Unsterbliche Leidenschaft
1
September. Devil’s Elbow, Oregon
»Miss Connor, Ihr Vater erwartet Sie.«
Alan Grant war der jüngste in einer langen Reihe persönlicher Assistenten. »Danke! Ist er in der Bibliothek?«
Alan nickte. Elizabeth ging über den gefliesten Dielenboden und betätigte den kristallenen Türknauf.
Hier, an der Küste Oregons, hatte ein Innenarchitekt unter beträchtlichem Kosten- und Zeitaufwand eine Art britischer Adelsbibliothek entstehen lassen. Als Kind war sie von dem Raum fasziniert gewesen, aber mittlerweile kannte sie so manche echte Privatbibliothek uralter Herrensitze und hatte einen geschärften Blick für Nachahmungen.
Ihr Vater stand am Fenster, neben ihm Laran Radcliffe. Verflixt aber auch! Sie war eigens zu ihrem Vater nach Hause anstatt ins Büro gekommen, weil sie Laran nicht sehen wollte. Was machte der Mann hier? Sie standen Hüfte an Hüfte, so eng, dass sie sich fragte, ob ihr Vater mit ihm schlief. Bei dem Gedanken unterdrückte sie ein Lächeln.
»Lizzie, meine Liebe!« Ihr Vater begrüßte sie mit offenen Armen. »Was für eine Überraschung.« Sie umarmte ihn, und die beiden hauchten sich einen distanzierten Kuss zu. Darauf trat er zurück, ließ aber seine Arme auf ihren Schultern. »Was führt dich denn den weiten Weg hierher? Muss ja enorm wichtig sein.«
»Guten Tag, Miss Connor.«
»Guten Tag, Laran.« Schon der Gedanke an diesen Mann ließ sie innerlich erschaudern. Es mussten seine Augen sein und die blässliche Haut, die sie an den Bauch einer Schlange denken ließ und die aussah, als würde sie niemals schwitzen. »Könnte ich alleine mit dir reden, Vater?« Sie würde sich hüten, vor Laran Radcliffe darüber zu sprechen. So wie es aussah, steckte er mit den Marshs unter einer Decke.
Ihr Vater zögerte. Würde er etwa auf seiner Anwesenheit bestehen? Nein, der Göttin sei Dank! Auf ein Nicken ihres Vaters hin entfernte sich Laran geräuschlos über den Aubusson-Teppich und schloss die Tür hinter sich.
»Nun, Lizzie? Wollen wir uns nicht setzen?« Ihr Vater zeigte auf die Ohrensessel neben dem unbeheizten Kamin. »Was führt dich denn nun zu mir, das du nicht am Telefon oder vor Laran mit mir besprechen könntest?« Er lehnte sich zurück, stützte die Ellenbogen auf die Armlehne und legte die Fingerspitzen aneinander. Seine amüsierte Attitüde ärgerte sie. Wenn er wüsste, was sie zu sagen hatte, würde ihm das Lachen sicher vergehen.
»Etwas stimmt nicht in der Filiale Mariposa. Möglicherweise ein schwerer Fall von Betrug.«
Er sah sie von oben bis unten an, und sie fühlte sich wie ein kleines Mädchen verunsichert.
»Wie kommst du darauf?«
»Es gibt zweierlei Bilanzen.«
Nun wurde er hellhörig. Interessiert zog er die Augenbrauen hoch und verschränkte seine Finger wie zum Gebet. »Seit wann betätigst du dich denn als Prüferin?«
»Mach ich ja nicht, aber ich kann eins und eins zusammenzählen. Sie haben merkwürdige Gepflogenheiten: separate Aufzeichnungen für nur mit Nummern gekennzeichnete Transaktionen, bei denen zum Teil erhebliche Beträge im Spiel sind. Ich vermute, sie wirtschaften in die eigene Tasche. Vergleichbare Beträge tauchen jedenfalls in den normalen Geschäftsbüchern nicht auf.«
»Ein unglaublicher Vorwurf. Bist du dir wirklich sicher?«
»Sicher genug, dass ich den weiten Weg auf mich nehme, um dich darüber zu informieren.« Damals hatte sie jedenfalls geglaubt, es sei besser, die Angelegenheit unter vier Augen zu erörtern, aber nun …
»Wie hast du das denn den Marshs klargemacht?«
»Ich habe gesagt, ich bräuchte eine Woche frei, um dir mitzuteilen, dass sie die Bilanzen fälschen.«
»Lizzie! Bitte!«
»Dad, glaubst du, ich bin blöd? Ich sagte, ich würde zu Heathers Geburtstag nach Hause fahren.«
»Heather?« Er runzelte die Stirn, als würde er sich nicht an den Namen erinnern. »Oh, Adelas Töchterchen.«
»Meine Schwester.« Die einzige, die sie hatte, trotz vier gescheiterter Ehen ihres Vaters. »Wir wollen uns sehen, solange ich hier bin.«
»Wäre schön, wenn du etwas länger bleiben könntest.«
Das hatte sie vor. »Ein paar Tage.«
»Gut. Was genau glaubst du denn nun entdeckt zu haben da drüben?«
Sie erklärte alles, so gut sie konnte, und zu ihrem Erstaunen hörte ihr Vater sogar zu. »Und du bist dir wirklich sicher?«
»Dad, ich bin keine Wirtschaftsprüferin. Wozu gibt es Experten? Sollte ich mich täuschen, umso besser, falls nicht, passieren da echt schmutzige Dinge.«
»Allerdings, sollte es
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