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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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auf.
    »Gold!« sagte er dann. »Geschmeide über Geschmeide! Sechs Ringe, drei Armbänder, drei Broschen, mehrere Boutons und Haarnadeln. Alles mit – – mit – – ah!«
    Er hielt die Steine gegen das Licht und fuhr dann fort:
    »Alles mit echten Steinen besetzt, wollte ich sagen, aber das ist nicht so. Sehen Sie her, Durchlaucht!«
    Die Anderen betrachteten auch die Steine, und der Fürst sagte achselzuckend:
    »Alles nur Glas. Frau Horn, wem gehören diese Sachen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe sie noch nicht gesehen. Ich hatte keine Ahnung, daß sie sich bei mir befinden.«
    Man sah es ihr an, daß sie die Wahrheit sagte.
    »Fräulein Jettchen hat Ihnen diese Sachen ins Haus gebracht.«
    »Nein; das ist nicht wahr!« erklärte die Dicke.
    »Leugnen Sie doch nicht länger. Sie opfern sich da nur ganz unnöthig auf, indem Sie Ihre Strafe verschlimmern, ohne einem anderen Menschen dadurch zu helfen. Sie sind von der Zofe und von Mehnert betrogen worden, schmählich betrogen. Die Baronin von Helfenstein hat nur echte Steine getragen; diese hier aber sind unecht, und was Sie für Gold ansehen, ist Messingblech, welches in einigen Wochen schwarz sein wird. Es ist klar, daß die beiden Anderen Ihren Antheil umgetauscht haben und sich nun über Ihre Dummheit lustig machen werden.«
    Das wirkte. Nichts konnte sie mehr ärgern, als der Ausdruck ›dumm‹. Daß sie vorhin vom Fürsten dumm genannt worden war, das hatte sie sich gefallen lassen müssen; aber von der Zofe ausgelacht zu werden, das erregte ihren Grimm.
    Ihre Verlegenheit war auf einmal verschwunden. Sie stand von ihrem Sitze auf und sagte in hitzigem Tone:
    »Sind die Steine wirklich unecht?«
    »Ja; es ist Glas.«
    »So haben sie mich wirklich betrügen wollen!«
    »Das ist sehr klar. Mehnert hat die echten Sachen behalten und Ihnen von seinen billigsten Ladenhütern gegeben. Dafür können Sie nun ins Gefängniß spazieren.«
    »Ich? O nein! Sie sollen hinein, diese Beiden! Ich werde nun Alles, Alles sagen.«
    Sie erzählte der Wahrheit gemäß, was geschehen war. Der Fürst hatte Erbarmen mit dem Mädchen. Sie war die Verführte, und daß Adolf von den Verhältnissen gezwungen gewesen war, ihr Liebe zu heucheln und sie zu betrügen, das war jedenfalls ein sehr gewichtiger Milderungsgrund für sie. Darum sagte er, als sie geendet hatte: »Ihr Vater hat bereits großes Elend über Sie gebracht; ich möchte dasselbe nicht gern vergrößern. Eigentlich sollten Sie arretirt werden; aber ich will davon absehen, wenn Sie mir versprechen, für’s Erste über den ganzen Vorfall zu schweigen.«
    »Ich sage kein Wort!« versprach sie schnell, ganz erfreut über diese unerwartete Milde.
    »Ich werde trotz dieses Versprechens Anton hier lassen, welcher hier die Aufsicht führen und bestimmen wird, mit wem Sie verkehren dürfen oder nicht. Ganz straflos werden Sie freilich nicht ausgehen, doch verspreche ich Ihnen, daß man möglichst mild gegen Sie verfahren wird. Die Schmucksachen nehme ich natürlich mit.« –Nun begaben sich die Herren außer Anton wieder nach dem Palais, wo sie die Beiden wirklich imitirten Ringe fanden, welche Hulda dort versteckt hatte. Jette hatte die Verstecke verrathen.
    Bereits am Vormittage erhielt der Goldarbeiter Mehnert eine Vorladung. Er eilte zur Geliebten, um ihr dies mitzutheilen.
    »Du hast doch nicht etwa gar Angst?« fragte sie.
    »Angst? Ich? Wie kommst Du auf diesen Gedanken?«
    »Du bist so erregt.«
    »Vor Freude darüber, daß wir die Kerls nun fest in der Falle haben.«
    In Wahrheit empfand er ein gutes Theil Angst, wollte aber natürlich nichts davon eingestehen.
    »Ja, Die haben wir,« sagte diese auch. »Merke Dir nur jedes Wort, was gesprochen wird. Es ist ganz nothwendig, daß ich Alles erfahre.«
    »Ich werde sofort kommen und Dir Alles erzählen.«
    »Nein, nein! Das würde auffallen, und Du besuchst mich ja jetzt bereits zur ungewöhnlichen Zeit. Ich kann warten bis zum Abende, obgleich ich vor Neugierde brenne.«
    »Hast Du die Sachen gut versteckt?«
    »Versteckt? Wo denkst Du hin! Wie könnte man auf den Gedanken kommen, sie bei mir zu suchen? Anton und Adolf haben sie gestohlen; das ist doch über jeden Zweifel erhaben. Würde ich ein Versteck suchen, so würde das nur auffallen. Gar nicht verstecken, das ist das Beste und Sicherste.«
    Diese Kühnheit und Zuversichtlichkeit zerstreute seine Besorgniß in der Weise, daß er am Nachmittage in größter Gemüthsruhe vor den Assessor von Schubert trat. In

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