Der verlorne Sohn
mir, während Du doch mein Geld noch in den Händen hast?«
»Ich habe meine Ehre zu wahren, selbst auch gegen Verwandte, wenn sie von diesen angegriffen wird!«
Da nahmen die Züge des Regierungsrathes einen eisigen Ausdruck an. Er zuckte die Achseln und sagte:
»Ganz, wie Du willst! Du scheinst sehr genau zu wissen, was Deine Ehre von Dir fordert. Darum will ich ein für allemal davon absehen, mich wieder mit Deinen Angelegenheiten zu befassen. Ich werde Dich also auch mit allen weiteren Erkundigungen verschonen. Sei Dein eigner Herr; sei der Selbstschöpfer Deines Schicksales, versuche aber nie wieder, mich mit demselben zu beschäftigen. Ich hielt es für meine Pflicht, mit Dir über diese Leda zu sprechen. Du trittst mir abwehrend entgegen, und so mag es zwischen uns Beiden so gelten, daß in Zukunft Jeder seinen eigenen Weg gehe. Die Tänzerin wartet auf Dich. Befriedige also ihre Sehnsucht. Du thust am Besten, mit dem nächsten Zuge nach der Residenz zu fahren. Abschied brauchst Du nicht von mir zu nehmen, denn ich habe keine Zeit dazu. Natürlich wünsche ich Dir alles Glück. Lebe wohl!«
Nach diesen Worten ging der Director durch die gegenüberliegende Thür hinaus und verschloß sie hinter sich. Der Lieutenant hörte das.
»Ah,« sagte er zu sich. »Er schließt ab! Er mag nichts mehr von mir wissen! Meinetwegen! Bin ich doch jetzt diesen verteufelten Juden los! Das Weitere wird sich finden. Wenn nur die Leda – – hm, lassen wir das jetzt! Dazu wird später Zeit. Erst will ich den Salomon Levi fortjagen.«
Als er in das Vorzimmer zurückkehrte, nahm er eine triumphirende Miene an und sagte in stolzem Tone:
»Hier sehen Sie den Wechsel. Ich zerreiße ihn.«
»Herr Sebaoth! Nein, nein!« rief der Jude voller Entsetzen, als er sah, daß der Lieutenant das Accept wirklich zerriß. »Das dürfen Sie nicht; das dürfen Sie nicht!«
»Warum nicht?«
»Sie haben doch noch nicht bezahlt das Papierchen.«
»Ist es Ihnen wirklich so angst um Ihr Geld?«
»Soll man nicht haben Sorge, wenn man braucht ein solche Summe und kann sie nicht bekommen?«
»Da beruhigen Sie sich! Hier ist das Geld!«
Er gab dem Juden die Scheine. Dieser griff hastig zu, betrachtete, prüfte und zählte sie und sagte dann, indem ein breites, wohlgefälliges Lächeln über sein Gesicht ging: »Dem Gott meiner Väter sei Lob und Dank! Nun kann ich bezahlen den Gläubiger, der auf mich wartet! Aber der Herr Lieutenant hat noch nicht bezahlt Alles!«
»Nicht? Es sind ja volle zwei Tausend?«
»Aber ich bin gefahren für mein Geld nach Rollenburg und habe versäumt mein gutes Geschäft daheim.«
»Schurke! Wieviel willst Du haben?«
»Fünf Gulden ist eine Wenigkeit; aber ich will nicht mehr fordern, weil ich nicht habe müssen protestiren den Wechsel.«
»Hier hast Du auch noch dieses Sündengeld!«
Er zog die fünf Gulden aus der Tasche hervor und warf sie ihm zornig vor die Füße. Salomon Levi trat zurück.
»Der Herr Lieutenant meinen wohl, daß ich mich bücken soll, um aufzuheben dieses Geld?« fragte er.
»Ja, wenn Du es haben willst!«
»Oho! Der Jude ist kein Hund, daß man ihm vor die Füße wirft Das, was ihm gehört. Ich habe bezahlt die Fahrkarte, und ich habe versäumt mein Geschäft. Ich kann verlangen diese fünf Gulden, und ich will sie haben hergezählt in meine Hand.«
»Du schnappst über! Packe Dich fort!«
Er wollte fortgehen, aber Salomon Levi trat ihm in den Weg und fragte in energischer Weise:
»Wird der Herr Lieutenant aufheben dieses Geld?«
»Nein! Laß’ es liegen, wenn Du es nicht haben magst! Geh’ zur Seite! Ich habe weiter keine Zeit für Dich!«
Er griff bereits nach dem Thürdrücker; da aber faßte der Jude ihn am Arme und sagte in siegesgewissem Tone: »O, ich weiß genau, daß der Herr Lieutenant doch noch wird vom Boden aufheben die fünf Gulden, um sie zu legen in meine Hand. Ich weiß es genau!«
»Und ich sage, packe Dich fort, Dummkopf!«
»Wer ist der Dummkopf, Herr Lieutenant? Salomon Levi ist nicht der Dummkopf. Er hat noch Etwas mitgebracht für den Herrn Lieutenant, worüber dieser wird haben eine außerordentliche, eine grausam große Freude!«
»Was ist es?« fragte der Lieutenant, den die Neugierde doch bewog, stehen zu bleiben.
»Wenn Sie mir aufheben und geben das Geld, werde ich sagen, was ich habe mitgebracht für eine Ueberraschung!«
»Bilde Dir nichts ein!«
»O, ich bilde mir viel ein, sehr viel! Ich bilde mir ein, daß der Herr Lieutenant wird machen
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