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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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waren auf den Bevölkerungsdruck zurückzuführen, auf den Teil der Einwohner von Seestadt, die unzufrieden zwar, aber doch wohl guten Willens waren, nach vorn zu schreiten. Der Rat versprach sich davon wohl auch, weiterer Resignation entgegenzuwirken und Schwankende bei der Stange zu halten.
    Der Versuch, den Menschen der Erde einen Gruß zu senden, das hieß, die Position von Neuerde mitzuteilen, die Brücke zu unserem Sonnensystem zu schlagen, mißlang.
    Man hatte dem Zuwenig an Energie durch Überlastung einiger Baugruppen der Anlage begegnen wollen. Hinzu kam wohl der Abstand, den die noch vorhandenen Fachleute mittlerweile zu ihrer Aufgabe hatten. Es traten nicht mehr beherrschbare Energiefreisetzungen ein, die die Zerstörung mehrerer Verstärkergruppen zur Folge hatten.
    Wie nachhaltig der Mißerfolg wirkte, davon zeugt, daß man danach die Hermetik des Trakts aufgab, der bislang als Herz und Hirn der TELESALT, der Menschen auf Neuerde, so behütet war und der seinerzeit für Pitts Eltern diese Rolle gespielt hatte… Wie die anderen wurde auch dieser Trakt ausgeraubt – und dann kehrten Ruhe und Einsamkeit wieder…

    Anderthalb Jahre später trat das zweite Ereignis ein – oder besser, in Kraft: die erste Bestattung eines Verstorbenen in der TELESALT. Das Geschehen ist von Fanny rührend beschrieben…«, ich blickte zu Bruno, »aber es bleibt keine Zeit, das vorzulesen.
    Dieses sich fortsetzende Geschehen, das die Chronistin als den Ursprung einer pragmatischen Religion bezeichnete, verkraftete Fanny McCullan offenbar nicht.
    Pitt, auf den nun die Arbeit an dem Dokument überging, spricht von diesem Zeitpunkt an von der Krankheit der Mutter.
    Drei Jahre und wenige Wochen später verstarb Fanny McCullan. Sie wurde von Pitt, ihrem Pflegesohn und Nachfolger, neben den anderen Verstorbenen der Menschen von Neuerde im ehemaligen Kühltrakt des Raumschiffes TELESALT bestattet.«
    Ich blickte zu Bruno. Dieser nickte. Wir hatten uns an jenem Abend erst spät zusammenfinden können. Die Anabiose-Zyklen waren festzulegen, und ich hatte – ohne daß es sonderlich auffiel – im stillen Einverständnis mit Bruno erreicht, daß ich meinen Wachdienst nicht gemeinsam mit Lisa – eine sonst übliche Verfahrensweise – verbringen mußte. Der Kommandant geht als letzter, das ist Gesetz. Er weckt die erste Wache, eine Regelung, die vor vierzig Jahren eingeführt wurde nach dem großen Anabiose-Unglück auf der TRAMP. Und obwohl, spät zwar, die Ursachen dieses Unfalls aufgedeckt worden waren und sie nachweislich nicht in der Technologie lagen, nahm niemand die Bestimmung zurück. Wenigstens einer der Mannschaft mußte wachen. Später dann schliff sich ungeschrieben die Zweierwache ein…
    Aber auf meinen scheinheiligen Vorstoß hin, ich müsse die Chronik sortieren, leserlich umbrechen, für eine Schnellinformation ein Exzerpt bereiten, durfte ich zunächst gemeinsam mit Bruno die erste Wache bestreiten. Ich weiß nicht, ob er mich durchschaute, schließlich fiel Lisas Betragen jedermann auf. So kamen wir aus dem üblichen Zweierrhythmus der Herreise. Nur Carlos und Inge würden zweimal gemeinsam wachen… »Machen wir für heute Schluß«, schlug ich vor. Niemand reagierte zunächst.
    »Ich verstehe nicht, daß sie endgültig aufgegeben haben sollen, die Funkbrücke zu errichten – du irrst nicht, Sana?« sagte dann Carlos. »Sie müssen doch Reserveaggregate mitgeführt haben…«
    »Ich irre mich nicht«, antwortete ich. »Wir können nur deuten, spekulieren – auch angesichts dessen, was wir schließlich vorgefunden haben. Diejenigen haben sich durchgesetzt, die Kanadses und McCullans, die von Anbeginn an auf den Alleingang setzten, die sich Manns genug dünkten, sich von Mutter Erde abzunabeln…«
    »Na, na, Sam!« mahnte Inge. »Du kommst ins Spinnen. Aus welchem Beweggrund heraus könnte solches geschehen sein.«
    »Das ist schwer zu sagen. Da hat wohl jede Zeit die eigenen Motive… Macht, Ehrgeiz, Heroismus, von Krankhaftem einmal ganz abgesehen. Eine Manie zum Beispiel, verbunden mit Macht, Protz sucht…«
    »Hör schon auf«, warf Inge ein.
    »Es kann ja auch ganz anders gewesen sein…«, räumte ich, mich zurückziehend, ein. »Ich sage ja – Spekulation!«
    »Warum«, fragte Friedrun, »soll sie nicht einfach der Alltag aufgefressen, zermürbt haben? Ist es absurd, anzunehmen, daß sie tatsächlich die Energie für den Funkstrahl nicht aufgebracht haben, daß sie einfach resignierten, resignieren

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