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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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das glaube ich herausgelesen zu haben – auch Furcht hatte, man könne den beiden übelwollen. Bei der TELESALT fanden sie die Tiergehege zerstört und verfallen, nur noch einige der Zähmlinge hielten sich beim Raumer auf. Pitt gewann Laura für dieses sein Hobby, und sie widmeten ihre Zeit den Tieren, bestritten mit einer Art Milch und Eiern einen großen Teil ihrer Nährbedürfnisse.
    Laura und Pitt muß eine intensive, kindliche Zuneigung verbunden haben. Es gibt in den Aufzeichnungen rührende Hinweise darauf. Keine Information gibt es, ob Laura ebenfalls Zugang zu dem Mystizismus hatte. Pitt mischte sich nach wie vor unter die Leichenbegängnisse, was um so leichter fiel, als nach dem Versuch der Funkbrücke im Schiff keine Beleuchtung mehr funktionierte. In Pitts diffusen Aufzeichnungen spielen Mutter Erde und ihre Sendboten eine zunehmende Rolle. Es ist wie ein Strohhalm, an den auch er sich hielt. Von Kindern ist die Rede, die den Ruf verloren hätten… Alles Hinweise, die mich zur vorhin geäußerten Meinung bringen.
    Schon in dieser Zeit bildeten sich die Formen des Zusammenlebens der Menschen auf Neuerde heraus, wie wir sie angetroffen haben. Während aber die Seestädter durch ihre Zweckreligion in einem gewissen, sogar stärker werdenden Konnex verblieben, rückten die Bergstädter auseinander. Es muß neben Marys kleiner Siedlung – die Lisa kennt – noch eine größere Anzahl weiterer geben. Einzelne Clans oder ehemalige Outsider hatten sich selbständig gemacht. Diese Vereinzelung, das damit verbundene Gefälle im geistigen Potential und zunehmend der Inzest führten zu einer Beschleunigung von Degenerationserscheinungen. Erst in jüngerer Zeit, das ist eine Vermutung, scheint es zwischen den verschiedenen Siedlungsbereichen zu einer stärkeren Kooperation zu kommen, die eine zaghafte Evolution zur Folge hat…
    Die Bergstädter sahen und sehen wohl auch heute noch nicht in der TELESALT eine Kultstätte – erinnert euch der Muhm An. Das Schiff blieb für diese Leute zeitlebens ein Hort alles möglichen Brauchbaren. Und jede Generation hat dem wohl Neues abgerungen. Pitt und später Laura berichten von regelmäßigen längeren und kürzeren Besuchen im Schiff, die stets irgendwelchen Materialien galten und die den zwei Einsiedlern selbst noch einiges erschlossen, zum Beispiel Reserven von flüssigem Treibstoff, die Feuerung und Licht bedeute.
    Mit diesen fleddernden Bergstädtern hatten die TELESALT-Bewohner offenbar des öfteren Kontakt. Ich kann mir schon vorstellen, daß jene, die in der Absicht kamen, Beute zu machen, sich nicht wunderten, scheinbar Gleichgesinnte, eben Pitt und Laura, dort vorzufinden, und so schlau war Pitt, das für sein Informationsbedürfnis zu nutzen. Niemals aber hatten die beiden ihr Geheimnis um ihre Wohnkuppel und ihr Tiergehege aufgegeben.
    Aus diesen Begegnungen mit den plündernden Bergstädtern schöpfte Pitt dürftige Informationen über den Fortgang des menschlichen Lebens auf Flora. Wir erfahren aus den Aufzeichnungen, daß der Kontakt zwischen den Bergstädtern und Seestädtern niemals gänzlich abgebrochen war. Man traf sich auf der Jagd, beim Fischen – vor allem dann, als die Verbindung über den Fluß funktionierte, und, das müssen wir stets vor Augen haben, die Entfernungen zwischen den Siedlungen lagen stets unter hundert Kilometern. Und so kam es wohl, daß diese Zweckreligion auch in die Bergstädter drang, aber abgeschwächter, ohne das ganze Brimborium. Ihre Toten haben sie niemals zur TELESALT geschafft, und das Schiff wurde nicht Heiligtum, wie gesagt. Übrigens, zu einem Zeitpunkt, als unsere Chronisten längst nicht mehr lebten, ich vermute, als die alte Siedlung Seestadt endgültig aufgegeben wurde – sie liegt noch an die zwanzig Kilometer weiter entfernt von der TELESALT –, haben auch die Seestädter diesen aufwendigen Totenkult modifiziert und irgendwann aufgegeben.
    Von den drei Autoren war Laura am unfähigsten, eine Chronik zu verfassen. Als Pitt mit weniger als vierzig Jahren verstarb – nach seinen letzten Notizen lag er im Krankenbett mit einer Lungenentzündung –, verfiel Laura in eine lähmende Trauer. Ich muß ihr langes Schweigen so auslegen. Ich schätze, drei oder vier Jahre lang hat sie für die Nachwelt keinen Buchstaben aufgeschrieben. Sie muß sich selbst, ihre Tiere und natürlich die Mission – wenn sie diese überhaupt noch als solche empfand – in diesem Zeitraum völlig vernachlässigt haben. Denn ihre erste

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