Der Tote im Grandhotel
Eva Bellin
Der Tote im
Grandhotel
Inhaltsangabe
Eine naive junge Frau und ein seriöser Geschäftsmann verabreden sich zu einer heimlichen Liebesnacht im Berliner Grandhotel. Als Richard die Suite betritt, ist Britta verschwunden, und an ihrer Stelle findet er einen Toten vor. Er kann nicht verhindern, daß Kommissar Wedel ihn für den Mörder hält. Doch dann führen die Spuren immer eindeutiger in die Welt des organisierten Verbrechens. Richard könnte aufatmen, aber in dem Versuch, sein Ansehen und seine Ehe zu retten, die er durch den Seitensprung gefährdet hat, tut er alles, um den Verdacht des Kommissars erneut auf sich zu lenken. Doch auch diesmal läuft Wedel ins Leere. Bis ein kleiner Hotelpage ermordet wird…
Genehmigte Ausgabe 1998 für H+L Verlag, Köln
Titelfoto und Titelgestaltung: Roberto Patelli, Köln
Printed in Germany
Alle Rechte vorbehalten.
Dieses eBook ist umwelt- und leserfreundlich, da es weder
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beinhaltet!
1. Kapitel
ie vor fünf Jahren fragte sie: »War ich gut eben?«
WEr antwortete wie damals: »Du warst fantastisch.« Sex mit
Britta war aufwühlend. Totale Kraft, wilde Intensität. Ein Formel-1-Rennen, das beide gewinnen wollten.
Wenn man in diesem Genre blieb, so ließ sich Sex mit Lucie eher mit einer Tour im Rolls Royce vergleichen. Sanft und stark, verläß-
lich und luxuriös. Gewiß nicht das schlechteste, was einem Mann widerfahren konnte. Mindestens einmal die Woche. Kein schlechter Schnitt nach zwanzig Jahren Ehe.
Alte Männer übernahmen sich manchmal endgültig bei Schäfer-
stündchen mit der jungen Geliebten. Eigensinnig trotteten dann
Ehefrau und Gespielin hinter dem Sarg des Verblichenen her. Sie hielten Abstand voneinander und wetteiferten um den eindrucks-vollsten Kranz und den überzeugendsten Eindruck edler Trauer. Ei-ne Tragödie, welche allerdings die Stimmung der Trauergemeinde
erheblich aufzulockern pflegte.
Aber er war zum Glück noch in einem Alter, in dem der Körper
Ekstasen glatt verkraftete. Fünfundfünfzig: kein Grund zur Panik, doch höchste Zeit, bewußt den Nektar zu schlürfen, den das Leben noch bot.
Natürlich war man nicht mehr der feurige Meister, der sich in
jedem Qualifikationslauf für die ›pole position‹ qualifizierte. Kleine 1
Konditionsschwächen wurden jedoch durch Routine glücklich aus-
geglichen.
Britta lag auf dem Rücken, und er ließ den Blick über ihren Körper gleiten.
Ein Rendezvous nach fünf Jahren Pause, das war schon etwas.
Natürlich hatten sie beide nicht sehr oft aneinander gedacht, aber nun behauptete sie, vor Sehnsucht fast vergangen zu sein, und er log schnöde, er habe im Ehebett nur an sie gedacht. Fünf Jahre hielt niemand wirklich durch. Zuerst hatten sie noch miteinander telefoniert, dann waren die Kontakte seltener geworden und hatten
schließlich ganz aufgehört. Doch nun war es erstaunlich schön und trotz einer gewissen Vertrautheit wie neu.
Britta war damals mit der INA nach New York gegangen, hatte
sogar in Manhattan eine kleine Wohnung gefunden. Richard wußte
nicht, ob der Umzug notwendig gewesen war, eine Anordnung der
Fluggesellschaft etwa, ob ein Kerl dahintersteckte oder irgend etwas anderes.
Er war schließlich verheiratet und dachte nicht im Traum an
Scheidung. Er wollte auch beileibe keinen Wind machen. Die
schönste Romanze konnte nicht ewig dauern. Lucie war eine gute
und attraktive Ehefrau. Und ihr gehörte die Firma. Punkt. Ein kluger Mann vergaß das nicht.
Berlin als Treffpunkt hatte Britta selbst vorgeschlagen, als sie ihn anrief und ihre Ankunft in Deutschland ankündigte. Sie schien das abenteuerliche Liebesleben geführt zu haben, das Männer sich meist zu wünschen und nie zu bekommen pflegten. Sie hatte mit einem
Kerl fest zusammengelebt. Oder waren es zwei Kerle gewesen? Oder mehr?
Mit den kostenlosen oder stark verbilligten Tickets ihrer Fluggesellschaft machte sie große Reisen in aller Herren Länder und zu fremden Herren und Damen, die sie oft nur flüchtig kannte oder
mit denen sie lediglich telefonisch Kontakte aufgebaut hatte im 2
INA-Büro. Sie hatte eine warme, helle Stimme. Jüdinnen hatten
oft diese hohe, melodiöse Stimmlage. Aber Richard wußte nicht,
ob sie Jüdin war. Ihre Haut war sehr braun. Sie hatte von Natur aus dunkles Haar, das sie rot färbte. Über ihre Herkunft wollte sie nicht reden. Es konnte ihm ja auch egal sein.
Kennengelernt hatte er sie in Berlin bei der
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