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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Schafot und einem freiwilligen Tode. Ich gebe Ihnen den Rath, diesen Letzteren zu wählen und vorher Ihr Herz und Gewissen zu erleichtern, damit Sie die Fehler Ihres Lebens möglichst wieder zum Besten kehren!«
    Der Baron lag an der Erde. Es war ihm nicht anzusehen, ob er die Worte des Fürsten höre oder nicht. Dieser Letztere trat zu ihm, berührte leise seine Achsel und sagte dann in drohendem Tone: »So wie ich Sie jetzt hier niedergeschmettert habe, wird die Hand des Richters Sie zu Boden werfen, wenn Sie meinen Rath nicht befolgen. Ich gebe Ihnen drei Tage Frist. Gehen Sie während dieser Zeit zu Ihrer Cousine Alma von Helfenstein und gestehen Sie ihr die Geheimnisse der vergangenen Tage. Ist der dritte Tag verronnen, ohne daß Sie dies gethan haben, so wird die Faust der rächenden und öffentlichen Justiz über Sie kommen, und Ihr Ende wird ein Ende mit Schrecken sein!«
    Er wendete sich und ging.
    Der Baron lauschte den verhallenden Schritten; dann raffte er sich vom Boden auf. Seine Augen glühten, seine Wangen brannten, seine Lippen zitterten und seine Kniee schlotterten. Doch von Secunde zu Secunde wurde seine Haltung fester; sein Gang gewann an Kraft, aber die Stimme versagte ihm.
    Da endlich, nachdem seine Brust lange gearbeitet hatte, machte sie sich in einem lauten, fast thierischen Schreie Luft.
    »Himmeldonnerwetter! Ah! Oh! Wie ein Schulbube bin ich abgekanzelt worden! Was sagte er? Ich soll beichten und dann sterben, wenn ich nicht das Schafot besteigen will?«
    Er schlug sich mit der Faust vor den Kopf und fuhr fort: »Ja, das sagte er, so sagte er! Das hat er gewagt, und ich mußte es anhören. Er warf mich gegen die Wand, und ich mußte es mir gefallen lassen. Wer bin ich denn? Bin ich wirklich der Hauptmann, der Waldkönig, oder bin ich ein Schmachtlappen, den man nach allen Winden blasen kann? Hölle, Tod und Teufel!«
    Er schlürfte im Zimmer auf und ab und blickte dabei in die Ecken, als ob er Gespenster suche.
    »Aber sie kennen mich noch nicht!« knirschte er. »Ich weiß nun, woran ich bin! Ich sehe Alles klar, was mir bisher dunkel war. Drei Tage Zeit! Gut! In diesen drei Tagen werde ich aufräumen, fürchterlich aufräumen unter Euch, Ihr Hallunken!«
    Er streckte die geballten Fäuste nach der Thüre hin, als ob dort Diejenigen ständen, denen diese Drohung galt.
    »Tod über sie! Tod, Tod, Tod! Also bei diesem Fürsten des Elendes ist mein Weib. Sie war beim Fürsten von Befour gesehen worden. Beide sind also identisch. Dieser Befour stirbt, und mein Weib mit. Robert Bertram stirbt. Ich vernichte binnen dieser drei Tage jede Creatur, welche mir widerstrebt. Dann bin ich Sieger – Sieger – Sieger!«

Fünfte Abtheilung
Die Sclaven der Ehre
Erstes Capitel
Krachende Stammbäume
    Es war am nächsten Morgen, da saßen in der bekannten Kellerrestauration wieder der emeritirte Cantor und Organist mit dem Agenten an ihrem gewöhnlichen Tische. In der Nähe hatten Andere gesessen, so daß es den Beiden unmöglich gewesen war, ein Wort über ihre Angelegenheiten zu sprechen. Jetzt nun waren diese Anderen gegangen, und so sagte der Agent: »Das war eine ganz und gar verdammte Geschichte gestern. Kommen wir hin, und die Vögel sind ausgeflogen! Sie haben es doch wohl auch gehört!«
    »Freilich. Die ganze Welt ist ja voll dieses Scandals!«
    »Die Schmiede haben jedenfalls zu Ihnen gewollt?«
    »Leider ja. Sie waren auch bei mir, wenigstens der Eine, der Alte.«
    »Also doch! Und dann ließen sie sich fangen!«
    »Fürchterliche Dummköpfe!«
    »Was ist zu thun? Werden sie gegen uns aussagen?«
    »Ich befürchte fast.«
    »So müssen wir sie befreien.«
    »Hm!«
    Er wiegte dabei den Kopf hin und her, legte die Stirn in Falten und stemmte die Fäuste gegen den Tisch.
    »Es kann uns nicht viel nützen. Sie lassen sich doch wieder fangen. Am besten wäre es – hm!«
    Er zuckte die Achsel und knirschte mit den Zähnen.
    »Ich verstehe!« meinte der Agent schlau.
    »Was?«
    »Soll ich es sagen?«
    »Nur immer heraus!«
    »Es wäre am Besten, die lieben Englein hätten die albernen Kerls droben bei sich!«
    »Das ist’s, was ich meine.«
    »Nun, könnte man da nicht nachhelfen?«
    »Ich würde für eine solche Nachhilfe tausend Gulden pro Kopf bezahlen!«
    »Tausend Gulden! Ist’s wahr?«
    »Ja.«
    »Das wären zweitausend Gulden. Ein schönes Geld!«
    »Ich gebe es aber.«
    »Wann?«
    »Sofort nach der sicheren Nachricht, daß die lieben Englein ihren Besuch bekommen haben.«
    »Die Hand

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