DGB 14 - Ketzerfürst
Boden, da Lorgar ihn
nicht länger festhielt. Mit beiden Fäusten umfasste er den blutverschmierten
Streithammer und presste die Zähne aufeinander. »Nein«, hauchte er mit
inbrünstiger Überzeugung.
Kor Phaerons Gesicht war mit
Wunden übersät, und trotz seiner augmetischen Organe ging sein Atem keuchend
und rasselnd. Das Gefecht machte ihm massiv zu schaffen, und als er einen
Moment lang Erebus anschaute, wechselte etwas zwischen den beiden über, das an
Abscheu erinnerte.
»Ihr Handeln auf diesem
Schlachtfeld ist vorbestimmt«, sagte Erebus in einem Ton, als würde er eine
Predigt halten. »Sie dürfen sich jetzt noch nicht Ihren Brüdern stellen. Das
ist Schicksal. Wir spielen die uns zugewiesene Rolle, die das Pantheon
von uns erwartet.«
»Töten ... Sie ... die ...
Raven Guard«, knurrte Kor Phaeron zwischen blutenden Lippen hindurch. »Dafür sind
Sie hier, Junge.«
Lorgar trat vor und schaute
seinen Mentor und Pflegevater an.
»Nein.« Kor Phaeron schrie vor
Frust und Wut auf, während Erebus die Fassung bewahrte. »Sie haben
jahrzehntelang daran gearbeitet, eine Armee der Getreuen aufzustellen, Sire.
Eine Legion, die für Ihre Sache zu sterben bereit ist. Weichen Sie nicht jetzt
von Ihrem Plan ab, da Sie das besitzen, wovon Sie so lange geträumt haben.«
Daraufhin wandte sich Lorgar ab und betrachtete zunächst die fliehenden Raven
Guard, dann Corax, der sich seinen Weg durch die Reihen der Word Bearers — in
grauen Rüstungen ebenso wie in karmesinroten — hindurch freischlug.
»Wir haben Götter gefunden, die
wir anbeten können«, sagte er mit starrem Blick. »Aber wir sind nicht deren Sklaven.
Mein Leben gehört mir.«
» Er wird Sie töten!« Kor
Phaerons Terminator-Panzerung machte ihn so schwerfällig, dass er nicht schnell
laufen konnte, doch das änderte nichts daran, dass aus seiner Stimme unter Wut
und Panik verborgen echte Angst und Trauer herauszuhören waren. »Lorgar! Lorgar,
nicht!« Der Primarch rannte los, seine Stiefel trampelten die aufgewühlte
Erde und die Toten aus der Legion seines Bruders platt. Zum ersten Mal in
seinem Leben stürzte er sich in einen Kampf, bei dem er nicht auf einen Sieg
hoffen konnte.
»Und mein Tod gehört auch mir«,
keuchte er im Laufen.
Er sah, wie sein Bruder — ein
Mann, mit dem er in den zweihundert Jahren seiner Existenz kaum ein Wort
gesprochen hatte, ein Mann, den er kaum kannte — seine Söhne in blinder Wut
abschlachtete. Es war nicht daran zu denken, ihn zu bekehren und Corax für
seine Sache zu gewinnen. Er konnte nicht mal darauf hoffen, den Mann genügend
zu erleuchten, damit der seinem Morden ein Ende setzte. Lorgars eigener Zorn
gewann die Oberhand und ließ das leidenschaftslose Morden von vor wenigen Augenblicken
verglühen. Während sich der Primarch der Word Bearers einen Weg durch die
Reihen der Raven Guard bahnte, um zu seinem Bruder zu gelangen, spürte er, wie
eine Macht in ihm kochte, die sich danach verzehrte, entfesselt zu werden.
Stets hatte er sein psionisches
Potenzial unterdrückt, er hatte es versteckt gehalten, weil er es verabscheute.
Es war unzuverlässig,
willkürlich, instabil und schmerzhaft — völlig anders als die Gabe, die es für
Magnus darstellte, weshalb er es stets für sich behalten hatte, verborgen
hinter undurchdringlichen Mauern.
Jetzt nicht mehr. Ein
Befreiungsschrei bahnte sich seinen Weg, aber nicht aus seiner Kehle, sondern
aus seinem Geist. Der Schrei wurde über das ganze Schlachtfeld getragen, er
hallte in der Leere des Alls wider. Energiefunken sprühten aus seiner Rüstung,
und ein endlich entfesselter sechster Sinn atmete in seinem Innersten tief ein,
ein sechster Sinn, dessen Reinheit womöglich vom Chaos eingefärbt worden war.
Ein Geräusch wie die Brandung auf der See der Seelen jagte durch die Schlucht,
und Lorgar spürte, wie sich die Hitze seiner eigenen Wut manifestierte. Seine
ungebändigte Macht streckte sich aus, nicht nur, um seine körperliche Form zu
verstärken, sondern auch, um sich an seine Söhne auf dem Schlachtfeld wenden zu
können.
Und dort stand er mitten im
Herzen des Kampfgeschehens, mit Schwingen versehen und von den amorphen Spuren
psionischer Feuer in einen Strahlenkranz getaucht, während er den Namen seines
Bruders in den Sturm hinausschrie.
Corax antwortete mit einem
lauten Kreischen, dem Ruf des Verräters, dem Schrei des Verratenen — und dann
trafen der Rabe und der Ketzer mit Crozius und Klaue aufeinander.
Dies, sprach die Stimme, ist
der
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