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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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»suchten wir weiter. Diesen Tag und den nächsten. Samstag und Sonntag. Auch noch an Mahéren. Vergeblich. Freitags hatten wir um Hilfe ersucht, und ich war froh, als ich sah, dass sie uns keinen Fremden, sondern Mellow geschickt hatten. Wir missachteten die Feiertage und suchten abermals; verzweifelter, aber nicht weniger sorgsam. Immer an anderer Stelle und mit allen Hunden, die wir haben; doch ebenso vergebens. Am Mahtfas-Abend kam Nebel auf, und ich schwöre, er kam nicht vom Met. Wir brachen die Suche ab. Nur Gandh blieb draußen im Wald, und noch lange meinten wir, seine Stimme zu hören.«
    »Bis auch sie verstummte«, ergänzte Rorig. »Ich habe nie einen gebrocheneren Vahit gesehen.«
    »Dennoch hatten wir Glück«, fuhr Mellow fort. »Am Freitag vor Mahéren traf ich in Rudenforst ein. Gesslo wollte erst niemanden schicken, denn er nahm an, die Kinder wären längst von selbst heimgekommen; doch ich allein bestand darauf. Aber mehr als einen Landhüter wollte er nicht entsenden. Außerdem war kein anderer bereit dazu; immerhin standen überall die Vorbereitungen der Feierlichkeiten an. Es ist traurig, aber wahr   – niemand fühlte sich zuständig.«
    Finn setzte heftig seinen Bierkrug ab. »Wo du es ansprichst   – was ist überhaupt bei euch Landhütern los? Alle sind ausgeflogen, undnur ein Kerl, dick wie ein Bienenkorb, hält in Mechellinde die Stellung, wie er es nennt.«
    Er berichtete kurz von seinem Erlebnis mit Bholobhorg Feldschwirl.
    Mellow winkte ab. »Geh mir bloß los mit Bhobho. Er ist der lebende Beweis dafür, dass Herrn Wredians Idee auch Nachteile hat. Gewichtige Nachteile, wenn du verstehst.« Er machte eine abfällige Geste. »Was Gauvogt Gesslo angeht: Er wollte vier von uns nach den Feiertagen in den Tiefengau zur Verstärkung schicken, sie sollen dort vor dem Winter die Zäune am Sturz abgehen. Dietran ist krank; ich bin hier, und so bleibt nur Bhobho als Stallwache übrig.«
    »Und Herr Gesslo selbst?«
    »Er ist über die Feiertage nach Vahindema gereist, zum Bericht bei Herrn Wredian.« Mellow zuckte mit den Schultern. »Wir sind einfach zu wenige. Das ist das Erste, was ich als neuer Hüter schnell lernen musste. Wenn einmal was geschieht, ist gleich Not am Mann, so wie jetzt.«
    »Wir hätten alle Hüter hier gebraucht«, unterstützte Rorig seinen Sohn.
    »Es hat dieser Tage«, polterte Kuaslom mit zunehmend schwererer Zunge, »keine Hüter mehr nich’ und keine Ponys, das isses!«
    »Und das Mädchen   – Gatabaid   – ist sie inzwischen gefunden worden?« Finn konnte kaum glauben, was er an diesem Abend hörte.
    Mellow warf einen Blick reihum, ehe er anhob: »Am nächsten Morgen, das heißt am Samstag, dem Morgen nach meiner Ankunft, begann ich, mit allen zu reden, die irgendetwas zu sagen wussten. Die vielleicht irgendetwas gehört oder gesehen hatten, nachts im Wald. Irgendetwas.   – Es war wenig genug«, fügte er hinzu. »Gandh konnte sich nicht vorstellen, dass sich seine Kinder im Wald verlaufen hatten. Er meinte, das, was im Wald neuerdings umgeht des Nachts, hätte sie geholt. Er fürchtete, die beiden seien tot.«
    »Wir alle fürchteten es«, warf Rorig ein. »Und wir fragten uns,wofür wir Landhüter haben, wenn sie nicht da sind, wenn man sie braucht.«
    »Nun, ich war da«, nahm Mellow den Faden wieder auf. »Ich ging dahin zurück, wo Gandh die Tage zuvor gearbeitet hatte. Spuren fand ich keine oder vielmehr, ich fand zu viele davon. Alles war von den Rudenforstern bei ihrer Suche zertrampelt worden. Ich fragte mich, was ich getan hätte, wäre ich ein zehnjähriges Vahitkind und allein im Wald, und es würde dunkel.«
    Er machte eine Pause und hielt seinem Vater den Krug zum Nachschenken hin.
    »Was hättest du an ihrer Stelle getan, Finn?«, fragte er derweil seinen Freund.
    »Als Kind, meinst du? Allein im Wald? Nun, ich hätte mich gefürchtet, denke ich.«
    »Vor was?«, hakte Mellow nach.
    Finn musste einen Moment überlegen. »Am meisten wohl vor irgendwelchen Borstlern. Ich bin vor Jahren im Wald mal einem begegnet; es stank und grunzte und sah mich nicht so an, als sei es über meinen Besuch erfreut. Ich bin flink auf einen Baum geklettert und habe gewartet, bis es weg war.«
    Mellow sah sich in der Runde um, als wollte er sagen: »Seht ihr? Es ist doch ganz einfach .«
    »Warum sollten Ianam und Gatabaid nicht auf die gleiche Idee gekommen sein? Ich hörte also auf, auf dem Waldboden zu suchen, sondern suchte stattdessen in den Wipfeln.

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