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DGB 01 - Aufstieg

DGB 01 - Aufstieg

Titel: DGB 01 - Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Abnett
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Seine
Worte wurden durch die Mikrofone verstärkt, die auf dem Podium aufgebaut waren,
sein Gesicht durch Bildübertragung auf die hololithische Wand hinter ihm
projiziert. Auf der Wand war sein Lächeln drei Meter breit.
       »Ich dachte eher an Rüpel
oder Demagogen, Memed, aber >Lügner< ist angemessen. Tatsächlich reicht
die Bezeichnung tiefer als meine. Gut gemacht. Lügner. Das eine, was zu
werden wir nicht zulassen dürfen.«
       Sindermann trank einen
Schluck Wasser, bevor er fortfuhr. Loken setzte sich ganz hinten im Saal auf
einen freien Platz. Sindermann war groß, jedenfalls groß für einen normalen
Menschen, und hatte eine stolze, aufrechte Haltung mit sparsamen Bewegungen und
einem patrizischen Kopf mit feinen weißen Haaren. Seine Augenbrauen waren
schwarz wie die Winkel auf den Schulterschützern der Luna Wolves. Er hatte eine
einnehmende Ausstrahlung, aber es war seine Stimme, die wirklich zählte. Tief,
abgerundet, mild und leidenschaftlich, war es letzten Endes der Tonfall, der
aus einem Iterator-Kandidaten einen Iterator machte. Eine weiche, köstliche,
reine Stimme, die Vernunft, Aufrichtigkeit und Vertrauen kommunizierte. Es war
eine Stimme, für die es sich lohnte, hunderttausend Menschen zu durchkämmen, um
sie zu finden.
       »Wahrheit und Lügen«, fuhr
Sindermann fort. »Wahrheit und Lügen. Ich reite jetzt wieder mein Steckenpferd,
ist Ihnen das klar? Ihr Mittagessen wird sich verschieben.«
       Leise Belustigung wanderte
durch die Reihen.
       »Große Taten haben unsere
Gesellschaft geformt«, sagte Sindermann. »Die größte davon war, physikalisch
betrachtet, die offizielle und vollständige Einigung Terras seitens des
Imperators, mit deren äußerlicher Fortsetzung, diesem Großen Kreuzzug wir jetzt
beschäftigt sind. Aber intellektuell gesehen war unsere größte Tat das
Abstreifen jenes schweren Mantels, der Religion genannt wird. Religion hat
unsere Rasse viele tausend Jahre heimgesucht, vom tiefsten Aberglauben bis zu
den höchsten Konklaven spirituellen Glaubens. Sie hat uns zum Wahnsinn
getrieben, zum Krieg, zum Mord, sie hat wie eine Krankheit über uns gehangen,
wie die Eisenkugel eines Strafgefangenen. Ich werde Ihnen sagen, was Religion
war... Nein, sagen Sie es mir. Sie, bitte?«
       »Unwissenheit, Iterator.«
       »Ich danke Ihnen, Khanna.
Unwissenheit. Schon von jeher hat unsere Rasse danach getrachtet, das Wirken
des Kosmos' zu begreifen, und wo dieses Begreifen misslang oder nicht reichte,
haben wir die Lücken ausgefüllt und alle Diskrepanzen mit blindem Glauben überdeckt.
Warum wandert die Sonne über den Himmel? Ich weiß es nicht, also schreibe ich
es den Bemühungen eines Sonnengottes in einem goldenen Streitwagen zu. Warum
sterben die Menschen? Ich kann es nicht sagen, gebe aber dem Glauben den
Vorzug, dass es das zwielichtige Geschäft eines Schnitters ist, der Seelen in
irgendeine Nachwelt schafft.«
       Seine Zuhörer lachten.
Sindermann stieg von seinem Podium herab und ging zu den untersten Stufen der
Bühne, jenseits der Reichweite der Mikrofone. Obwohl er die Stimme senkte,
reichte ihre geübte Klarheit, jenes ausgebildete Werkzeug aller Iteratoren, um
seine Worte auch unverstärkt durch den ganzen Saal zu tragen.
       »Religiöser Glaube. Der
Glaube an Dämonen, der Glaube an Geister, der Glaube an ein Nachleben und all der
andere Zierrat einer übernatürlichen Existenz waren nur da, damit wir uns im
Angesicht eines unermesslichen Kosmos' behaglicher und zufriedener fühlen
konnten. Es waren Beruhigungspillen, Stärkungen der Seele, Krücken für den
Intellekt, Gebete und Amulette, um uns durch die Finsternis zu helfen. Aber wir
haben den Kosmos nun erlebt, meine Freunde. Wir haben ihn durchfahren. Wir
haben das Gefüge der Wirklichkeit ergründet und begriffen. Wir haben die Sterne
von hinten gesehen und festgestellt, dass sie keine Uhrwerke in sich haben,
dass sie nicht von goldenen Streitwagen über den Himmel getragen werden. Uns
ist klar geworden, dass wir weder Gott noch Götter brauchen und deswegen auch
keine Dämonen, Teufel und Geister. Die größte Leistung der Menschheit war die,
sich als säkulare Kultur neu zu erfinden.«
       Daraufhin applaudierte ihm
seine Zuhörerschaft von ganzem Herzen. Es gab einige Rufe der Zustimmung.
Iteratoren waren nicht einfach nur in der Kunst der öffentlichen Rede geschult.
Sie waren für beide Seiten des Geschäfts ausgebildet. Inmitten einer Menge
konnten Iteratoren sie mit ein paar

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