Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis
Architekten verheiratet) hatte nur eine Dreiviertelstunde. Sie hatte einen wichtigen Termin, und über ihren ersten Mann konnte sie wirklich nichts sagen.
Das hatte sie bereits am Telefon klargestellt.
Sie aßen Salat della Piranesi, tranken Mineralwasser mit einem Schuss Limonensaft und hatten einen guten Blick auf den Marktplatz, der zum ersten Mal seit undenklichen Zeiten schneebedeckt war.
»Pieter Clausen«, sagte sie, als sie fand, das einleitende Geplänkel könnte ein Ende haben. »Können Sie ein wenig über ihn erzählen? Wir brauchen ein deutlicheres psychologisches Portrait, sozusagen.«
»Hat er etwas angestellt?«, fragte Marianne Kodesca und zog die Augenbrauen bis zum Haaransatz hoch. »Warum suchen Sie ihn? Das müssen Sie mir nun wirklich erklären.«
Sie zog ihren rostroten Schal so zurecht, dass das Etikett besser zu sehen war.
»Das steht noch nicht so ganz fest«, sagte Moreno.
»Nicht? Sie müssen doch wissen, warum Sie ihn suchen?«
»Er ist verschwunden.«
»Ist ihm etwas zugestoßen?«
Moreno legte ihr Besteck hin und wischte sich mit der Serviette den Mund.
»Wir haben einen gewissen Verdacht gegen ihn.«
»Verdacht?«
»Ja.«
»Weshalb?«
»Das darf ich Ihnen nicht sagen. Sie müssen entschuldigen.«
»Er hat wirklich noch nie solche Tendenzen gezeigt.«
»Was für Tendenzen?«
»Kriminelle. Davon ist hier doch die Rede?«
»Haben Sie noch immer Kontakt zueinander?«, fragte Moreno.
Marianne Kodesca ließ sich im Sessel zurücksinken und betrachtete Moreno mit einem Lächeln, das mit Zirkel in eine Kühlschranktür geritzt worden zu sein schien. Sicher hat sie Zahnschmerzen, dachte Moreno. Ich kann sie nicht leiden. Muss mich zusammenreißen, damit ich keinen blöden Spruch bringe.
»Nein, wir haben keinen Kontakt.«
»Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?«
»Gesehen?«
»Getroffen. Nennen Sie es, wie Sie wollen.«
Kodesca zog durch die Nase einen Kubikmeter Luft ein und dachte nach.
»Im August«, sagte sie und stieß die Luft aus. »Hab ihn seit August nicht mehr gesehen.«
Moreno machte sich Notizen. Nicht, weil das nötig gewesen wäre, sondern um ihre Aggressionen abzulenken.
»Wie möchten Sie ihn beschreiben?«
»Ich möchte ihn gar nicht beschreiben. Was wollen Sie wissen?«
»Ich brauche einfach ein ausführlicheres Bild«, wiederholte Moreno. »Allgemeine Eigenschaften und so.«
»Was denn, zum Beispiel?«
»Ob er manchmal gewalttätig war, zum Beispiel.«
»Gewalttätig?«
Sie fischte dieses Wort mit spitzen Fingern aus einer anderen Gesellschaftsklasse.
»Ja. Hat er bisweilen zugeschlagen?«
Weiterhin spitze Finger.
»Wenn Sie dieses Gespräch lieber auf der Wache fortsetzen möchten, dann lässt sich das problemlos einrichten«, erklärte Moreno freundlich. »Das hier ist vielleicht nicht die richtige Umgebung.«
»Hmm«, sagte Marianne Kodesca. »Verzeihen Sie, es hat mir nur die Sprache verschlagen. Wofür halten Sie uns eigentlich? Ich kann mir schon vorstellen, dass Pieter etwas zugestoßen ist, aber dass er selber ... nein, das ist ausgeschlossen. Vollständig ausgeschlossen, das können Sie sich in Ihrem Büchlein notieren. Haben Sie sonst noch Wünsche?«
»Wissen Sie, ob er seit der Scheidung eine neue Beziehung eingegangen ist?«
»Nein«, antwortete Marianne Kodesca und schaute aus dem Fenster. »Diese Abteilung macht mir kein Kopfzerbrechen mehr.«
»Ich verstehe«, sagte Moreno. »Und Sie haben also keine Ahnung, wo er stecken kann? Er ist seit zehn Tagen verschwunden. . . er hat nichts von sich hören lassen, oder so?«
Eine unwillige Falte zeigte sich an Kodescas rechtem Nasenflügel und Mundwinkel und ließ sie im Handumdrehen fünf Jahre älter aussehen.
»Ich habe doch schon erklärt, dass wir keinen Kontakt mehr miteinander haben. Sind Sie eigentlich begriffsstutzig?«
Ja, dachte Moreno. Ich kann nicht begreifen, wieso du jetzt schon zum zweiten Mal verheiratet bist.
Obwohl sie Marianne Kodesca vielleicht nicht von deren allerbester Seite gesehen hatte.
Eine halbe Stunde darauf fand sie Jung in dessen Zimmer im Polizeigebäude.
»Liz Vrongel«, sagte Jung. »Spurlos verschwunden.«
»Die auch?«, fragte Moreno.
Jung nickte.
»Aber schon vor zwanzig Jahren. Sie war ein Jahr mit Keller verheiratet ... zehn Monate, wenn wir pingelig sein wollen ... danach haben sie sich scheiden lassen, und sie ist nach Stamberg gezogen. Verwirrtes Häschen offenbar. Hat sich allen möglichen Protestbewegungen
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