DGB 02 - Falsche Götter
Bruch der Eti kette — er hatte ihre Hand ignoriert und ihr eine Frage gestellt, bevor sie einander offiziell vorgestellt
waren. »Das bin ich in der Tat, Milord.«
»Nennen Sie mich nicht so«, sagte er.
»Oh ... gewiss ... wie soll ich Euch anreden?«
»Horus und Sie wäre ein guter Anfang«, sagte er, und als
sie zu ihm aufblickte, sah sie, dass er strahlend lä chelte. Die Krieger hinter ihm versuchten ohne Erfolg,
ihre Belustigung zu verhehlen, und Petronella begriff, dass Horus mit ihr spielte. Sie zwang sich, sein Lächeln zu erwidern, während sie die Verärgerung über seine Zwanglosigkeit verbarg. »Ich danke Ihnen. Das werde ich.«
»Sie wollen mich also dokumentieren?«, fragte Horus. »Wenn Sie mir gestatten, diese Rolle auszufüllen, ja.« »Warum?«
Sie hatte mit vielen Fragen gerechnet, aber nicht mit einer so schlichten, so unverblümt gestellt.
»Ich glaube, dass es meine Berufung ist, Milord ...«, begann sie. »Als Spross des Hauses Carpinus ist es meine Bestimmung, große Dinge und gewaltige Taten aufzuzeichnen und die Herrlichkeit dieses Krieges ein zufangen — das Heldentum, die Gefahr, die Gewalt und die
volle Wut einer Schlacht. Ich möchte ...«
»Haben Sie jemals eine Schlacht erlebt, Mädchen?«, fragte Horus.
»Nun, nein. Eigentlich nicht«, sagte sie, während sich ihre Wangen vor Zorn über die Bezeichnung »Mädchen« röteten.
»Das
dachte ich mir«, sagte Horus. »Nur jene, die noch
nie einen Schuss abgefeuert und auch nicht die Schreie und das Stöhnen der Sterbenden gehört haben, rufen laut nach Blut, Vergeltung und Verwüstung.
Wol len Sie das? Ist das Ihre
>Berufung«
»Wenn das der Krieg ist, ja«, sagte sie, nicht gewillt, sich von seinem flegelhaften Benehmen einschüchtern zu lassen.
»Ich will alles sehen. Alles sehen und Horus' Ruhm für zukünftige Generationen aufzeichnen.«
»Horus' Ruhm«, wiederholte er; die Wendung schien ihm zu gefallen. Er spießte sie mit seinem Blick auf und sagte: »In meiner Flotte gibt es viele Memoratoren, Fräu lein Vivar. Sagen Sie mir, warum ich Ihnen diese Ehre überlassen sollte.«
Wiederum durch seine Direktheit aus der Fassung ge bracht, suchte sie nach Worten, und der Kriegsmeister gluckste über ihre Verlegenheit. Ihre Verärgerung
drängte wieder an die
Oberfläche, und bevor sie sich daran hin dern konnte, sagte sie: »Weil keiner aus dem zusammen gewürfelten Haufen Memoratoren, den Sie hier versam melt haben, seine Arbeit so gut machen wird wie ich. Ich werde Sie
unsterblich machen, aber wenn Sie glauben, Sie können mich mit Ihren schlechten Manieren und Ihrer hochtrabenden Art herumschubsen, können Sie zur Hölle fahren ... Milord.«
Donnernde Stille breitete sich aus.
Dann lachte Horus, ein hartes Geräusch, und sie wuss te, dass sie in einem einzigen Aufflackern von Wut alle ihre Hoffnungen zunichtegemacht hatte.
»Sie gefallen mir, Petronella Vivar aus dem Hause Carpinus«, sagte er. »Sie sind geeignet.«
Ihr fiel die Kinnlade herunter, und das Herz schlug ihr bis in den Hals. »Wirklich?«, fragte sie, voller
Furcht, er könne wieder mit ihr
spielen.
»Wirklich«, bestätigte Horus.
»Aber ich dachte ...«
»Hören Sie, Mädchen, normalerweise habe ich mir nach zehn Sekunden ein Urteil über eine Person gebil det, und das ändere ich nur sehr selten. Im Augenblick ihres Eintretens habe ich die Kämpfernatur in Ihnen ge sehen. In ihnen steckt etwas von einem Wolf, und das gefällt mir. Nur noch eine Sache ...«
»Ja?«
»Nicht so förmlich nächstes Mal«, grinste er. »Wir sind hier auf einem Kriegsschiff und nicht in den Salons von Merica. Und jetzt muss ich mich entschuldigen, fürchte
ich, ich muss nach Davin, um einen Kriegsrat abzuhal ten.«
Und damit war sie ernannt.
Es erstaunte sie immer noch, dass es so leicht gewesen War. Obwohl es bedeutete, dass die meisten formellen Kleider, die sie mitgebracht hatte, jetzt völlig unange messen waren, was sie zwang, sich in unerträglich pro saische Kleidung zu zwängen, die mehr zu den Armen häusern der Gyptus-Türme passten. Die Damen der Gesellschaft hätten sie jedenfalls nicht mehr erkannt.
Sie lächelte über die Erinnerung, während ihre tasten den Finger das Ende des Schreibtischs erreichten und auf einem alten Wälzer mit rissigem Ledereinband und verblichenen Goldbuchstaben verharrten. Sie schlug das Buch auf und blätterte müßig darin, um dann auf einer Seite mit einem komplizierten astrologischen Diagramm der Umlaufbahnen von
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