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Der untröstliche Witwer von Montparnasse

Der untröstliche Witwer von Montparnasse

Titel: Der untröstliche Witwer von Montparnasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Marthe war es nicht, sie hat keine Ahnung davon. Im Institut hat es einen Typen gegeben, der mit ihm gespielt hat, Mau-Mau, Würfel, so ›einfache Sachen‹ ...«
    Marc hob den Blick.
    »Erinnerst du dich, daß Merlin dir das erzählt hat? Clement hat mit Paul Merlin gespielt. Und Paul Merlin kannte und konnte dieses Spiel, das war sicher. In seinem Büro hat er sich Münzen zwischen die Finger geklemmt, erinnerst du dich an diese Manie? Dann hat er sie in seiner großen Pfote aufgefangen und hat sie sich wieder zwischen die Finger geklemmt. Genau so«, sagte Marc und drückte auf seine Fingergelenke. »Da bin ich zu Merlin geflitzt und habe auf ihn gewartet.«
    Die Bullen nahmen Merlin mit, und Marc stand auf. Niemand hatte daran gedacht, den Fernseher abzuschalten, und Charlton Heston kämpfte erbittert auf den Mauern des Forts. Marc hob das Bleirohr auf, das auf dem Boden liegengeblieben war.
    »Bist du damit hergekommen?« fragte Louis etwas befremdet.
    »Ja. Eine verdammt gute Waffe.«
    »Dieser Mist aus Blei?«
    »Das ist kein Mist, das ist der Stockdegen meines Urgroßvaters.«
     

42
     
    Es war Vormittag und bereits ziemlich heiß, und Marc hatte sich im Garten hinter dem Haus im Schneidersitz auf dem diesem Zweck vorbehaltenen Brett im Schatten des Götterbaums niedergelassen, des einzigen dieser Bezeichnung würdigen Baums auf dem Rodeland. Er rührte mit einem kleinen Löffel in einer Schale Kaffee und versuchte, so schnell zu rühren wie irgend möglich, ohne dabei etwas zu verschütten. Zu seinen Füßen schepperte das alte, mit weißen Farbspritzern übersäte Radio. Alle halbe Stunde stellte Marc einen anderen Sender ein, um die neuesten Nachrichten zu hören. Die Nachricht von der Verhaftung des Scherenmörders hatte sich bereits auf allen Frequenzen verbreitet. Die junge Frau mit dem schelmischen Blick hieß Julie Lacaize, und Marc freute sich sehr, das zu erfahren. Sie gefiel ihm, und er fragte sich jetzt, ob er nicht einen großen strategischen Fehler begangen hatte, als er nach einer solchen Glanztat derart nach einem Aspirin gejammert hatte. In den Zehn-Uhr-Nachrichten hatte man ihn erwähnt und als »mutigen Geschichtslehrer« bezeichnet. Marc hatte gelächelt, ein paar Grasbüschel zu seinen Füßen ausgerupft und den Ausdruck ersetzt durch ein »Der Gefahr nicht bewußt, stürzt sich ein hysterischer Putzmann auf eine Amphibie«. Von wie wenig so etwas abhing. Der Weg zur Ehre ist mit Unwissenheit gepflastert, hätte Lucien gesagt.
    Louis hatte, so rasch es ging, Pouchet angerufen und sich dann in Loisels Kommissariat begeben, wo das Verhör von Paul Merlin stattfand. Zwischendurch rief er im Âne rouge an, wo Vandoosler der Ältere saß und den Übermittler spielte. Loisel stand in Verbindung mit den Bullen in Nevers und den Familien der Opfer und verknüpfte alle Informationen, um Merlin in die Enge zu treiben.
    Um elf wurde deutlich, daß Merlin selbst der Auftraggeber der Vergewaltigung von Nicole Verdot gewesen war, auch wenn es keinerlei Mittel gab, ihn zu einem klaren Geständnis zu bewegen oder die Namen der Ausführenden zu nennen. Sobald die Rede auf die junge Frau aus Nevers kam, verlor Merlin Fassung und wurde wild. Gegen Mittag war sein Verlangen nach Nicole Verdot und sein gleichzeitiger Haß auf sie deutlich geworden. Die junge Frau hatte nach einer unvorsichtigerweise gewährten Nacht seine weiteren Annäherungsversuche abgewiesen und damit gedroht, das Institut zu verlassen. Rot noch glüht meine Stirne vom Kuß der Königin; - ich träumte in der Grotte, wo die Sirene schwimmt ...
    Merlin hatte sich gerächt und im Schutze eines Baumes der Vergewaltigung zugesehen. Vielleicht hatte er sich erhofft, die gedemütigte junge Frau leicht zurückerobern zu können, vielleicht hatte er sogar beabsichtigt, den Retter zu spielen und sie mit Aufmerksamkeiten dazu zu bringen, nachzugeben. Aber wie ein Geistesgestörter war da dieser Trottel von Vauquer mit seiner Wasserspritze aufgetaucht und hatte das ganze Vergnügen und die Absichten des Institutsdirektors zerstört. Schlimmer noch, er hatte Rousselet die Strumpfmaske heruntergerissen, und Nicole Verdot hatte ihren Angreifer erkannt. Rousselet war ein brutaler Kerl und ein Feigling, er hätte geredet, er hätte den Namen seines Auftraggebers preisgegeben. In der Nacht brachte Merlin Nicole im Krankenhaus um und ertränkte Rousselet in der Loire. Und Clement Vauquer sollte dafür bezahlen.
    Mein Stern, mein einziger, ist

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