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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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riesigen, hell in der Sonne schimmernden Steinkolosse erkennen. Ihr stockte der Atem, und sie trat an den Bug des Schiffes, um besser sehen zu können. Es war unglaublich, was sie erblickte. Jetzt waren sie zwar noch weit entfernt; trotzdem wirkten sie bereits riesig groß. Und sie waren schön. Blendend weiß mit farbigen Verzierungen, sodass es den Augen schon beinahe wehtat, sie länger zu betrachten. Ihre Spitzen waren vergoldet und reflektierten Res strahlenden Glanz. Vor dem tiefblauen Firmament und der rötlich schimmernden Wüste hoben sie sich majestätisch ab, und ihre Spitzen schienen sich in den Himmel zu bohren.
    »Ich kann nicht glauben, dass das alles wahr ist«, flüsterte sie kaum hörbar vor sich hin. »Sie sind so wunderschön und erhaben, und niemand außer mir hat sie je so gesehen.«
    Wie betäubt stand sie am Bug und hielt sich mit beiden Händen am hochgezogenen Rumpf fest, um nicht vor Bewunderung und Respekt zu taumeln und zu fallen.
    Dem Pharao und dem Osiris-Priester war Satras Reaktion auf die Pyramiden nicht entgangen. Sie warfen sich vielsagende Blicke zu.
    Die Fahrt dauerte nicht mehr lange. Schon bald legten die Barken im Hafenbecken des Tal-Tempels an, der zur Anlage von Osiris Cheops gehörte. Ramses begab sich allein in den Tempel, während die anderen zu Fuß ein Stück hinauf zum Gesamtkomplex der drei königlichen Grabmale mit ihren Tempeln, Beamtengräbern und den kleinen Pyramiden für die königlichen Gemahlinnen und Kinder gingen.
    Vor ihnen erhob sich das Monument von Osiris Cheops, in der Mitte war das von Osiris Chephren und ganz links stand jenes des zu Osiris gewordenen Herrschers Mykerinos. Die mittlere Pyramide schien am höchsten zu sein, doch Satra wusste, dass das nur eine optische Täuschung war. Das Bauwerk des Chephren stand etwas erhöht und sah deshalb größer aus als das seines Vaters Cheops. Linker Hand befand sich hinter dem Chephren-Tempel der ehrwürdige Sphinx, der seit Hunderten von Jahren jeden Morgen dem Erscheinen von Res Barke am Horizont zusah. Am Fuße der Großen Pyramide konnte Satra unzählige Beamtengräber erkennen, doch mehr war nicht zu sehen. Alles andere wurde durch die hohen Mauern und die beiden Aufwege verdeckt, die die Tal-Tempel mit den Gräbern des Chephren und des Cheops verbanden.
    Das königliche Gefolge strebte dem steinernen Sphinx zu, wo die mitgereisten Diener eiligst Sonnensegel und kleinere Zelte aufstellten, denn Ramses gedachte, den ganzen Tag auf dem Plateau zu verweilen.
    Amunhotep zog sich in der Zwischenzeit unter ein Sonnensegel in der Nähe seines Zeltes zurück und entrollte einen Papyrus, den er eifrig zu studieren begann. Satra kauerte derweil auf dem Boden und sah stumm zu ihm hinüber, doch er beachtete sie nicht.
    Irgendwann wagte sie die Frage zu stellen, die ihr seit dem frühen Morgen auf der Zunge lag, nachdem er ihr mitgeteilt hatte, dass sie mit nach Giseh fahren dürfe. »Wer hat die Pyramiden gebaut?«
    Verärgert sah Amunhotep von seiner Schriftrolle hoch. »Schweig, Satra, und störe mich nicht! Ich bin beschäftigt.«
    »Bitte, ich muss es wissen. Waren es die Götter oder waren es die Menschen?« Satra konnte selbst nicht glauben, dass sie gerade solch eine Frage gestellt hatte.
    »Du sollst den Mund halten, habe ich gesagt!«, herrschte Amunhotep sie an. »Ich lasse dir dein Ohr auf dem Rücken öffnen, wenn du nicht gehorchst.«
    Das war einer seiner Lieblingssprüche für Untergebene, denen es an Respekt und Gehorsam ihm gegenüber mangelte. Er bezog sich dabei auf ein altes kemitisches Sprichwort, nach dem sich das Ohr eines Knaben auf dessen Rücken befindet. Es hört, wenn man es schlägt.
    Demütig senkte sie den Blick und zog es vor, ihn nicht weiter mit Fragen zu belästigen, welche er nicht gewillt war zu beantworten. Sie war jedoch fest entschlossen, die Antwort auf ihre Frage früher oder später zu bekommen. Bisher hatte sie immer geglaubt, dass die Pyramiden von Menschenhand erbaut worden waren, doch nachdem sie nun einem Gott gegenübergestanden hatte, war sie sich da nicht mehr so sicher.
    Amunhotep hatte sich wieder in seine Schriftrolle vertieft, während Satra vor sich hinstarrte und Trübsal blies.
    Es war brütend heiß. Re stand inzwischen im Zenit, und die Hitze war unerträglich. Der Wind trieb den Sand der Wüste vor sich her, der sich in Augen, Ohren und Nase festzusetzen begann und das Atmen zur Qual machte.
    Die Diener hatten in der Zwischenzeit für ein einfaches, aber

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