Deutschland allein zu Haus
Brille auf und versuche, in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Und folge auf der Stelle vor lauter Angst dem Harry Breitschuh fast ins Jenseits! Wenn ich es nicht besser wüsste, müsste ich annehmen, dass wir, trottelig wie wir sind, in ein Nazi-Jahrestreffen reingeraten sind!
Ich renne wie auf Knopfdruck los, so wie ich noch nie in meinem Leben gerannt bin!
Ich überhole locker ein Rennrad nach dem anderen! Die 15 bis 20 Skins, die sofort nach mir rausgestürmt sind, um sich für meinen kurzen, aber feinfühligen Vortrag zu bedanken, geben nach einiger Zeit frustriert auf, obwohl sie viel windschnittiger sind als ich.
50 Um wieder zu ein wenig Luft, zu Besinnung und zu Verstand zu kommen, vertrödeln wir an der Weserpromenade etwas Zeit, bis wir unseren Franz-Josef und dessen Insassen wieder in die Arme schließen können.
Ich werde sofort nostalgisch, als ich völlig verwundert sehen muss, wie einige Frauen mit langen Besen völlig apathisch die Straßen fegen.
»Eminanim, schau dir doch mal die zum Straßenkehren zwangsrekrutierten Frauen an. Genau wie früher im kommunistischen Bulgarien und Jugoslawien.«
»Nachdem die Ausländer Hals über Kopf Deutschland verlassen haben, ist die demografische Bevölkerungspyramide komplett eingestürzt«, meint sie. »Der Altersdurchschnitt liegt jetzt so bei 62,7 Jahren. Ein Arbeiter muss mittlerweile 11,4 Rentner ernähren.«
»Das ist aber kompliziert«, kratze ich am Kopf. »Wie will man einen 0,4-Rentner ernähren, dass er auch richtig satt wird?«
Früher habe ich hier so gern Kindern beim Fußballspielen zugeguckt. Jetzt sind die ganzen Plätze rings um das Weserstadion komplett leer. Die Jugendmannschaften habensich längst aufgelöst, weil sie mindestens zur Hälfte aus Migrantenkindern bestanden.
Völlig überrascht sehen wir in dem Augenblick einen Türken mit einem dicken Schnurrbart und stolzgeschwellter Brust die Weser entlangspazieren.
»Das kann doch nicht wahr sein! Es gibt ja doch noch einen anderen Türken in Deutschland. Das senkt den Altersdurchschnitt von 62,7 sofort auf 62,69 Jahre«, lacht meine Frau.
»Bruder, ich dachte, meine Familie und ich sind die letzten Türken hier! Wo hast du dich denn die ganze Zeit versteckt?«, rufe ich mit offenen Armen freudestrahlend und klopfe ihm aufmunternd auf die Schulter.
»Spinnen Sie, ich bin doch kein Türke!«, weist er mich zurecht. »Ich solidarisiere mich nur seit heute Morgen mit denen.«
»Seit heute Morgen? Sie haben also mit Ihrer Solidaritätsaktion so lange gewartet, bis man alle Türken aus Deutschland weggejagt hat?«, frage ich leicht verdutzt.
»Das ist überhaupt kein Widerspruch! Ich hab mich voriges Jahr auch mit den vom Aussterben bedrohten japanischen Walen und Delfinen solidarisiert, und die gab’s noch nie lebend in Deutschland.«
»Stimmt, nur in Suschiform. Es ist doch so viel vorteilhafter, wenn man sich mit irgendwelchen Opfern erst solidarisiert, wenn sie vertrieben oder ausgerottet worden sind, nicht wahr«, antwortet Eminanim etwas ironisch. Heute ist mein Eheweib ja echt gut drauf. Seitdem wir soeben knapp dem Nazi-Mob entwischt sind, jagt bei ihr ein Witz den nächsten.
»Wenn Sie hier frech werden wollen, dann kann ich mich auch mit etwas anderem solidarisieren«, keift der Mann zurückund reißt seinen Schnurrbart einfach ab. »Daran sind Sie jetzt aber selber schuld.«
»Danke, Eminanim, wir hatten ohnehin genug Schulden: Bankschulden, Mietschulden, Wettschulden, Regenschirmschulden …«
»Regenschirmschulden?«
»Lass uns schnell abhauen!«, sage ich und zeige auf den Spinner Hasso Hammerhasser, der schnellen Schrittes zu uns rübereilen will.
Zum Glück fährt gerade eine lange Kolonne von Militär-Lkw vorbei und hindert den Hammerhasser daran, zum Weserufer rüberzukommen.
Unglaublich, aber wahr! Diesen besonderen Tag muss sich die Menschheit unbedingt ganz dick im Kalender eintragen:
Zum ersten Mal in seiner Geschichte hat das deutsche Militär was Sinnvolles gemacht, indem es einer unsäglichen Nervensäge brutal den Weg abschnitt!
Aber was danach kommt, vermasselt leider wieder alles. Aus großen Lautsprechern wiederholen die Lkw KHKs legendäre Rede, die er vor 2 Tagen im NEP-Sender gehalten hat:
»Wir wollen wieder die Reichsregierung zurückhaben, meine Damen und Herren Kameraden«, brüllt der einäugige Demagoge Kartoff, »unser Vorsitzender Puffer und ich widmen unser Leben dieser ruhmreichen Sache. Wir werden sehr bald dieses lächerliche,
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