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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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es, die vollkommen aufgelöste Gertrud zu beruhigen und ihr zu helfen. Sonst würde hier Panik ausbrechen, noch ehe die Belagerung begann.

Die Furt
    A uch die Männer an der Furt sahen die Rauchwolken im Norden aufsteigen und wussten, was sie zu bedeuten hatten. Norbert von Weißenfels bekreuzigte sich, dann befahl er, die Arbeiten umgehend zu beenden und sich für den Kampf zu rüsten. Die bis eben noch mit den Baumstämmen beschäftigten Dörfler – sofern sie nicht als Bogen- oder Armbrustschützen eingeteilt waren – schickte er zur Burg, damit sie dort Zuflucht fanden.
    Die Gegner kamen aus Richtung Norden, der erste Angriff der feindlichen Streitmacht würde also genau hier erfolgen.
    Thomas saß längst voll gerüstet im Sattel, als der Graf mit zweieinhalb Dutzend gepanzerten Reitern von der Burg geprescht kam. Dieser Anblick erfüllte Marthes Sohn mit tiefer Zufriedenheit. In den letzten zwei Jahren war er oft unter Dietrichs Kommando und an seiner Seite in die Schlacht geritten. Mit niemandem würde er lieber in den Kampf ziehen. Und der heutige Kampf war unausweichlich. Thomas sehnte ihn sogar herbei. Es würde keinen Frieden geben, solange Albrecht lebte. Vielleicht konnte er heute den Tod seines Vaters rächen!
    Er kniff die Augen ein wenig zusammen, um seinen Stiefvater in der Reiterschar zu erkennen, vermochte aber dessen Fuchshengst unter den herangaloppierenden Pferden nicht auszumachen. Das verwunderte ihn; er hätte nie gedacht, dass Lukas es sich nehmen lassen würde, hier an Dietrichs Seite zu kämpfen. Doch Thomas hatte sich mittlerweile damit abgefunden, dass sich Lukas’ Gedanken oft in überraschenden Bahnen bewegten, dahinter aber gewöhnlich ein schlau durchdachter Plan steckte.
    »Norbert, sichert den Zugang zur Burg mit so vielen Leuten, wie Ihr braucht«, rief Dietrich, während er sein Pferd vor den Bewaffneten am Saaleufer zum Stehen brachte. »Lukas befehligt derweil die Leute auf der Burg.«
    Norbert von Weißenfels nickte zum Zeichen dafür, dass er verstanden hatte, und ritt los.
    Niemand machte Thomas den Platz streitig, als er wie selbstverständlich seinen Hengst an Dietrichs rechte Seite lenkte. Unwillkürlich legte er die Hand an den Schwertgriff, während sich die feindliche Reiterschar näherte. Ein junger Ritter auf einem Schecken stellte sich links von Dietrich auf: Conrad, der älteste von Norberts Söhnen, der seinem Vater im Gesicht zwar unverkennbar ähnlich sah, aber eher stämmig als hager wirkte.
    Zwei Dutzend Bogenschützen, die den Reitern zu Fuß gefolgt waren, kamen zum Ufer und postierten sich neben den Palisaden. Ein paar mit Armbrüsten und Schleudern bewaffnete Männer traten zu ihnen.
    Nun waren die Gegner auf Pfeilschussweite heran und preschten auf den Fluss zu, ohne ihr Tempo zu verlangsamen.
    Thomas zog das Schwert aus der Scheide; sein Pferd spürte die Anspannung des Reiters und tänzelte unruhig. Mühsam brachte Thomas den Hengst wieder zur Ruhe. Es war kein besonders gutes Pferd, wieder einmal vermisste er seinen bestens ausgebildeten Rappen, mit dem er sich wie mit einem Freund verstanden hatte und den er während der Belagerung von Akkon opfern musste. Dann richtete er den Blick unter halb gesenkten Lidern auf Dietrich, der noch keine Waffe gezogen hatte, sondern ruhig wartete. Sein Bliaut unter dem Kettenhemd war ausgeblichen von der sengenden Sonne Outremers, seine Haut gebräunt trotz des kühlen Herbstwetters. Er trug dieselben Kleider und Waffen wie damals, als Thomas neben ihm in seine erste Schlacht geritten war – im anatolischen Hochland, als sie nach einem qualvollen Marsch durch wasserloses Gebiet bei sengender Hitze einem riesigen Seldschukenheer gegenüberstanden.
    Wortlos versuchte Thomas, die Zahl der Gegner abzuschätzen, die sich ihnen näherten. Zweihundertfünfzig … vielleicht auch mehr, allesamt beritten. Es war schwierig, unter den Kettenhauben und Nasalhelmen Gesichter auszumachen. Albrecht ritt voran, unverkennbar durch die reichverzierte Kleidung und den Schimmel mit dem prachtvollen Zaumzeug. Dieses Tier hatte er schon vor zweieinhalb Jahren besessen, als Thomas noch Knappe am Meißner Hof war. An seiner Seite ritten ein Bannerträger und zwei weitere Männer, die Thomas zu erkennen glaubte: der Marschall und der Truchsess. Sofort hielt er Ausschau nach einem ganz bestimmten Gesicht, in der Hoffnung, eine Strähne von Rutgers leuchtend rotem Haar würde unter dem Helm seines Erzfeindes hervorlugen.
     
    Albrecht

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