Halstuch zurecht. »Na ja, sie ist schließlich die Witwe. Da kommt es nicht drauf an, was ich davon halte. Jetzt ist es ihr Geld – wo es doch deines hätte sein können.«
Honey übersah geflissentlich den anklagenden Blick, den ihre Mutter ihr von der Seite zuwarf.
»Sie ist früher nur ein Feld gewesen, und eines mit ziemlich viel Unkraut noch dazu«, sagte Doherty, als die Friedwiese noch einmal erwähnt wurde. »Ein Schulfreund vonmir hat da draußen gewohnt. Wir sind auf diesem Feld auf Schatzsuche gegangen.«
»Habt ihr was gefunden?«, fragte Honey.
»Eine Münze. Eine einzelne römische Münze.«
Er zog die Münze aus der Tasche und zeigte sie ihr. »Aus der Regierungszeit des Kaisers Claudius.«
»Schön«, sagte Honey.
»Dreckig«, mäkelte Gloria und erschauderte.
»Nettes Gasthaus, wenn ich mich recht erinnere.« Honey hatte im Bath Chronicle von der Friedwiese im Dorf Much Maryleigh gelesen. Man hatte das brachliegende Feld, auf dem nichts als ein paar Stücke Wellblech und einige alte Matratzen zu finden waren, vom Unrat und Unkraut befreit und mit Rasen eingesät. Dann war ein Landschaftsgärtner beauftragt worden, es hübsch zu gestalten. Das Ergebnis war eine umweltfreundliche Begräbnisstätte ohne Grabsteine oder irgendein Anzeichen dafür, dass die teuren Verblichenen tatsächlich dort lagen, außer einem Busch oder Baum, der auf dem Grab gepflanzt wurde – neues Leben aus dem Tod oder so.
»Guter Dünger«, murmelte Doherty.
Honey warf ihm einen warnenden Blick zu. Ihr war genau das durch den Kopf gegangen, aber das brauchte ihre Mutter nicht zu wissen. Manche Leute waren da empfindlich, und Gloria war ziemlich altmodisch.
Zum Glück hatte sie nichts gehört.
»Die Mädels treffen sich bei mir«, verkündete sie in einem Ton, der Honey vermuten ließ, dass Gloria die alten Damen dort hinbefohlen hatte.
»Gut«, meinte Honey mit einem knappen Nicken. »Das hast du also organisiert.«
»Selbstverständlich.«
»Wann soll ich euch abholen?«
»Also. Ich brauche zwei Stunden, um mich fertigzumachen, nachdem ich gebadet habe ...«
Es wurden Abmachungen getroffen oder vielmehr Anordnungen ausgegeben.
»Ich gehe davon aus, dass du für die Beerdigung auch Kleidung besitzt, die nicht voller Ketchup-Flecke ist?«, fügte Gloria hinzu und musterte mit kritischen Augen jeden einzelnen Klecks auf Honeys Schürze.
»Ich habe mein kleines schwarzes Kostüm.«
»Das sollte in Ordnung sein«, befand ihre Mutter. »Wir wollen doch nicht, dass Arlene denkt, Sean
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