Der Waldsteig
eingerichtet werde, und daß man sehr bald den Badearzt rufe, daß er ihn kennen lerne, und daß sie mit einander den Plan der Heilung verabredeten und sogleich zur Ausführung desselben den Anfang machten.
Es mußte vor allem noch ein größerer Tisch herbei, auf den er die Stöße Bücher, die sein Diener auspakte, legte, daß er sie bei erster Gelegenheit aufschneide, und zu lesen beginne. Dann mußte das Bett, dessen Bestandtheile er selber mitgebracht hatte, im noch kleineren Nebenzimmerchen, das an sein Wohngemach stieß, aufgestellt werden. Das Stahlgerüste desselben wurde in der Eke aufgerichtet, in welcher am wenigsten Zugluft herrschen konnte. Hierauf wurden die Stäbe der spanischen Wand, die er mitgebracht, auseinander geschraubt, gestellt, und mit dem dazu gehörigen Seidenstoffe bespannt, auf dem unzählige rothe Chinesen waren. Weil so viele Mantelsäke, Wagenkoffer und andere Lederfächer herumlagen, mußte der Wirth noch einen Schrein herauf schaffen, den man in das Vorzimmer, wo die Diener schliefen, stellte, daß man das Weißzeug, die Schlafröke und die Kleider unterbringen könne. Zulezt mußten noch die Schirme vor die Fugen der Fenster und Thüren gestellt und die leeren Koffer und Lederfächer in das Wagenbehältniß gebracht werden.
Als alles in Ordnung war, sendete Herr Tiburius nach dem Badearzte. Es durfte nicht aufgeschoben werden, und es war überhaupt ungewiß, ob nicht auf die viele, viele Bewegung, die er auf der langen Reise her gemacht habe, eine arge Krankheit folgen könne.
Der Badearzt war nicht zu Hause und auch sonst nirgends zu finden. Herr Tiburius mußte bis auf den Abend warten. Er saß in seiner Stube und wartete. Am Abende kam der Arzt, und die zwei Männer beredeten sich über eine Stunde lang, und sezten die ganze Wesenheit des zu befolgenden Heilplanes auseinander.
Am andern Morgen begann Herr Tiburius schon den Plan ins Werk zu sezen. Man sah ihn in einem langen grauen zugeknöpften Oberroke den Brunnengebäuden zu gehen und in denselben verschwinden. Er nahm darinnen sein erstes Bad. Und wo man die Molken nahm, wo man in der Sonne saß, und ein wenig hin und her ging, konnte er später auch gesehen werden. So machte er es jeden Tag, und er ging gewissenhaft dorthin, wo es der Zwek erheischte. Um die von dem Arzte vorgeschriebene Bewegung mittelst Gehen zu machen, hatte er sich eine eigene Art ausgesonnen. Er fuhr nehmlich mit seinen Grauschimmeln auf der Straße, die tiefer in das Gebirge führt, eine Streke fort, bis er zu einem gewissen großen Steine kam, den er gleich am ersten Tage entdekt hatte. Neben dem Steine war eine ziemlich große trokene Erdstelle, die aus fest gelagertem Sande bestand. An dieser Stelle stieg er aus, und ging nach der Uhr so lange hin und her, als die zur Bewegung festgesezte Zeit dauerte, dann saß er wieder ein und fuhr nach Hause. Die Leute, die im Bade versammelt waren, lernten ihn bald kennen, und sagten, das sei der Herr, der neulich in dem geschlossenen Wagen gekommen sei.
Die Badezeit war eigentlich schon ziemlich vorgerükt, aber da in diesen Gebirgsthälern die lezten Sommermonate die heißesten und trokensten sind, so war noch ein großer glänzender und auserlesener Besuch zugegen. Darunter waren manche sehr schöne Mädchen. Herr Tiburius, welcher nicht umhin konnte, doch manchmal eine zu sehen, erinnerte sich flüchtig an die Heirathsworte des Doctors – aber er dachte, der Doctor sei ein Schalk, und verlegte sich hier nur auf das, was seiner Gesundheit unmittelbar noth that. Er las allgemach von dem Bücherhügel ein großes Stük herunter, er verrichtete genau alles, was ihm der Badearzt vorgeschrieben hatte, und that noch manches andere dazu, was er selber aus den Büchern lernte und sich verordnete. Er hatte sich auch an seinem Fensterstoke ein Fernrohr angeschraubt, und betrachtete durch selbes öfter die närrischen Berge, die hier herum standen, und die das Gestein in höchster Höhe oben trugen.
Es war seltsam, daß auch hier in dieser großen Entfernung, und zwar schon in sehr kurzer Zeit, nachdem Herr Tiburius angekommen war, der Name Tiburius im Munde der Leute gebräuchlich war, obwohl in dem Fremdenbuche Theodor Kneigt stand, und obwohl ihn niemand kannte. Es mochten ihn wohl insgeheim seine Diener so genannt haben.
Es waren allerlei Menschen und Familien in dem Bade. Da war ein alter hinkender Graf, der überall gesehen wurde, und in dessen verwittertes Angesicht fast ein Schimmer von der sehr
Weitere Kostenlose Bücher