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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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genährt wurde, hatten die Diener die Feldbetten des Senators und des Spaniers aufgeschlagen; die Hälfte eines Hammels drehte sich am Bratspieß vor dem Feuer, um für sie und ihr Gefolge ein Abendessen abzugeben, und ein Schlauch mit Wein wurde an seinen breiten Seiten in einem der Tränketröge abgekühlt.
    Nach einem mühevollen Tagesmarsch war diese Nachtruhe am Rand der Poza ein sehr anziehendes Schauspiel, als Tiburcio und seine beiden Begleiter dort anlangten.
    »Hier ist unser Nachtlager, mein teurer Tiburcio«, sagte Cuchillo in liebreichem Ton, mit dem er glaubte, seinen Groll und seine finsteren Pläne verhüllen zu müssen; »steigt ab, während ich den Chef von Eurer Ankunft in Kenntnis setze. Jener dort ist Don Estévan de Arechiza, unter dessen Befehl Ihr Euch stellen werdet, wenn Ihr Lust dazu habt – unter uns gesagt: Es ist das beste, was Ihr tun könnt!«
    Cuchillo wollte sich sein Opfer nicht entschlüpfen lassen und war mehr als je darauf aus, daß der junge Mann sich ihnen anschlösse. Er zeigte mit dem Finger auf den Senator und Don Estévan, die auf ihrem Feldbett saßen und von den Flammen hell beleuchtet wurden, während Tiburcio noch unsichtbar für sie war. »Ich wünschte wohl«, sagte er zu dem Spanier, »Euch mit Erlaubnis des Herrn Senators ein paar Worte allein zu sagen.«
    Don Estévan gab Cuchillo ein Zeichen, ihn in den düsteren Baumgang zu begleiten, der den Weg mitten durch den Wald bezeichnete.
    »Ihr möchtet wohl nicht raten, Don Estévan«, sagte der letztere, »wer der Mann ist, den Euer Edelmut gerettet hat; denn ich bringe ihn gesund und wohlauf zurück, wie Ihr seht.«
    Der Spanier steckte die Hand in die Tasche und gab ihm das versprochene Goldstück.
    »Es ist der junge Tiburcio Arellanos, den Eure Menschlichkeit eben gerettet hat. Was mich betrifft, so habe ich nur auf mein gutes Herz gehört; aber vielleicht haben wir beide einen dummen Streich gemacht.«
    »Warum das?« sagte Don Estévan. »Dieser junge Mann wird um so leichter zu überwachen sein, als er uns viel näher sein wird; denn ich denke, er hat sich entschieden, einer der Unseren zu sein.«
    »Er hat vierundzwanzig Stunden zum Überlegen gefordert.«
    »Glaubt Ihr, daß er etwas weiß?«
    »Ich fürchte es«, sagte Cuchillo mit kläglicher Miene, denn eine Lüge, um denjenigen dem Spanier zu verdächtigen, dem er den Tod geschworen hatte, kostete ihn nichts. »Jedenfalls wäre es nur eine Quittung für ein Darlehen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Daß mein Gewissen mir versichert, es würde vollkommen ruhig sein, wenn ... Ei, wahrhaftig«, fügte er rauh hinzu, »wenn ich nun diesen jungen Mann in die andere Welt schickte, um seine Verwandten aufzusuchen?«
    »Um Gottes willen nicht!« rief Don Estévan lebhaft aus. »Übrigens – angenommen, daß er etwas weiß, so befehlige ich immerhin hundert Mann, und er ist allein«, fügte er hinzu, um Cuchillo zu entwaffnen, dessen Habgier er allein das Verlangen zuschrieb, sich Tiburcios zu entledigen. »Seid seinethalben unbesorgt; ich halte mich für befriedigt, und Ihr müßt es machen wie ich.«
    »Befriedigt ... befriedigt«, murrte Cuchillo wie eine Dogge, die die Stimme ihres Herrn zwingt, sich mit Knurren zu begnügen, anstatt zu zerreißen; »ich bin es nicht ... aber später ...«
    »Ich will diesen jungen Mann sehen«, unterbrach ihn der Spanier, der wieder den Weg nach dem Biwak einschlug, von dem er sich entfernt hatte.
    Cuchillo folgte ihm, indem er leise mit besorgtem Ton sagte: »Warum, zum Teufel, hat er mich gefragt, wie lange ich schon mein Pferd habe? ... Laßt sehen – das Tier ist gestrauchelt, und gerade in diesem Augenblick hat er mich befragt und mir gedroht ... Ich begreife nichts davon, aber ich mißtraue darum, weil ich nicht begreife.«
    Als Arechiza und Cuchillo das Lager wieder erreichten, herrschte dort eine gewisse Unruhe. Die hier und da verstreuten Pferde hatten sich nicht weit vom Lager rings um die Capitanastute gesammelt, und die Flamme des Feuers beschien mit fahlem Glanz ihre blitzenden Augen; den Hals gegen ihre Wärter ausgestreckt, schienen sie sich unter den Schutz des Menschen zu begeben. Zuweilen ließ sich ein Wiehern des Schreckens mitten aus dieser Gruppe erschreckter Tiere vernehmen. Es war klar, daß der Instinkt sie eine noch ferne Gefahr fürchten ließ.
    »Es ist irgendein Jaguar, der hier herumstreicht«, sagte einer der Diener, »und unsere Tiere haben Wind davon.« »Bah!« sagte ein anderer. »Der

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