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Der Vormacher

Der Vormacher

Titel: Der Vormacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferdinand Decker
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Moment vielleicht mit dem Telefon in der Hand zu Hause sitzt und darauf wartet, dass ich noch einmal anrufe. Das Spiel kann ich auch spielen!

 
     
     
     
    U m Mitternacht kommt Jana zurück. Ich höre sie an der Tür und im Flur.
    »Hallo, Jana!«, rufe ich. Sie geht die Treppe hinauf, ohne etwas zu sagen. Auch gut. Ich schau noch anderthalb Western. Dann hole ich mir im Bad einen runter und lege mich neben Jana ins Bett.
    »Henri?«, fragt sie leise. »Was ist denn?«, frage ich freundlich. »Wie spät ist es?«, will sie wissen. »Drei Uhr«, sage ich. »Ach«, seufzt sie. Mehr sagt sie nicht. Ich überlege, ob ich eine gute Nacht wünschen soll oder nicht. Darüber schlafe ich ein.

 
     
     
     
    A m nächsten Morgen ist Jana schon weg. Auf dem Tisch stehen Müsli und Joghurt. Im Garten scheint die Sonne. Ich habe keine Lust auf Frühstück. Ich will so schnell wie möglich zur Arbeit, zu Theodora.
    »Guten Morgen, Linda«, grüße ich, als ich am Zimmer vom Chef vorbeikomme. Sie wirft mir einen gehetzten Blick zu.
    »Scheißstimmung heute«, sagt sie. »Gustaf dreht total durch.«
    »Warum denn?«
    »Die Entwürfe für Titronal sind immer noch nicht fertig.«
    »Titronal? Darum sollte Emil sich doch kümmern?«
    Linda schüttelt den Kopf.
    »Theodora macht Titronal«, sagt sie. »Sie wollte unbedingt, da hat Gustaf ja gesagt. Und jetzt ist sie schon seit zwei Tagen krank.«
    »Krank? Davon hast du gestern gar nichts erzählt!«
    »Gustaf hat es mir auch erst heute gesagt«, wehrt sie ab. »Das Beste kommt noch. Emil hat sie gestern Abend Arm in Arm mit einem Mann durch die Innenstadt schlendern sehen, und sie sah so gesund aus wie ein Fisch im Wasser. Das hat er natürlich gleich Gustaf erzählt.«
    Da kommt der Chef aus seinem Büro gestürmt. Linda nimmt Haltung an.
    »Unglaublich!«, schnaubt er.
    »Ja, Gustaf«, sagt Linda geduldig.
    »Hiller«, sagt der Chef und bohrt mir den Zeigefinger in die Brust. »Sie übernehmen Titronal. Heute noch! Montag muss das Ding raus. Sonst geht uns der Kunde flöten.«
    Der Kunde interessiert mich nicht im Geringsten. Ich will wissen, wo Theodora ist und was das für ein Mann war, mit dem Emil sie gesehen hat. Ich kann ihn mir vorstellen – hochgewachsen, gepflegt, in einem langen, feinen Mantel, die Art Mann, mit der eine Theodora gern einen Schaufensterbummel macht. Oder hat Emil sich das nur ausgedacht? Ich habe schon längere Zeit den Eindruck, dass er Theodora nicht ausstehen kann. Er ist ihr gegenüber immer so überfreundlich.
    »Hiller!«, blafft der Chef. »Hören Sie mich?«
    Er beginnt schon wieder, mich mit dem Finger in die Brust zu stoßen. Eine ekelhafte Angewohnheit ist das.
    »Titronal«, sage ich schließlich. »Titronal.«
    »Hiller, was haben Sie denn heute?« Die Stimme vom Chef überschlägt sich, und sein Stoßfinger verfällt in ein mörderisches Stakkato. Das gibt bestimmt einen blauen Fleck. Ich weiche einen Schritt zurück.
    »Gustaf«, sagt Linda und legt ihm die Hand auf den Arm, worauf das Stoßen abnimmt. »Er denkt schon. Du weißt doch, wie Henri ist. Wahrscheinlich hat er schon das ganze Konzept im Kopf.«
    Der Chef mustert mich misstrauisch. Dann dreht er sich um und geht in sein Büro zurück. Linda schaut mich komisch an. Belustigt? Nein, besorgt sieht sie aus. Ich reiße mich zusammen.
    »Ich mach mich an die Arbeit«, sage ich. »Bis später.« Ich gehe in mein Büro, stelle die Tasche auf den Boden und schließe die Tür. Dann ziehe ich das Jackett aus und setze mich hinter den Schreibtisch. Die Welt stürzt über mir zusammen. Ich habe mich zum Narren gemacht. Es schien mir, Theodora hätte erfreut auf meinen Anruf reagiert. Ich bildete mir sogar ein, eine gewisse Nervosität in ihrer Stimme zu hören, die Nervosität einer frisch verliebten Frau. Und wer weiß? Vielleicht ist sie ja verliebt – in den Mann, an dessen Arm sie gestern durch die Stadt geschlendert ist. Zwei Tage lang ist sie schon krank. Liebeskrank.
    An-seinem-Arm-durch-die-Stadt-schlender-krank. Ich-kann-gerade-nicht-mit-dem-dummen-Henri-vom-Büro-telefonieren-weil-mir-Sperma-aus-dem-Mundwinkel-tropft-krank. Wie stelle ich mich eigentlich an? Schließlich hat sie mir nichts versprochen, höchstens etwas angedeutet. Wahrscheinlich war alles nur Einbildung, die vertraulichen Blicke nur ganz normale Freundlichkeit, die kleinen Gesten, das Lächeln, alles nur das normale Benehmen einer attraktiven jungen Frau, das ich unberechtigterweise als ein Zeichen

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