Der Wunsch des Re
Familien bieten sollte. Im Zentrum des kleinen Dorfes ließ er ein Heiligtum für seinen göttlichen Vater Amun-Re errichten und gab den Befehl, eine Stele aufzustellen, auf der er seinen Erfolg verzeichnen ließ.
Motiviert gingen die Männer an ihre Arbeit, sodass die von Ramose und Sethherchepeschef gedungenen Unruhestifter kein Gehör mehr fanden. Fortan hielten sie sich mit ihren Sticheleien zurück, um nicht aufzufallen. Amunhotep hingegen setzte alles daran, die Aufrührer ausfindig zu machen, doch es gelang ihm nicht. Jeder der Männer konnte infrage kommen. Der feige Anschlag hatte sowohl ihm als auch Ramses gezeigt, dass die Auftraggeber genug Mittel besaßen, um selbst Gottesdiener bestechen zu können.
* * *
Ramose ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, als ihm durch einen königlichen Boten eine Schriftrolle zugestellt wurde, in der man ihm befahl, sofort in Heliopolis zu erscheinen. Gelassen nahm er den von Nehi unterzeichneten Befehl entgegen und begab sich zum festgesetzten Termin in die Stadt des Großen Gottes Re.
Der entmachtete Hohepriester wusste, dass der Wesir keinerlei Beweise gegen ihn in der Hand hatte. Der Steinmetz, der in Abydos unter dem Namen Wenamun eine Zeichnung gestohlen hatte, war nicht mehr am Leben, und auch Thut, der Priester, der kläglich in der Wüste versagt hatte, weilte durch eigene Hand in der Unterwelt. Das wusste Ramose von dem Arbeiter, der kurz nach dem missglückten Anschlag aus Ramses’ Expedition geflohen war. Wenn ihn nicht sein Komplize Sethherchepeschef verraten hatte, bestand für den früheren Sehenden des Re keinerlei Gefahr.
»Was weißt du über einen Priester namens Thut, der im Tempel des Großen Gottes Re seinen Dienst versieht?«, begann der Wesir das Verhör, das er zusammen mit Prinz Nebmaatre, dem neu ernannten Re-Hohepriester, führte.
Ramose zuckte mit den Schultern. »Was soll ich dir darauf antworten? Er war ein Schreiber im Lebenshaus des Re.«
Nehi und Nebmaatre wechselten einen kurzen Blick. Beiden war nicht entgangen, dass Ramose von Thut in der Vergangenheit sprach, obwohl ihm eigentlich nicht bekannt sein dürfte, dass er nicht mehr am Leben war.
Sie ließen sich nichts anmerken.
»Hat er dir nicht öfters als persönlicher Schreiber gedient?«, setzte Nehi die Befragung fort.
»Das hat er in der Tat, doch könntest du so freundlich sein und mir sagen, weshalb man mich über Thut befragt? Hat er sich etwas zu Schulden kommen lassen?«
»Ja, das hat er«, erwiderte Prinz Nebmaatre anstelle des Wesirs kühl. »Er hat versucht, Seine Majestät und die Männer, die mit dem Pharao unterwegs in der Wüste sind, zu töten.«
Scheinbar bestürzt riss Ramose die Augen auf und hielt die Luft an. »Das kann ich nicht glauben, Hoheit. Thut war immer ein freundlicher und königstreuer Mann. Sollte er sich so verändert haben?«
»Das weiß ich nicht. Sag du es uns!« Nebmaatres Stimme klang schneidend, doch Ramose ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
»Woher soll ich das wissen, Hoheit?«, Süffisant lächelte er den weitaus jüngeren Hohepriester an. »Ich habe seit über einem Jahr nicht mehr den Tempel betreten. Vielleicht kannst du viel eher darauf eine Antwort geben. Immerhin bist du jetzt der Herr von Heliopolis.«
Nebmaatre schnaubte empört.
Beruhigend legte ihm Nehi die Hand auf den Arm. »Wir stellen hier die Fragen, Ramose. Hast du uns etwas dazu zu sagen?«
Der Angesprochene verneinte. »Ich habe Thut seit Monaten nicht mehr gesehen«, log er unverfroren und hielt dem Blick der beiden Männer stand.
»Wieso nimmst du eigentlich an, dass dieser Priester nicht mehr unter den Lebenden weilt?«, wollte Nehi wissen, und verständnislos zog Ramose die linke Augenbraue hoch.
»Wieso? Habe ich das behauptet?« Er wirkte verwirrt.
Nehi und Nebmaatre nickten.
»Ja, Ramose«, antwortete Nehi. »Als ich dich fragte, was du über Thut wüsstest, antwortetest du mir ...« Er gab dem zu seinen Füßen sitzenden Schreiber ein Zeichen, und dieser las laut die aufgezeichnete Antwort vor.
Der Gesichtsausdruck des ehemaligen Re-Hohepriesters blieb noch immer verständnislos.
Nehi musste ihm im Stillen Bewunderung zollen. Es schien Ramose nicht bewusst zu sein, welchen Fehler er begangen hatte. Oder war er tatsächlich so abgebrüht, dass es ihm gelang, ihnen seine Unwissenheit auch weiterhin vorzuspielen?
»Ich weiß wirklich nicht, was du meinst«, blieb Ramose bei seiner Antwort.
Der Wesir half ihm auf die Sprünge. »Du
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