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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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…«
    »Ich nehme einen Schirm mit.«
    »Aber morgen muss ich …«
    »Papperlapapp!«, schnitt sie ihm kurzerhand das Wort ab. Das weitere Gebrumm ihres Gatten überhörte sie mit ehetauben Ohren. Irgendwann willigte er ein (was blieb ihm übrig?), zumindest widersprach er nicht länger. Amafilia begann, in aller Eile zu packen.
    Der erwartete Regen blieb aus, aber das besserte Furgos Laune keineswegs. Mit dem ersten Hahnenschrei war der Meister in der Werkstatt und traf seine eigenen Vorbereitungen für die bevorstehende Abwesenheit. Finn rannte ihm eiligst voraus; in dieser Stimmung war sein Vater unberechenbar, und ein unbesetzter Schemel vor einem verlassenen Schreibtisch war durchaus geeignet, seinen Grimm zu erregen.
    Furgos Stimme war allgegenwärtig und durchdrang an diesem Morgen selbst die dicken Mauern. Er wrang die Hände, gab gute (wenn auch überflüssige) Ratschläge, sprang von einem Broch zum anderen, wollte sich von der Werkstatt trennen und konnte es doch nicht.
    Längst hätte der Meister sich auf den Weg machen sollen. Doch noch immer strich er wie ein jagender Fuílfrar, wie man den Wolf auch nannte, umher und hinterließ eine Spur aus stillen Seufzern in den Häuptern aller Beschäftigten der Tintnerey.
    Auch Finn seufzte still und ergeben. Er nahm den nächsten Brief zur Hand, einer von unzähligen, die in alle Dörfer des Hüggellandes gingen, von denen Finn zuvor Abschriften anzufertigen hatte. Und das war noch langweiliger, als Listen zu führen.
    Als wäre das noch nicht genug, klopfte überpünktlich Kuaslom Pfuhlig an der Tür, einer der altgedienten Obergauer Postboten, und brachte den Sack mit der Dienstagspost. Kuaslom war früh dran an diesem Morgen. Er hatte kaum Zeit für ein Schwätzchen (was nicht seine Art war), schnappte sich den Sack mit der bereits fertigen, abgehenden Post und keuchte damit zurück zu seinem Pony. Wenig später sah Finn ihn durch das Hoftor reiten. Er sah beiden nach, wie sie die Dorfstraße entlangtrotteten und runzelte die Stirn. Etwas am Gang des Tieres war eigenartig, als ob es beim Auftreten Schmerzen verspürte. Dann fiel sein Blick zurück auf den prallen Sack, und er seufzte erneut, diesmal laut und unmissverständlich   – allein die Vorstellung, alle diese eingegangenen Briefe lesen zu müssen , ließ ihn sich wünschen, er könne wie Kuaslom das Weite suchen.
    »… und du bist mir für alles verantwortlich, Abbado, verstanden?«, hörte Finn seinen Vater plötzlich sagen. Der junge Vahit zuckte schuldbewusst zusammen; er hatte, seitdem er in der Werkstatt Fokklinhand arbeitete, beständig und grundlos Anflüge eines schlechten Gewissens. Besonders an Tagen mit einem griesgrämigen Furgo.
    Eine Hand drückte die Tür zur Schriffenstube schwungvoll auf. Der Tintnermeister und sein ältester Geselle traten ein.
    »Selbstverständlich, Herr Furgo«, beeilte sich Abbado zu versichern. »Ich verspreche es«, fügte er inniglich hinzu und legte die Hand über sein Herz. Stolzer als Abbado in diesem Augenblick konnte ein Vahit kaum sein. Der Meister hatte ihn zu seinem Stellvertreter ernannt. Finn an Abbados Stelle wäre vorsichtiger gewesen. Einer von Vaters Leitsätzen lautete: Gib nie dein Wort, wenn du’s nicht halten kannst.
    »Pah!«, rief Furgo augenblicklich. »Versprechen kannst du vieles, aber wirst du’s auch halten können, frage ich mich?«
    Na bitte, dachte Finn.
    Das eben noch glückselige Lächeln gefror in Abbados Gesicht. »Selbstver… Aber sicher, Herr Furgo«, beeilte sich Abbado zu versichern. »Es ist doch nicht schwer.«
    »Wie bitte? Nicht schwer?«, ereiferte sich Furgo. »Diese Werkstatt zu führen sei nicht schwer, meint er? Hör ich recht? Ich schufte in diesen Mauern seit vierzig Jahren ununterbrochen, und du meinst, es sei nicht schwer?«
    »Nein, Herr Furgo!«, rief Abbado. »Ich meine   … Doch, ja. Aber so habe ich es nicht gemeint.«
    »Aha! Du meinst, dann meinst du nicht. Mir scheint, du redest wie üblich wirres Zeug. Du meine Güte! Warum sagst du nicht, was du meinst?«
    »Ich meine   … Ja, es ist schwer, die Werkstatt zu führen, HerrFurgo, wer wüsste das besser als du. Aber dank deiner Hilfe   … Ich will sagen, du gabst mir doch deine Liste. Hier, nicht wahr. Und darin hast du alles verzeichnet, was ich beachten soll.« Er schwenkte ein Blatt vor Furgos Augen, das eng mit des Meisters winziger Handschrift bedeckt war. »Und damit ist es um vieles leichter. Für mich. Oder nicht?«
    »Na, immerhin

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