Deutschland allein zu Haus
euch denn so?«, antworte ich ihm mit seiner eigenen Frage.
»Wieso ›ihr beiden‹? Siehst du doppelt, Vater, bist du etwa besoffen? Außerdem habe ich zuerst gefragt«, grinst Mehmet, als wäre nichts geschehen, als wäre er nicht seit Wochen wie vom Erdboden verschwunden, als hätten wir keine Naziplage in Deutschland, als würde nicht gerade der Obernazi Kartoff auf unserem Klo sitzen!
»Mehmet, bist du jetzt ein Nazi, bist du schwul, bist du ein Geist oder bist du alles drei?«
Meiner Frau Eminanim ist das alles so was von egal!
Sie ist so unglaublich häppy – passend für ein hübschesHäppy End –, dass ihr Sohn doch noch lebt, schließt ihn überglücklich und mit Tränen in den Augen strahlend in die Arme …
»Mehmet, deine Mutter und ich, wir können ja nicht beide gleichzeitig den gleichen Tagtraum gehabt haben, oder? Was hast du mit dem blöden Kartoff in unserem Klo zu tun? Leidet dein neuer Freund Karl-Heinz unter Verstopfung?«
»Schau doch selber im Badezimmer nach«, sagt er locker.
»Auf den unappetitlichen Anblick eines scheißenden Nazis kann ich echt sehr gern verzichten.«
Als Mehmet die Unmöglichkeit erkennt, uns ohne Weiteres irgendwie vom Gegenteil überzeugen zu können, läuft er selber ins Badezimmer und kommt ein paar Sekunden später als Karl-Heinz Kartoff zurück.
Die gleichen Klamotten, die gleiche Augenklappe, die gleiche kaputte Nase! Also genau der gleiche einäugige Bandit, den wir seit Wochen im Fernsehen ertragen müssen.
»Die blonden Haare müsst ihr euch einfach dazu denken«, lacht er, »ich hab keine Lust, sie noch mal zu färben. Es war schon schwer genug, sie eben abzuschneiden.«
Dann erzählt er uns die ganze Nacht hindurch, wie er am Anfang als Deutscher getarnt mit blond gefärbten Haaren zum Marktplatz gegangen sei, um die Nazidemo von innen aufzumischen. Dass er dann mit kaputter Nase und blauem, zugeschwollenem Auge im Krankenhaus gelandet sei – im gleichen Zimmer wie Puffer von der NEP, der auch ein paar leichte Schrammen abbekommen hatte.
»Ich sagte ihm am Anfang locker, ›ich bin auch Kartoffel‹, das wurde später mein Name – Karl-Heinz Kartoff! Ich konnte ihm doch nicht sagen, wer ich bin, und machte einenauf Fascho. Vor der Tür standen immer ein Dutzend von seinen Gorillas.«
Puffer ist nach kurzer Zeit so begeistert von Mehmet, dass er ihn in die Führungsriege der Partei einschleust.
»Das kann ich ganz gut nachvollziehen«, sage ich. »Unter Blinden ist der Einäugige immer der König!«
»Dann nahm mich natürlich sofort der Verfassungsschutz ins Visier«, erzählt Mehmet weiter. »Bei der NEP wimmelt es ja nur so von V-Leuten. Viele sind aber Doppel-V-Leute. Tun so, als wenn sie für den Staat arbeiten würden, sind aber immer noch für die Nazis aktiv und werden dafür auch noch fürstlich belohnt. Deswegen konnte ich mich bei euch nie melden.«
Am nächsten Tag zum Frühstück stattet uns der Chef des Verfassungsschutzes höchstpersönlich einen Besuch ab:
»Als wir seine wahre Identität herausbekamen, haben wir alles getan, damit er in der Parteihierarchie noch weiter aufsteigt und nicht enttarnt wird«, meint er, während er an seinem schwarzen Tee nippt. »Aber die Doppel-V-Männer hatten Ihren Sohn Mehmet sofort auf dem Kieker. Die waren misstrauisch, dass dieser höchst talentierte Jungnazi Karl-Heinz Kartoff nicht ganz koscher ist.«
»Kein Wunder«, unterbreche ich ihn. »Als wir ihn immer wieder im Fernsehen sahen, habe ich meiner Frau öfters gesagt: Eminanim, schau doch, wenn er keine Augenklappe hätte, wenn seine Nase anders wäre, wenn er schwarze Haare und dazu andere Klamotten hätte und nicht ganz so ein Nazi wäre, dann wäre er unser Sohn Mehmet.«
»Die Doppel-V-Männer haben unzählige Wohnungen abgehört, weil sie sich einfach nicht erklären konnten, wo dieser Karl-Heinz Kartoff so urplötzlich herkommt«, klärt unsder Schlapphut weiter auf. »Deswegen gaben wir Mehmet für alle Fälle Personenschutz.«
»Oh, stimmt! Ich hab meine beiden Gorillas unten auf der Straße ja ganz vergessen«, ruft Mehmet plötzlich laut. »Ich hol sie mal schnell rauf.«
»Bitte keine wilden Tiere im Haus! Das ist doch ein Kündigungsgrund«, ruft meine Frau ziemlich besorgt aus der Küche und bringt Mehmet 2 Bananen. »Gib denen lieber das hier!«
»Wir haben über die NEP unglaublich viel erfahren«, grinst Mehmet, während er genüsslich an der Banane kaut, »die haben sich endgültig richtig in die Scheiße
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