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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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macht ihn neugierig auf Euch. Nehmt Euch lieber etwas vor, das Ihr nach der Schlacht tun wollt.«
    Thomas schluckte. »Herr, ich muss Euch um Verzeihung bitten …«
    »Ich habe Euch nichts zu verzeihen«, unterbrach Dietrich ihn und legte ihm einen Arm auf die Schulter. »Seit mehr als zehn Jahren steht Ihr an meiner Seite, und ich konnte stets auf Euch zählen. In vielem erkenne ich Euren Vater in Euch wieder.«
    Bevor Thomas etwas darauf entgegnen konnte, zerrissen laute Schreie aus dem südwestlichen Teil des Lagers das Rauschen des Regens.
    Sofort griffen er und Dietrich nach den Schwertern. Von dort erwarteten sie die feindliche Armee. Attackierte sie etwa schon in der Nacht?
    Auch die Thüringer und Ostmärker, deren Zelte nebeneinanderstanden, sprangen auf und holten ihre Waffen.
    Aus der Ferne versuchte Dietrich vergeblich auszumachen, was dort vor sich ging.
    »Ein Dutzend Mann mit mir!«, befahl er. »Die anderen bleiben hier in Bereitschaft. Es könnte eine Falle sein, ein Ablenkungsmanöver.«
    Durch den Regen rannten sie der Ursache des Lärms entgegen.
    Je näher sie kamen, umso verwirrender wurde das Bild. Da waren keine feindlichen Angreifer! Stattdessen liefen aufgebrachte Männer auf sie zu und schrien: »Sie ziehen ab! Unsere Leute sind abgezogen! Die sechstausend Mann unter Heinrich von Kalden sind fort!«
    Deren Lager war noch ein ganzes Stück entfernt, aber als Dietrich und seine Begleiter dort eintrafen, war der Platz tatsächlich in aller Eile geräumt worden. Viel mehr als ihre Pferde und ihre Waffen konnten die Männer des Marschalls nicht mitgenommen haben. An verlassenen Lagerstellen flackerten im Regen erlöschende Feuer, auf wehende Zeltbahnen prasselten die Tropfen herab.
    »Was tun diese feigen Dreckskerle?«, brüllte fassungslos Adolf von Holstein-Schauenburg, einer der Fürsten, die mit dem Erzbischof von Mainz hierhergekommen waren. »Sie lassen uns im Stich!«
    Ulrich von Kärnten, nicht minder aufgebracht, packte einen der Knechte am Arm und fuhr ihn an: »Was ging hier vor?«
    »Der Kanzler hat den Abmarsch angeordnet … kurz nachdem die Proviantkolonne eingetroffen ist …«, stammelte der Mann. »Sie ziehen zur Küste …«
    »Dann schnappt euch die Leute von dem Transport und findet heraus, was für geheime Nachrichten sie aus Tyros gebracht haben!«, brüllte der Kärntener ein paar seiner Getreuen an. »Selbst wenn der Kanzler dahintersteckt – diese Männer würden nur Kalden gehorchen!«
    »Ohne die sechstausend haben wir morgen keine Chance, wir wären hoffnungslos unterlegen«, rief Adolf von Holstein durch den Regen.
    Er hatte es kaum ausgesprochen, als ein Blitz ganz nah zuckte und für einen winzigen Augenblick ein grelles Licht auf das gespenstisch leere Lager warf. Fast im gleichen Moment krachte ein Donner so laut, dass sich Thomas vorübergehend wie taub fühlte. Auf den Koppeln spielten die Pferde verrückt. Als wenn sich die Natur gegen sie verschworen hätte, prasselten auf einmal kirschkerngroße Hagelkörner auf Mensch und Tier nieder.
    Der Holsteiner und der Herzog von Kärnten rannten zurück zu ihren Zelten, Thomas und Dietrich versuchten, sich den Weg zu den Thüringern zu bahnen.
    Aber im Lager schien die Hölle ausgebrochen.
    Die Schreckensnachricht vom unangekündigten Abzug der sechstausend Mann hatte in Windeseile die Runde gemacht. Das und das Höllenspektakel vom Himmel löste eine immer mächtiger werdende Panik aus.
    »Zurück nach Tyros, wir müssen nach Tyros!«, klangen von allen Seiten entsetzte Schreie. Männer ließen alles bis auf ihre Waffen stehen und liegen und rannten zu ihren Pferden.
    Thomas sah, wie jemand einfach umgeworfen und niedergetrampelt wurde, der mitten in dem Hagelsturm auf die Knie gefallen war und die Arme zum Himmel reckte. Ein paar Verwundete brüllten um Hilfe, doch niemand hielt sich mit ihnen auf.
    Triefend nass und atemlos erreichten Dietrich und Thomas das Lager ihrer Verbündeten. Hermann von Thüringen und Markgraf Konrad seien inzwischen beim Heerführer Heinrich von Brabant, erfuhren sie dort.
    »Was ist in die gefahren?«, brüllte Hermann von Salza wütend und zeigte auf die kopflos Flüchtenden. »Kommt al-Adil mit zweihunderttausend Mann?«
    Die Rückkehr der beiden Fürsten ersparte Dietrich die Antwort.
    »Aufbruch und sofortiger Rückzug nach Tyros!«, befahl Hermann von Thüringen. »Wir sind verraten und im Stich gelassen worden.«
    Die Männer griffen sich das Nötigste und rannten zur

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