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Der Zwergenkrieg

Der Zwergenkrieg

Titel: Der Zwergenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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das Werk der Minenbohrer, schnitten rund um die Rampe ins Gestein der Tunnelwände. Anders als Mütterchen erwartet hatte, versuchten die Nordlinge nicht, die Bohrer geradewegs durch die riesige steinerne Falltür in der Decke zu treiben. Offenbar waren die Geräte zu schwer, um sie in derart steilem Winkel anzusetzen. Stattdessen führten die fünf Stollen mit vergleichsweise sanfter Steigung in die Seitenwände der Zwergenstraße. Die plumpe Form der Bohrer machte es unumgänglich, die Tunnel wie Spiralen nach oben zu schrauben, nicht zu steil, damit die Zwerge, die die Bohrer schoben, nicht unter deren Last zerdrückt wurden. Nur deshalb dauerten die Arbeiten so lange, und allein diesem Umstand hatten die Gefährten es zu verdanken, dass die Feinde noch nicht bis zum Hort vorgedrungen waren.
    »Die müssen schon seit einer halben Ewigkeit hier unten zugange sein«, entfuhr es Alberich atemlos.
    Mütterchen wollte etwas erwidern, doch im selben Augenblick entdeckte sie vier Nordlinge, die, angelockt vom Lärm der kollidierenden Minenbohrer, aus einem der Stollen gelaufen kamen. Die Krieger trugen Kleidung aus Fell und Eisenschalen, jener Löwenzahns nicht unähnlich. Ihre vor dem Gesicht geschlossenen Helme hatten schmale Augenschlitze, obenauf erhoben sich mächtige Hörnerpaare. Alle vier waren mit wuchtigen Breitschwertern bewaffnet.
    »Zurück in den Stollen!«, wies Mütterchen die anderen an. Die Freunde zogen sich zurück und beobachteten aus ihrem Versteck, wie die vier Krieger sich zögernd dem zerschmetterten Minenbohrer näherten. Das zweite Gerät, jenes, das Löwenzahn geschoben hatte, stand über den Trümmern wie eine triumphierende Urzeitbestie. Die beiden überlebenden Zwerge kauerten verletzt am Boden, der eine schleppte sich gerade zurück zu den Resten des Bohrers, um nach seinen toten Kameraden zu sehen.
    Die Nordlinge erreichten die Trümmer. Einer stieß den kriechenden Zwerg grob mit dem Fuß zur Seite, ein anderer lief eilig davon und verschwand in einem der Stollen. Mütterchen fluchte im Stillen. Sobald der Krieger seine Befehlshaber über den Vorfall in Kenntnis gesetzt hatte, würde es hier unten von Nordlingen nur so wimmeln. Sie hatte gehofft, ihre Gegner einzeln oder in kleinen Gruppen überraschen zu können; mit einer ganzen Heerschar aber würden sie es schwerlich aufnehmen können.
    »Sie sind nur noch zu dritt«, zischte sie den anderen entschlossen zu. »Jetzt oder nie!«
    Und schon stürmten Löwenzahn und Alberich vor, Mütterchen lief hinterher. Geist blieb am Eingang des Stollens zurück und schaute sich angestrengt nach einer Spur von pflanzlichem Leben um, irgendetwas, das ihr helfen würde, die Mächte, die in ihr schlummerten, aufzuwecken und einzusetzen. Doch hier unten gab es nicht einmal Schimmelpilze.
    Alberich ließ die Goldgeißel klirrend über seinem Kopf kreisen, aber Löwenzahn war schneller. Seine Erschöpfung war geschwunden. Mit weiten Schritten raste er auf den ersten Nordling zu. Löwenzahn war ihm an Größe ebenbürtig, dabei sogar noch eine Spur breitschultriger. Einem Zwerg mussten die Männer aus dem Nordland wie Riesen erscheinen, doch für den Halbhunnen waren sie gleichberechtigte Gegner.
    Löwenzahn mochte nicht besonders gewitzt sein, und manchmal stand seine Verliebtheit klaren Entscheidungen im Wege, doch mit dem Schwert vermochte er umzugehen wie kaum ein anderer. Der Nordling riss seine Waffe hoch und parierte Löwenzahns Hieb im letzten Moment, geriet dabei aus dem Gleichgewicht und stolperte nach hinten. Bevor Löwenzahn nachsetzen und zustoßen konnte, sprang bereits ein zweiter Nordlandkrieger herbei und attackierte ihn mit einer Serie heftiger Schläge und Stiche. Kurz sah es aus, als würde Löwenzahn unterliegen, doch dann gelang ihm ein Ausbruch aus seiner Defensive, er sprang vor, führte einen Stoß nach dem Hals des Gegners, nutzte dessen Abwehrschlag und zog sein Schwert in einer Drehung hinab zur Hüfte des Nordlings. Die Klinge des Zweihänders fuhr durch Fellwams und Fleisch des Kriegers, der Mann schrie unter seinem Helm dumpf auf, dann tötete Löwenzahn ihn mit einem zweiten Hieb in die Seite.
    Alberich schlug mit der Goldgeißel auf den dritten Nordling ein. Die vergoldeten Stachelkugeln krachten gegen den Brustpanzer des Kriegers, brachten ihn jedoch eher aus der Fassung als in echte Bedrängnis. Bald schon ließ der Mann sein Schwert herumwirbeln und drang damit auf den Horthüter ein. Die Geißel war eine hervorragende

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