Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore
wünschen würde.
Tamwyn trat vor und fasste die Holzstange der Fackel. Mit einem heftigen Ruck zog er sie aus dem Boden. Und dann band er die Fackel mit seiner Schnur an den Riemen seines Beutels, so dass die Stange auf seinem Rücken lag.
Kein Zweifel, die Fackel war dunkel – so dunkel wie seine Zukunft. Aber so viel wusste er: Er würde diese Fackel tragen, ob sie nun brannte oder nicht, genau wie sein Vater sie vor ihm getragen hatte. Er würde nach einer Möglichkeit suchen, die Flamme wieder anzufachen – und, wenn möglich, auch andere Flammen.
Denn er würde diese Fackel bis zu den Sternen tragen.
***
Tief in der dunkelsten Gegend von Schattenwurzel stieg ein Gespenst aus der Schwärze ewiger Nacht. Dunkler als das trostlose Land, der lichtlose Himmel oder der Minenschacht, aus dem es kam, hob sich das Gespenst in die Luft und flog empor.
Wären Augen fähig gewesen, sein Auftauchen zu sehen, hätten sie sich sofort fest geschlossen. Aus Entsetzen – dem tiefen, elementaren Entsetzen, das lautlos in den schlimmsten Alpträumen der Sterblichen schreit. Denn dieses Gespenst hatte die Gestalt eines grausigen Drachen angenommen, es war ganz dunkel und hatte völlig leere Augen.
Die Gestalt von Rhita Gawr.
Der Kriegergeist, der jetzt in einer Drachenmaske völlig neu gestaltet war, schlug mit den riesigen ledrigen Flügeln. Seine Augen, schwärzer als die Nacht, leuchteten. Alles ging gut, in der Tat sehr gut.
Selbst dieser kindische Hexer, Kulwych, hat sein Teil getan
, sagte er sich mit hämischer Freude.
Und bald
, dachte er mit so viel Appetit, dass Speichelbäche aus seinem Maul liefen und über den schuppigen Hals rannen,
bald wird diese elende kleine Welt mir gehören.
Die Flügel schlugen kräftig und trugen ihn noch höher.
Und damit alle anderen Welten. Jede einzelne von ihnen!
Hohles Gelächter prasselte aus der Drachenkehle. Finstere Wolken explodierten mit schwarzem Blitz und Donnerkrachen. Er sabberte noch mehr, denn er konnte schon seine lange erwartete Eroberung kosten. Genau wie er sie während seines Flugs schmecken würde, wenn er hinaufstieg zu den Sternen.
Eine kurze Geschichte Avalons
W ährend eine Welt stirbt, wird eine andere geboren. Es geschieht in einer Zeit, die dunkel und hell zugleich ist, ein Augenblick der Wunder.
Im nebelumhüllten Land Fincayra wird plötzlich eine längst vergessene Insel entdeckt, eine kleine Kinderschar besiegt eine Todesarmee und ein Volk, das in Ungnade gefallen war, bekommt endlich seine Flügel wieder. Und beim größten aller Wunder erwirbt ein junger Zauberer, Merlin genannt, seinen wahren Namen: Olo Eopia, großer Mann vieler Welten, vieler Zeiten. Und doch
. . .
noch während Fincayra gerettet wird, ist es verloren – es zieht für immer in die Anderswelt der Geister.
Aber genau in diesem Augenblick taucht eine neue Welt auf. Entstanden aus einem Samen, der pulsiert wie ein Herz, einem Samen, den Merlin bei seiner Reise durch einen magischen Spiegel gewann, ist diese neue Welt ein Baum: der große Baum. Er steht als Brücke zwischen Erde und Himmel, zwischen Sterblichem und Unsterblichem, zwischen wogenden Meeren und ewigem Nebel.
Seine Landschaft ist riesig, voller Wunder und Überraschungen. Seine Bevölkerung ist so weit verzweigt wie dieSterne droben. Sein Wesen ist teils Hoffnung, teils Tragödie, teils Geheimnis.
Sein Name ist Avalon.
Die berühmte Einleitung der Geschichte Avalons vom Barden Willenia
Jahr 0:
Merlin pflanzt den Samen, der pulsiert wie ein Herz. Ein Baum entsteht: der große Baum von Avalon.
DIE BLÜTEZEIT
Jahr 1:
Geschöpfe aller Arten wandern in die neue Welt oder tauchen geheimnisvoll auf, vielleicht aus dem heiligen Lehm von Malóch entstanden. Das erste Zeitalter Avalons, die Blütezeit, beginnt.
Jahr 1:
Elen mit den Saphiraugen und ihre Tochter Rhiannon gründen eine neue Religion, die Gemeinschaft des Ganzen, und werden deren erste Priesterinnen. Die Gemeinschaft widmet sich der Förderung von Harmonie zwischen allen Lebewesen und dem Schutz des großen Baums, der alles Leben fördert und erhält. Die neue Religion konzentriert sich auf sieben heilige Elemente – Elen nennt sie »die sieben heiligen Teile, die zusammen das Ganze ergeben«. Das sind: Erde, Luft, Feuer, Wasser, Leben, Hell-Dunkel und Geheimnis.
Jahr 2:
Der große Geist Dagda, Gott der Weisheit, besucht Elen und Rhia in einem Traum. Er enthüllt, dass es sieben getrennte Wurzeln von Avalon gibt, jede mit
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