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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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liebste ist.«
    Er ging und brachte nach kurzer Zeit einige Flaschen nebst Gläsern mit. Es wurde eingeschenkt und getrunken, dann fragte Winkler: »Also Sie sind mit diesem Fürsten des Elendes auch bereits in Berührung gekommen?«
    »Leider!«
    »Persönlich?«
    »Das weiß man nicht genau.«
    »Erzählen Sie! Ich muß in dieser Sache klar sehen!«
    Die beiden Seidelmanns berichteten ihm Alles, was sie als wissenswerth für ihn hielten. Er schüttelte den Kopf und sagte nachdenklich: »Hm! Ich denke nicht, daß seine Angriffe direct gegen Sie gerichtet sind.«
    »Gegen wen sonst?«
    »Gegen den Hauptmann.«
    »Aber er belauscht uns doch! Er will uns fassen!«
    »Ganz richtig! Aber er will Sie nur fassen, weil er ahnt, daß Sie im Dienste des Hauptmannes stehen, auf den es in erster Linie abgesehen ist. Sagten Sie nicht, daß er in der Residenz sein Wesen trieb?«
    »Allerdings. Dort ist er zuerst aufgetaucht.«
    »Und hat sofort gegen den Hauptmann agitirt?«
    »Sofort.«
    »Nun, sehen Sie. Er ist ein persönlicher Feind des Hauptmannes, oder wohl gar ein gewiegter Polizist, der sich, um das Geheimniß des Hauptmannes zu durchdringen, ganz ebenso in das Geheimniß hüllt. Entweder hat er erfahren oder ahnt er es, daß der Hauptmann der oberste Leiter unsers Schmuggelhandels ist; er kann ihn in der Residenz nicht greifen und hofft, ihn hier an der Grenze mittelbar packen zu können. Leuchtet Ihnen das nicht ein?«
    »Möglich ist es.«
    »Sogar sehr wahrscheinlich. Wir haben uns nicht allein vorzusehen; das wäre viel zuwenig; wir haben uns auf einen Kampf auf Leben und Tod gefaßt zu machen.«
    »Das klingt ja ungeheuer gefährlich!« meinte der Fromme.
    Winkler machte ein sehr ernstes Gesicht. Bei nur oberflächlicher Betrachtung machte er ganz den Eindruck eines fröhlichen, gutmüthigen Lebemannes; seine immer lächelnden Züge konnten sehr für ihn einnehmen. Jetzt aber hatten seine kleinen Augen sich zusammengezogen, und sein Blick war scharf, finster und drohend geworden.
    »Gefährlich ist es auch,« sagte er. »Ich bin deshalb persönlich zu Ihnen gekommen. Wollen wir offen sein, so müssen wir gestehen, daß wir durch unsere Beziehungen zu dem Hauptmanne reiche Leute geworden sind; in einigen Jahren wird man, wenn es so fortgeht, uns zu den Millionärs zu zählen haben. Das steht nun auf dem Spiele und nicht das allein, sondern auch unser Ruf, unsere Freiheit. Sie sehen ein, daß wir die Hände nicht in den Schooß legen dürfen!«
    »Das haben wir uns natürlich auch bereits gesagt.«
    »Nun also! Wir müssen alles Mögliche thun, um diesen Fürsten des Elendes unschädlich zu machen. Wir müssen ihn in unsere Hände bekommen und dann – so oder so! Verstanden?«
    Er machte erst die Bewegung des Erschießens und dann diejenige des Hängens.
    »Das versteht sich ganz von selbst,« meinte der Fromme. »Aber wie fangen wir das an? Haben Sie einen bestimmten Gedanken?«
    »Noch nicht. Dieser Feind von uns kann ohne Verbündete und Agenten nichts gegen uns machen –«
    »Er hat allerdings welche.«
    »Nun, so müssen wir uns zunächst an diese halten. Haben wir erst sie, so werden wir auch ihn bekommen. Sind Ihnen vielleicht solche Personen bekannt?«
    »Bis jetzt nur dieser Weber Hauser.«
    »Der muß beseitigt werden. Sie sind dem Fremden, mit welchem er heute gesprochen hat, nicht gefolgt!«
    »Nein,« antwortete Fritz, an den diese Frage gerichtet war. »Er warf mir Schnee in’s Gesicht, so daß ich nicht zu sehen vermochte, und als ich dann die Augen aufmachen konnte, war er verschwunden.«
    »Das ist fatal, sehr fatal! Aber den Hauser müssen wir fassen. Sie sind hier bekannter als ich. Kennen Sie nicht irgend eine Art und Weise, wie man ihn unschädlich machen könnte?«
    Die Drei blickten sich einander an; dann antwortete der Fromme:
    »Wir haben bereits denselben Gedanken gehabt wie Sie und sind auch schon thätig gewesen.«
    »Ah! Wie?«
    »Dieser Webergeselle ist nämlich so frech gewesen, in einer Angelegenheit einen Brief zu schreiben, welchen er mit dem Worte ›Pascherkönig‹ unterzeichnet hat.«
    »Alle Teufel! Ist das wahr?«
    »Ja. Wir wissen es genau.«
    »So daß Sie ihn gerichtlich belangen können?«
    »Er wird kaum vermögen, es zu leugnen!«
    »Erzählen Sie!«
    Fritz erzählte die Maskeradengeschichte. Als er geendet hatte, schüttelte Winkler den Kopf und sagte:
    »Das Mädchen könnte allerdings gezwungen werden, einzugestehen, was er gesagt hat, und Kaufmann Strauch wird den

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