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Der Zeitspieler

Der Zeitspieler

Titel: Der Zeitspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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Benommen hörte er eine Frauenstimme direkt an seinem Ohr: »Schnell! So beeilen Sie sich doch! Wir haben keine Zeit zu verlieren! Wir müssen sofort weg!«
    Er sollte ermordet werden. Das war das erste, woran er sich erinnerte. Er fuhr so abrupt herum, daß er seine Muskeln zerrte. Dann setzte er sich auf. Er befand sich immer noch in dem Schlafzimmer der Wohnung mit der gläsernen Trennscheibe. Das Mädchen, das sich über ihn beugte, war ihm völlig unbekannt. Als er sie anstarrte, trat sie ein paar Schritte vom Bett zurück und beugte sich über ein undefinierbares Gerät. Er betrachtete ihr Profil. Sie wirkte sehr jung in ihrem Eifer und ihrer Aufregung. Irgend etwas mußte schiefgegangen sein, denn sie fing plötzlich auf sehr unmädchenhafte Weise zu fluchen an. In offensichtlicher Verzweiflung wandte sie sich abrupt ihm zu. »Sitzen Sie doch nicht einfach herum! Kommen Sie zu mir her und ziehen Sie an diesem Knopf. Wir müssen schleunigst verschwinden!«
    Er versuchte, mehrere Dinge gleichzeitig zu verstehen. Er warf einen beunruhigten Blick auf die offene Tür. »Psst!« warnte er.
    Das Mädchen blickte auf und folgte seinen Augen. »Machen Sie sich deshalb keine Sorgen – jedenfalls jetzt nicht. Schnell, helfen Sie mir lieber!«
    Cargill bewegte sich schwerfällig. Die Gedanken überschlugen sich. Er wußte nicht, was er von dem Mädchen, beziehungsweise von ihrer Anwesenheit hier halten sollte. Er kniete sich neben sie und wurde sich ihres Parfüms bewußt. Irgendwie stieg es ihm zu Kopf. Einen Moment verschwamm der winzige Knopf, an dem sie zerrte, vor seinen Augen. Da rief sie erneut, noch drängender, wenn das überhaupt möglich war: »Beeilen Sie sich. Ziehen Sie daran! So fest Sie können!«
    Cargill setzte sich auf den Boden. Seine Miene wurde ihr offenbar jetzt erst bewußt, denn sie blickte ihn durchdringend an. »Was haben Sie denn? Rücken Sie heraus damit.«
    Er konnte nichts für seine aufgewühlten Gefühle, obgleich er sich wirklich bemühte, gegen seine Zweifel und Ängste anzukämpfen. »Wer sind Sie?« murmelte er.
    Das Mädchen seufzte tief. »Ich verstehe. Es geht alles zu schnell. Sie hatten noch nicht einmal Zeit nachzudenken. Also gut, bleiben wir eben hier, bis einer der Schatten kommt.«
    »Der was?«
    Sie seufzte noch tiefer. »Werde ich es denn nie lernen, meinen Mund zu halten? Jetzt fängt er natürlich schon wieder an!«
    Ihr Ton ergrimmte ihn. Sein Gesicht lief rot an. »Was soll das eigentlich alles?« fragte er barsch. »Was machen Sie hier? Was ...«
    Das Mädchen hielt eine Hand vor das Gesicht, als müßte sie Schläge abwehren. »Schon gut«, meinte sie. »Ich gebe auf. Also setzen wir uns zu einem gemütlichen Plausch. Ich bin Ann Reece. Vor vierundzwanzig Jahren wurde ich geboren. Mein erstes Lebensjahr verbrachte ich mehr oder weniger liegend. Dann ...«
    Sein wachsender Grimm ließ ihn erstaunlicherweise klar denken. Er half ihm, seine Gedanken zu konzentrieren und lose Fäden zusammenzuziehen. Sein Gesichtsausdruck schien sie zu beeindrucken. »Vielleicht wird es doch noch etwas«, murmelte sie. »Also schön, mein Freund. Noch vor einer Minute hätten Sie nichts von mir erfahren, aber ich glaube, ich habe mich in Ihnen getäuscht. So hören Sie denn: Sie wurden aus dem zwanzigsten Jahrhundert hierher – nun, in die Gegenwart gerissen. Doch darüber weiß ich auch nicht mehr. Ich gehöre einer Gruppe an, die gegen die Schatten ist. In ihrem Auftrag kam ich her, um Sie herauszuholen ...«
    Sie runzelte die Stirn. »Bitte fragen Sie mich jetzt nicht, woher wir von Ihrer Anwesenheit hier wußten. Stellen Sie bitte im Augenblick überhaupt keine weiteren Fragen, wir dürfen nicht noch mehr Zeit verlieren. Dieses Gerät, an dessen Knopf ich Sie zu ziehen bat, versetzte mich hierher, mitten in die Schattenstadt. Und es wird uns auch von hier fortbringen, wenn es Ihnen gelingt, den klemmenden Knopf freizukriegen. Versuchen Sie es bitte, selbst wenn Sie nicht mit mir kommen wollen. Sie dürfen gern hierbleiben und sich ermorden lassen, wenn Sie das so vergnüglich finden. So, und jetzt, ziehen Sie!«
    Ermordet werden! Das half! Nicht, daß er es vergessen hatte. Es war lediglich von seinen sich überschlagenden Überlegungen in den Hintergrund gedrängt worden. Er lehnte sich vor und streckte die Hand nach dem Knopf aus. Benommen schüttelte er den Kopf. Es war, als hätte er eine glitschige Ölschicht berührt. Seine Finger rutschten auf der Glätte aus. Er umklammerte

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