Der Trotzkopf
stocken, zu Ende.
Warum saß er so stumm? Sein Schweigen mußte sie verletzen. Sie hatte so fest erwartet, daß er sein Entzücken laut äußern würde! Nun sagte er gar nichts. Fast vorwurfsvoll sah sie ihn an, aber wie schnell senkte sie ihr Auge. Es traf sie sein Blick so sonderbar. Sie mußte an Doktor Althoffs ›sonderlicher‹ Blick denken.
»Ihre Freundin hat ein warmes, tiefes Empfinden,« bemerkte er endlich, aber es kam gezwungen heraus. Er fühlte das selbst und brach ab.
»Fräulein Ilse,« fuhr er nach einer kleinen Pause ganz ohne Zusammenhang fort, »was würden Sie antworten, wenn – wenn jemand Sie fragen würde: Haben Sie mich lieb?«
Sie war so verwirrt, so erschrocken bei seiner Frage, die sie wie ein Blitz aus blauem Himmel traf. Ihr heißes Blut wallte auf bei dem Gedanken, daß er sie verspotten könne.
Fast hastig erhob sie sich. »Nein, würde ich sagen!« fuhr sie heraus, »ich habe niemand lieb! Niemand!« wiederholte sie, als ob sie erst noch einen Trumpf darauf setzen wollte.
Wenn der Brausekopf nur einen Blick auf ihn geworfen hätte, wie bald würde sie ihn verstanden haben! Sein Auge hing mit Entzücken an ihr, der Widerstand verlieh ihren Zügen einen neuen Reiz für ihn.
»Ilse,« sagte er zärtlich und ergriff ihre Hand. »Wenn ich es wäre, der Sie fragte: Haben Sie mich lieb, wollen Sie meine kleine Frau sein? Würden Sie auch dann so sprechen?«
Hastig entzog sie ihm ihre Hand und verhüllte das Gesicht.
»Hast du mich lieb, Ilse?« – Seine Stimme klang weich und innig und traf ihr Herz – ein »Ja« aber brachte sie nicht über die Lippen. Ihr spröder Sinn ließ es nicht zu, oder regte sich noch einmal der alte Widerspruch in ihr?
»Nein! Niemals!« sagte sie schnell und wandte sich heftig ab.
»Nein! – niemals?« wiederholte er und sah sie in schmerzlicher Erregung an, »o Ilse! nehmen Sie das Wort zurück, es hängt das Glück meines Lebens davon ab! – Ich war zu schnell mit meiner Frage – nicht wahr? Ich habe Sie erschreckt! – Nicht jetzt geben Sie mir die Antwort, erst wenn Sie ruhiger sein werden, dann –«
Er sank auf einen Stuhl und bedeckte die Augen mit der Hand.
Ilse stand noch immer von ihm abgewandt, in ihr kämpften die widerstreitendsten Gefühle. Ihr Herz zog sie zu ihm hin, aber sie konnte die Brücke nicht finden, die über den breiten Strom führte, der sie noch von ihm trennte. Da war es plötzlich, als stiege Lucies Bild vor ihr auf, als vernähme sie eine Stimme, die ihr warnend zurief: »Willst du ihn verlieren? – Denke an mein Geschick!«
»Leo,« sagte sie schüchtern und trat ihm einen Schritt näher, aber erschreckt über ihre Kühnheit blieb sie hocherrötend und mit niedergeschlagenen Augen stehen.
Wie ein Hauch fast war sein Name über ihre Lippen gekommen, aber er hatte ihn doch vernommen. Jubelnd sprang er auf und sein Auge, das eben noch so verzagt und traurig geblickt hatte, leuchtete in freudigem Glanze.
»Nun bist du meine Ilse!« rief er aus und zog sie an sein Herz, doch als er den ersten Kuß auf ihre Lippen drücken wollte, da wendete sie den Kopf zur Seite und die spröde, widerspenstige Ilse meldete sich noch einmal.
»Küssen ist nicht erlaubt,« erklärte sie mit aller Entschiedenheit, »wie könnte ich mich von einem fremden Manne küssen lassen?«
»Aber die Hand,« bat er lachend, »die Hand darf ich küssen!«
Das wurde ihm gnädig bewilligt.
Er hielt sie noch in dem Arm, als die beiden Elternpaare auf der Veranda erschienen. Alle hatten sofort begriffen, was hier geschehen war, nur der Oberamtmann stand wie versteinert da. Der Landrat und seine Gattin waren die ersten, die das Brautpaar begrüßten, beglückt nahmen sie Ilse als ihr Töchterchen an ihr Herz. Herr Macket hatte sich noch nicht vom Flecke gerührt.
Frau Anne trat zu ihm und legte die Hand auf seinen Arm. »Siehst du, Richard, aus dem Kinde ist eine Jungfrau geworden, glaubst du es nun?« fragte sie zärtlich.
»Ilse! Meine kleine Ilse!« brachte er endlich mühsam hervor und seine Brust hob und senkte sich im heftigen Kampfe. »Ist es wahr? Willst du mich verlassen?«
Da flog sie an seinen Hals und küßte ihn stürmisch, dabei rief sie unter Weinen und Lachen: »Mein kleiner, einziger Herzenspapa, ich habe ihn ja so lieb!«
* * *
Nun ist eigentlich meine Erzählung zu Ende,
denn die überraschten Gesichter der Gäste zu schildern ist langweilig, selbst wenn die
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