Der will doch nur spielen: Roman (German Edition)
die weniger als zehntausend auf ihrem Sparkonto hat. Vielleicht bin ich sogar die Einzige, die überhaupt ein Sparkonto hat – abgesehen von Dolly, meine ich. Zumindest scheine ich die Einzige zu sein, die hier alleine herumsteht. Ich meine, Dolly hat keinen Ton davon gesagt, dass sie hier mit Skiboy verabredet ist. Aber da stand er und wartete auf sie, direkt neben dem roten Teppich. Und wenn ich hinzufügen darf, in Abendgarderobe sehen seine Schultern noch BREITER aus.
Diese Ausstellung wurde ermöglicht
durch eine Spende der
Gregory Shearson Stiftung.
Okay, noch ein letztes Glas Champagner, und danach verschwinde ich. Wo ist der Ober? Wo – GROSSER GOTT! O MEIN GOTT, WAS MACHT DER DENN HIER?
UND WER IST DAS NEBEN IHM? OGottoGott, Mitchell Hertzog ist hier, in weiblicher Begleitung. EINE FRAU! O Gott, und was für eine. Seht sie euch an. Sie trägt die Haare offen. Sie hat sich nicht an den Ratschlag der Moderedaktion des New York Journal gehalten. Sie sieht toll aus. Nun, wenn man ein Körpergewicht von hundert Pfund bei einer Größe von knapp zwei Metern als »toll« bezeichnen kann. Sie erinnert an eine Gottesanbeterin, wenn ihr mich fragt.
O Gott, warum habe ich den ganzen Rest Sesamnudeln verdrückt, der vom Abendessen übrig war?
Programm
der
Chamber Music Society of Lincoln Center
Vielleicht kann ich mich hinausschleichen, bevor er mich mit dieser Frisur sieht. Wenn ich mich hinter dieser Säule verstecke
Quintett in A-Dur K 581 für Klarinette und Streicher
Mozart
und dann heimlich zur Garderobe schleiche, könnte ich es schaffen. Bitte, lieber Gott, mach, dass es klappt.
Sextett für Klarinette, Streichquartett und Klavier
Copland
NEIIIIIIN! Er hat mich entdeckt! Was soll ich …
Quintett für Klavier und Streichquartett F-Moll op. 34
Brahms
Tagebuch von Kate Mackenzie
Warum schaffe ich es jedes Mal, mich zum absoluten Volltrottel zu machen, wenn ich Mitchell Hertzog sehe? Entweder ich fasele dummes Zeug über Hühnchen in Knoblauchsauce oder ich muss mir meinen gestörten Exfreund vom Leib halten oder so tun, als würde ich mich mit Kunst und klassischer Musik auskennen, was DEFINITIV NICHT der Fall ist.
Und er sah mal wieder umwerfend aus. Ich meine, wirklich, total umwerfend in seinem Smoking. Mindestens so umwerfend wie Skiboy. Im Ernst, Skiboys Schultern waren nichts im Vergleich zu Mitchell Hertzogs.
Er verhielt sich auch umwerfend. »Was machen SIE denn hier? Ich hätte gedacht, dass eine Frau wie Sie etwas Besseres zu tun hat, als auf so einer Feier herumzuhängen.«
Als wäre ich zu edel für die Veranstaltung oder so. Ha, ich wünschte es. Ich antwortete ihm, dass ich nur da sei, um Dolly Gesellschaft zu leisten. Daraufhin hielt er nach Dolly Ausschau, aber natürlich war sie mit Skiboy verschwunden. Die beiden hatten sich hinter dem Cellisten versteckt, um in Ruhe aneinander herumfummeln zu können.
Und dann, dämlich wie ich bin, konnte ich es nicht dabei belassen. O nein, ich musste mal wieder weiterplappern.
Ich: O ja, Dolly und ich kennen uns schon lange. Zurzeit wohnen wir sogar zusammen, können Sie das glauben?
Er: Sie wohnen zusammen? Wirklich? Wie kommt das?
Ich: Na ja, Sie wissen ja, ich bin im Moment auf Wohnungssuche, und Dolly hat dieses riesige Penthouse Ecke East 80 th und East End Avenue, und, keine Ahnung, aber sie hat mich gefragt, und ich habe die Gelegenheit einfach ergriffen …
Langweilig, langweilig, langweilig. Ich bin mir sicher, die Gottesanbeterin ist eine interessantere Gesprächspartnerin. Jedenfalls bis sie ihm den Kopf abbeißt bei der Paarung (das machen Gottesanbeterinnen doch so, oder?).
Dann meinte er: »Nun, es ist wahrscheinlich gut, dass Sie bei Dolly sind. So hat es Ihr musikalischer Freund etwas schwerer, zu Ihnen vorzudringen. Zumal Sie an seinen Ständchen offenbar nicht so sehr Gefallen finden.«
Dale! O Gott! Die Sache mit Dale hatte ich glatt verdrängt. Einen Moment lang hatte ich komplett vergessen, dass ich bei meiner letzten Begegnung mit Mitchell die New Yorker Polizei gebeten habe, ihre Schlagstöcke gegen meinen psychopathischen Ex nicht einzusetzen.
»Oh«, sagte ich und versuchte ganz – wie sagt man? Je ne sais quoi, glaube ich – zu klingen. Die Gottesanbeterin kennt bestimmt den richtigen Ausdruck. »Ach so, das. Ja. Übrigens vielen Dank für Ihre Hilfe. Äh … Dale und ich, wir, na ja, wir haben uns getrennt, und er, äh … kommt nicht so gut damit klar.«
Worauf er sagte: »Das
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