Deutschland schafft sich ab - Wie wir unser Land aufs Spiel setzen
leicht überdurchschnittliche Fruchtbarkeit auswiesen. Der Anteil junger Menschen an der Bevölkerung stieg wieder stetig, nachdem die geburtenstarken Jahrgänge aus den 1960er Jahren das neunte Lebensjahrzehnt erreicht hatten und altersbedingt schnell abnahmen.
Bei den Migranten aus Nah- und Mittelost sowie aus Afrika hatten die Reformen bei den Sozialtransfers in wenigen Jahren dazu geführt, dass deren Fruchtbarkeit unter den bundesdeutschen Durchschnitt sank. Die scharfen Sanktionen gegen Bildungsverweigerer taten ein Übriges. Befreiungen vom Sport- und Schwimmunterricht aus religiösen Gründen waren 2030 durch einen Beschluss der Kultusministerkonferenz untersagt worden. Bereits 2020 waren Schuluniformen eingeführt und ein Kopftuchverbot ausgesprochen worden.
In den klassischen Migrantenvierteln sah man immer weniger Frauen mit Kopftuch. Das lag auch an den dort sinkenden Einwohnerzahlen. Der geringe Familiennachzug, das Ausbleiben von Wohlstandsflüchtlingen und der anhaltende Fortzug der wirtschaftlich Erfolgreichen machten sich von 2040 an immer deutlicher bemerkbar: Die Migrantenquartiere der Großstädte schrumpften, und man hörte immer weniger Türkisch und Arabisch auf den Straßen.
Die Integration schien vollzogen, Historiker sahen darin eine Parallele zur Integration der polnischen Zuwanderer im Ruhrgebiet in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. So wie damals blieben als wesentliche Erinnerung nur die ausländisch klingenden Namen einiger prominenter Fußballer.
Soweit die beiden Szenarien. Auch das Tragische hat seine humoreske Seite, und die Wirklichkeit schreibt bekanntlich die besten Satiren. Es gibt für die Politik dringenden Anlass zum Handeln. Möglichkeiten und Ansatzpunkte gibt es auch, dieses Buch soll dazu einen Beitrag liefern. Mit den Worten einer untergegangenen Sprache rufe ich der Politik zu:
Hic Rhodus, hic salta!
Dank
Die Idee zu diesem Buch stammt aus dem Mai 2008, und sie stammt nicht von mir. Tobias Winstel von der Deutschen Verlags-Anstalt sprach mich an, ob ich nicht mit einem Buch zur politischen Debatte über den deutschen Sozialstaat beitragen wolle. Ich zögerte, wir kamen ins Gespräch, diskutierten über eine Konzeption, und im Herbst 2008 sagte ich zu.
Natürlich dauerte die Arbeit an dem Projekt länger als geplant, und es änderte auf dem Weg zur Vollendung immer wieder seinen Inhalt.
Nicht jeder teilt meine Freude an prägnanten Formulierungen. Friedrich Thelen erklärte sich bereit, das Werk vor dem Hintergrund seiner langjährigen journalistischen Erfahrung durchzusehen. Das hat er mit Akribie getan. Seine Ratschläge habe ich weitgehend berücksichtigt.
Das Lektorat von Ditta Ahmadi hat die Lesbarkeit des Buches wesentlich verbessert. Sie hat Wiederholungen ausgemerzt und auch kleinere Ungenauigkeiten unnachsichtig hinterfragt. Nicht überall zeigte ich Einsicht: Wenn der Leser findet, da und dort gebe es eine Tabelle zu viel, so kann er sicher sein, dass sie bereits darauf hinwies.
Meine Frau Ursula Sarrazin hat an das Manuskript in seinen unterschiedlichen Stadien immer wieder die Sonde des gesunden Menschenverstandes angelegt. Bei allen Aussagen zur Bildung war sie mir ein wichtiger fachlicher Gesprächspartner. Die Anschläge, die
solch ein Buch auf das Zeitbudget eines Autors verübt, hat sie mit Grazie ertragen.
In den letzten beiden Jahren habe ich wiederholt erfahren, welche Empfindlichkeiten manche Punkte wecken, die ich anspreche. Ich habe versucht, Zuspruch und Widerspruch produktiv umzusetzen, und äußere hier meine persönlichen Ansichten, unabhängig von beruflichen Tätigkeiten. Es schadet nicht, die eigene gefestigte Meinung immer wieder in Frage zu stellen, denn in der Weite der sozialen Wirklichkeit gibt es nur wenige endgültige und abschließende Antworten.
Thilo Sarrazin
Berlin, im Juni 2010
Personenregister
Abdullah ibn Abd al-Aziz, König von Saudi-Arabien
Aboutaleb, Ahmed
Ackermann, Josef
Adenauer, Konrad
Akin, Fatih
Ali, Ayaan Hirsi
Apotheker, Léo
Aristoteles, griech. Philosoph
Arnold, Jack
Arrow, Kenneth
Artelt, Cordula
Ash, Timothy Gordon
Assheuer, Thomas
Ates, Seyran
Augustus, röm. Kaiser
Bahners, Patrick
Balci, Güner Yasemin
Bauer, Joachim
Beck, Ulrich
Becker, Boris
Berrely, Claude
Birg, Herwig
Blume, Michael
Böger, Klaus
Bokassa, Jean-Bédel
Botsch, Gideon
Brändle, Peter
Brandt, Willy
Breughel, Pieter
Bude, Heinz
Bueb, Bernhard
Burckhardt, Jacob
Buschkowsky,
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