GK0110 - Hochzeit der Vampire
Die vier graue Schatten huschten auf die Straße. Wie Schemen waren sie aus den Büschen zu beiden Seiten des schmalen Weges aufgetaucht.
Sie hatten auf den Einsamen gelauert.
Der Mann zitterte plötzlich. Kalter Schweiß legte sich auf seine Stirn. Er bereute es, sich auf den Weg gemacht zu haben. Aber er war Geschäftsmann, mußte sehen, daß er Geld verdiente, und Horror-Touren waren etwas Außergewöhnliches.
Der Mann hieß Janos Ruff. Im vorigen Monat war er vierzig Jahre alt geworden und hatte vor, doppelt so lange zu leben.
Ruffs Gedanken stockten. Die Wölfe schlichen näher. Kein Laut war zu hören. Die Bestien bewegten sich wie auf Samtpfoten.
Ruffs Blicke irrten zwischen den gelblich funkelnden Augen der Tiere hin und her. Jeden Moment rechnete er damit, daß sie ihn anfallen würden.
Nichts geschah. Sie standen um ihn herum und lauerten.
Sekunden wurden für Ruff zu Ewigkeiten. Wenn er doch nur etwas tun könnte…
Mit der Zeit flaute die Erregung ab. Seine Zunge huschte über die spröden, aufgerissenen Lippen. Der Wind trocknete den Schweiß.
Ruff atmete durch den Mund. Noch einmal riß er sich zusammen und wagte den ersten, vorsichtigen Schritt.
Den zweiten…
Die Wölfe wichen zur Seite, bildeten eine Gasse.
Ruff atmete auf. Langsam und auf Zehenspitzen ging er weiter.
Er hielt seinen Kopf zur Seite gewandt und beobachtete aus verdrehten Augen die Bestien.
Sie folgten ihm, flankierten den einsamen Wanderer.
Wie Leibwächter, dachte Ruff. Vielleicht waren sie es sogar.
Vielleicht hatte der Graf sie vorgeschickt.
Ja, so mußte es gewesen sein. Eine andere Möglichkeit konnte sich Ruff nicht vorstellen.
Er sah zum Himmel.
Wolkenberge türmten sich dort oben und wurden von dem Wind wie Spielbälle durcheinander geschleudert.
Der Mond war nicht zu sehen. Es funkelte auch kein einziger Stern. Es war eine Nacht zum Fürchten. Ideal für dunkle Gestalten aus dem Totenreich.
Janos Ruff ging weiter. Karren und Wagen hatten tiefe Furchen in den Weg gegraben. Die Erde war hart und trocken. Es hatte lange nicht mehr geregnet.
Ruff suchte eine Zigarette aus der Packung. Es waren amerikanische Stäbchen. Ruff mochte keine anderen.
Er riß ein Zündholz an. Der Wind blies die Flamme aus. Beim vierten Versuch brannte die Zigarette endlich.
Janos Ruff sog den Rauch tief in die Lungen. Seine Nerven beruhigten sich etwas.
Der Mann rauchte hastig. Schon nach ein paar Minuten warf er die Zigarette weg. Sie wurde vom Wind noch weiter getrieben und blieb dann im Graben für kurze Zeit als glühender Punkt liegen.
Die Wölfe waren noch immer da, ließen den Mann keine Sekunde aus den Augen.
Ruff ging schneller. Durch den Aufenthalt vorhin hatte er zuviel Zeit verloren. Und er wollte pünktlich sein. Zuviel hing davon ab.
Dann hatte er sein Ziel erreicht. Ein anderer Pfad schnitt seinen Weg, er wurde zum Kreuzweg.
Der Kreuzweg! Mythen und Legenden rankten sich darum.
Der Kreuzweg war die Inkarnation des Bösen. Gerade in Süd- und Osteuropa spielte er eine große Rolle. Er wurde von den Menschen gemieden, denn er galt als Treffpunkt der Untoten und Hexen.
Janos Ruff blieb stehen. Ein unheimliches Gefühl beschlich ihn, denn auch er kannte die alten Geschichten.
Ruffs Blick wanderte ein Stück zur Seite, saugte sich an der knorrigen uralten Eiche fest, die ihre dicken Äste wie lange Totenfinger in den grauen Himmel reckte.
Der Galgenbaum! Noch vor siebzig Jahren hatte man hier Mörder und Sittenstrolche gehängt. Nachts – meistens bei Vollmond – sollten die Geister der Verbrecher noch heulen und wehklagen.
Ruff dachte an den Mann, den er hier treffen wollte.
Graf Montesi. Er kannte ihn nicht, hatte nicht einmal von ihm gehört. Brieflich war der Graf an ihn herangetreten. Er hatte Ruffs Annonce in der Zeitung gelesen.
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Dann war der Anruf von Graf Montesi gekommen. Der Graf hatte sich nach den Bedingungen erkundigt und sein Schloß zur Verfügung gestellt. Es lag irgendwo in den Karpaten. Ruff sollte erst heute Einzelheiten erfahren. Doch eins mußte er dem Grafen versprechen. Er durfte mit niemandem über dieses Treffen reden.
Da Janos Ruff sowieso ein Einzelgänger war, hatte ihn das nicht weiter gestört.
Ruff sah auf seine Uhr.
Noch zehn Minuten bis Mitternacht. Dann würde sich alles entscheiden.
Wieder warf er
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