Der Treffpunkt
dir ein frohes Weihnachtsfest, erholsame Feiertage und alles Gute.“
Ich ließ ihn gar nicht zu Wort kommen. Er stammelte, ich solle bleiben. Ich wählte bereits die Nummer des Taxiunternehmens. Ich wusste genau, wo ich hinwollte.
Nach zehn Minuten stand der Wagen vor der Tür. Gerhard war noch immer ganz verdutzt, hatte sich aber schon beruhigt.
Ich ließ mich zur Schule chauffieren. Ich wollte das Geheimnis endlich lüften. Mit dem Zentralschlüssel sperrte ich die Hintertür auf. Es war stockfinster. Ich schaltete nur die Notbeleuchtung ein. Im Raum neben dem Turnsaal, der übrigens nicht verschlossen war, duftete es wieder nach Chlor. Ich hörte Stimmen, zuerst leise, dann wurden sie lauter. In der Höhe der Duschanlagen befand sich ein Kreis aus brennenden Kerzen. Inmitten dieses Kreises lagen Heaven und ein junger Mann. Ich trat näher und hörte leises Stöhnen, schmerzvolles Stöhnen. Ich identifizierte den Jungen als Christian. Ich fragte mich, was er hier verloren hatte, verwarf den Gedanken aber gleich wieder.
„Er hat mich berührt“, flüsterte Heaven. Beide waren nackt und jetzt sah ich die Bisswunde. Christians Füße und Hände zuckten. Er verlor Blut. Ich warf die Kerzen um und durchbrach den Kreis. Heaven funkelte mich wütend an. Ich hatte den Jäger beim Verzehr seiner Beute gestört. Christian war noch bei vollem Bewusstsein und bat um Hilfe. Heaven wich vor mir zurück, als ich Christians Puls befühlte. Der Menge an verlorenem Blut zu urteilen, hatte der Vampir, mir fiel keine andere Bezeichnung für Heaven ein, zum Glück nicht die Halsschlagader getroffen. Der verletzte Bursche war bleich und er zitterte am ganzen Körper. Es bestand noch Hoffnung.
„Du Monster!“, schrie ich Heaven an. Ich unterdrückte meine Tränen, sammelte alle Kraft zusammen und hob Christian auf.
„Halt dich an mir fest, bitte.“ Ich ächzte unter der Last. Christian war wahnsinnig schwer. Er schlang seine Arme um meinen Hals und verwendete dazu seine letzten Energiereserven. Mit Müh und Not schleppte ich ihn zum Ausgang. Heaven war uns nicht gefolgt. Ich setzte Christian auf den Boden und lief zum Parkplatz. Dort stand der Fiat Lieferwagen, Schuleigentum und zum Transport von Heizmaterial und ähnliches gedacht. Ich holte schnell den Ersatzschlüssel, den der Hausmeister in einer Nische gleich neben dem großen Kellerfenster aufbewahrt hatte. Ich öffnete den Schranken zum Parkplatz und fuhr zur Stiege. Ich trug Christian ins Auto und fuhr mit ihm, ohne die Geschwindigkeitsbegrenzungen einzuhalten, ins Krankenhaus. Er erhielt sofort Hilfe. Sein Leben konnte gerettet werden. Ich war so nervös, dass ich kein Wort herausbrachte. Erst beim Polizeiverhör erzählte ich die ganze Geschichte. In meinem Kopf ging es drunter und dr über. Ich sah überall Blaulichter, Ärzte und Polizisten. Dummerweise schenkte man mir keinen Glauben, da man in Christians Hosentaschen beträchtliche Mengen Gras fand. Wir wurden beide als verrückte Drogenjunkies abgestempelt und der Fall war somit für die Behörden erledigt. Ich war über Christians Drogenproblem schockiert, freute mich aber darüber, sein Leben gerettet zu haben. Wäre ich bei Gerhard geblieben, hätte man vermutlich nur mehr Christians Leiche gefunden.
Ich wollte nur mehr in meine Wohnung. Ich war sehr müde. Am nächsten Tag besuchte ich Christian im Krankenhaus. Er hatte schon eine bessere Gesichtsfarbe und lächelte schwach.
„Danke, Mann. Ohne dich wäre ich jetzt nicht mehr hier.“ Er sprach leise.
„Du hast Glück gehabt.“
„Warum bist du überhaupt dort aufgetaucht?“
Ich räusperte mich. „Aus dem gleichen Grund wie du.“
„Du kanntest das Versteck also auch.“
„Ja, aber ich weiß nicht ...“
Eine Krankenschwester kam ins Zimmer. „Christian braucht jetzt viel Ruhe. Darf ich Sie bitten, zu gehen?“ Sie schaute mich streng an.
Ich nickte. „Christian, ich wünsche dir gute Besserung und ein schönes Weihnachtsfest. Wann kommst du raus?“
„In ein paar Tagen. Danke noch mal!“
Auf dem Nachhauseweg besuchte ich den Weihnachtsmarkt in Brückern und trank in einer Konditorei eine Tasse Heiße Schokolade. Zum ersten Mal seit Wochen kam ich wieder dazu, die Adventzeit zu genießen. Ich schaute beim Direktor in der Schule vorbei und bat ihn um vorzeit igen Urlaub. Das Unglück mit Christian wurde zwar erwähnt, doch Vierer wollte nicht näher darauf eingehen. Drogen waren ein
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