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Der Toten tiefes Schweigen

Der Toten tiefes Schweigen

Titel: Der Toten tiefes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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verstummte. Sie hörte das Klicken des Kippständers, als er auf den Beton traf.
    Erst kurz nach sechs. Sie hatte noch stundenlang Zeit – war viel zu früh fertig.
    Sie setzte sich auf das Fußende des Bettes. Sie war aufgeregt gewesen. Angespannt. Nervös, aber vermischt mit einer gewissen Zufriedenheit, Vorfreude. Jetzt kam es ihr vor, als wäre die Temperatur gesunken. Ihr war schlecht. Sie hatte Angst. Wie absurd. Dann spürte sie nur noch zehrende Müdigkeit und konnte sich nicht vorstellen, dass sie je wieder die Energie fände, aufzustehen.
    Die Küchentür schlug zu. Sie hörte, wie Tom seinen Helm und die schweren Lederhandschuhe zu Boden fallen ließ.
    Hellgraues Leinen. Neue rote Bluse. Sie hatte sich sogar schon frisiert. Sie wollte sich auf ihr Bett legen und schlafen, nur schlafen.
    Nach ein paar Minuten ging sie nach unten.
     
    »Oh, gut ausgesucht, Ma.« Elizabeth sah von ihrem französischen Buch auf.
    Tom stand am Toaster – wie immer, wenn er nach Hause gekommen war. Tom. Für ihn sei es okay, hatte er gesagt, ganz in Ordnung. Doch Helen war sich nicht sicher.
    Um Elizabeth musste sie sich allerdings keine Sorgen machen – schließlich hatte ihre Tochter ihr das alles eingebrockt. »Dad ist seit sechs Jahren tot. Wir werden nicht mehr lange um dich sein. Du musst dir ein Leben aufbauen, Ma.«
    Jetzt aber erhaschte sie einen Ausdruck auf Toms Gesicht, der im Widerspruch zu seinen Worten stand. Es sei »okay« für ihn. »In Ordnung.«
    »Ich dachte, du würdest dich nicht vor acht mit dem Typen treffen.«
    »Halb acht.«
    »Kommt aufs selbe raus.«
    Tom schmierte fast ein halbes Pfund Butter und einen Klumpen Marmite auf vier Toastscheiben.
    Die Küche fing die Abendsonne ein. Es war warm. Elizabeths Französischbücher. Kugelschreiber. Filzstifte. Toms Marmite-Glas ohne Deckel auf dem Tisch. Der Geruch nach warmem Toast. Und Motoröl.
    »Ich kann nicht gehen«, sagte Helen. »Ich kann das nicht. Was habe ich mir bloß dabei gedacht?«
    »Du liebe Zeit, nicht noch mal, das hatten wir doch schon zur Genüge. Tom, sag du doch was, steh mir bei, ja?«
    Tom zuckte mit den Schultern.
    Seine Schwester schnaubte. Legte ihren Kugelschreiber auf
Eugénie Grandet.
»Na schön, dann fangen wir wieder von vorn an. Ist es nur die Aufregung vor dem ersten Mal?«
    Aufregung vor dem ersten Mal? Wie sollte damit auch nur annähernd beschrieben sein, was sie fühlte, während sie in hellgrauem Leinen am Küchentisch saß, in einer purpurroten Bluse, die sie noch nie getragen hatte, und mindestens eine Stunde zu früh fertig war?
     
    Als sie vor zwei Monaten Mutley ausführten, hatte Elizabeth auf dem Hügel gesagt: »Ich glaube, du kommst nicht genug unter Menschen.«
    Helen verstand das nicht. In ihrem Beruf als Apothekerin hatte sie schließlich tagtäglich mit Menschen zu tun.
    »Das meine ich nicht.« Elizabeth setzte sich mit dem Rücken an einen der Wernsteine. Es war Juli. Mutley legte sich hin und hechelte.
    Helen zögerte, blieb stehen und blickte über Lafferton, nur um ihre Tochter nicht ansehen zu müssen. Sie spürte, dass etwas wichtig war oder Veränderungen bevorstanden, doch sie wusste nicht, was oder wie. Das beunruhigte sie.
    »Mum, meinst du nicht, du solltest … na ja, dich mit jemandem verabreden – mit einem anderen. Nach Dad. Setz dich doch, ich verrenk mir sonst noch den Hals.«
    Helen setzte sich ins trockene Gras. Elizabeth sah sie direkt an. So war sie schon immer gewesen. Helen erinnerte sich an den Abend, an dem ihre Tochter zur Welt gekommen war: Lizzie hatte sie genauso unnachgiebig angeschaut, obwohl Neugeborene ihren Blick angeblich noch nicht ausrichten können. Sie hatte es als kleines Mädchen gemacht, wenn sie eine Frage gestellt hatte. Dieser gerade, blauäugige Blick, der einen festhielt und nicht losließ. Da war er wieder.
    »Über kurz oder lang werde ich in Cambridge sein, so Gott will. Tom wird mit seinen Spinnern unterwegs sein.«
    »Und ich werde allein sein und nicht mehr zurechtkommen, meinst du.«
    »Nicht ganz.«
    »Was dann?«
    »Ich mache mir Sorgen, dass du etwas verpasst. Du solltest jemanden haben.«
    »Ich möchte nicht wieder heiraten.«
    »Woher willst du das wissen? Vielleicht möchtest du theoretisch nicht, aber wenn du jemanden kennenlernst …«
    »Und warum sollte ich das nicht?«
    »Jedenfalls nicht in einem fensterlosen Kabuff voller Pillenpackungen.«
    »Meine Arbeit macht mir Spaß.«
    »Darum geht es nicht. Ich glaube einfach, du

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