Der Traum der Hebamme / Roman
Kreuzzugsteilnehmern eilig, in die Heimat zurückzukehren. Es galt, Thronstreitigkeiten zu verhindern – und sofern diese schon ausgebrochen waren, womit zu rechnen war, musste jeder von ihnen sehen, wie er seinen Titel und sein Land rettete und vor Krieg bewahrte.
Landgraf Hermann hatte es gemeinsam mit Konrad von der Ostmark übernommen, eine Überfahrt zu besorgen. Sie wollten gemeinsam mit Dietrich reisen und die Zeit auf dem Schiff nutzen, um ihr Vorgehen zu besprechen.
Wito, der den Arm in einer Schlinge trug, den Notger ihm gerichtet und verbunden hatte, sah von Stunde zu Stunde leidender aus. Das lag weniger an seinen Schmerzen als an der Vorstellung, die Pferde noch einmal für vier oder noch mehr Wochen in einen Schiffsbauch pferchen zu müssen.
Thomas hatte lange gegrübelt und um einen Entschluss gerungen. Es war eine schwierige Entscheidung, und er wollte sie keinesfalls leichtfertig treffen. Aber nun, da er sich entschlossen hatte, wollte er die Sache hinter sich bringen. Also bat er seinen Dienstherrn, den Grafen von Weißenfels, um ein vertrauliches Gespräch.
»Herr, darf ich Euch bitten, mich aus Euern Diensten zu entlassen?«
Nun war es heraus.
Und da er Dietrich eine Erklärung schuldig war, fuhr er gleich fort: »Haltet mich nicht für feige oder treulos! Ich weiß, Ihr braucht womöglich jeden Mann für das, was Ihr vorhabt, wenn Ihr zurückgekehrt. Mein Stiefvater und meine Brüder werden an Eurer Seite stehen …«
An dieser Stelle unterbrach ihn der Graf.
»Ich könnte jetzt behaupten, ich wüsste nicht, wovon Ihr sprecht«, sagte er mit feinem Lächeln. »Aber wir kennen einander lange genug, um uns nichts vorzumachen, und Eure Treue musste ich nie in Frage stellen. Also erhebt Euch, schenkt uns beiden etwas zu trinken ein und erzählt mir, welche Zukunftspläne Ihr habt, wenn Ihr diese Zukunft nicht in der Mark Meißen seht.«
Überrascht und innerlich zutiefst aufgewühlt folgte Thomas Dietrichs Anweisungen.
»Ich möchte hierbleiben und heiraten. Ich weiß, zu Hause stehen große Entscheidungen bevor, und ich kann mir, ehrlich gesagt, kaum vorstellen, dabei
nicht
an Eurer Seite zu kämpfen. Aber wenn Ihr je eine Frau getroffen habt im Leben, die Ihr von ganzem Herzen liebt, ohne die Ihr nicht mehr sein könnt, ohne Euch unvollständig zu fühlen, und die Euern Schutz braucht, um zu überleben, dann werdet Ihr mich vielleicht verstehen …«
»Ja, das habe ich«, sagte Dietrich mit sich verfinsternder Miene, und Thomas wusste, von wem die Rede war.
»Was wollt Ihr tun, nachdem Ihr Walpots Mündel geheiratet habt? Etwa den Gewürzhandel ihres Mannes weiterführen?«
»Nein, darum wird sich Eschiva kümmern und auch die Spitalgemeinschaft beliefern – den Orden, meine ich, verzeiht. Ich möchte Hugo von Tiberias bitten, mich in seine Wache aufzunehmen.«
Erstaunt zog Dietrich die Augenbrauen hoch. »Was bringt Euch auf diesen Gedanken?«
Thomas atmete tief durch und suchte nach Worten. »Seit zehn Jahren kämpfe ich an Eurer Seite und ritt in viele Schlachten. Und ich hoffe, gute Dienste geleistet zu haben. Ich hatte nie Zweifel, wenn es darum ging, die Angriffe Eures Bruders abzuwehren, das Land und seine Bewohner vor Plünderern und Mordbrennern zu schützen. Aber was wir taten auf dem Kreuzzug Friedrichs von Staufen, was wir bei diesem Feldzug wieder erleben mussten … Es ist für mich nicht richtig, auch wenn wir für Christus und den wahren Glauben kämpften. Wir haben mehr Unheil angerichtet als Gutes bewirkt. Hugo von Tiberias ist ein kluger Mann, er will Frieden zwischen Christen und Sarazenen, solange es die geringste Hoffnung auf Frieden gibt. Deshalb möchte ich für ihn kämpfen. So schützen wir die Pilger. Und vielleicht führt uns der Weg auf diese Art doch noch nach Jerusalem.«
»Ihr seid da zu bemerkenswerten Gedanken gekommen«, meinte Dietrich. »Gehen wir gemeinsam zu Tiberias; ich werde Euch hinreichend loben, so dass er gar nicht anders kann, als Euch in seiner Dienste zu nehmen.«
Thomas wollte ihm danken, doch Dietrich sprach schon weiter, mit frohem Lächeln. »Auf diese Art also erfüllt sich die Vorhersage Eurer Mutter, dass Ihr nicht zurückkommt! Ich bin sicher, eine Hochzeit ist die beste Nachricht, die ich ihr von Euch überbringen kann. Obwohl ich hoffe, dass sie mich erst zu Wort kommen lässt, bevor sie in Tränen ausbricht …«
»Sie wird traurig sein, mich nie mehr zu sehen, und Clara auch. Sagt ihnen bitte, dass ich an sie
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