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Diadem von den Sternen

Diadem von den Sternen

Titel: Diadem von den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Der Verlust des Diadems
     
    Der Dieb schritt vorsichtig durch Wogen von milchigem Nebel hin zum Fuß einer Mauer, die aufstieg, bis der Nebel sie verschluckte; sein hautenger Anzug aus Chamäleon-Gewebe imitierte den opalfarbenen Nebel, bis er ein fahler Schatten unter Schatten war. Er berührte seinen Gürtel, und plötzlich entstand ein Lichtkreis unter seinen Füßen. Eine weitere Berührung. Leise, wie eine Seifenblase, trieb er an den flackernden Kraftfeldern, die die Mauer überzogen, nach oben, wobei sich die Nebeldecke über seinem Kopf teilte und unter seinen Füßen wieder schloß, während er stumm hinaufglitt. Gebrochen und anonym wehten Geräusche an ihm vorbei, zu natürlich und arhythmisch, um angespannte Nerven zu lockern.
    Unvermittelt endete die Mauer in einer Krone mit breiter Oberfläche, aber er stieg weiter auf, bis seine Füße eine Handspanne über dem Rand waren, dann berührte er erneut den Gürtel und schwebte seitwärts, glatt und stumm in seinem milchigen Universum aus Nebel. Einen Meter … zwei … Den Gürtel berühren … Hinab … In einem langen, langsamen Bogen zum unsichtbaren Boden hinunter …
    Über die durchnäßte, poröse Erde gleitend, die Füße eine Handspanne von der Berührung entfernt, den Körper angespannt nach vorn gebeugt … Der Lichtkreis flimmerte, stockte, und der Atem des Diebes war krächzend und rauh. Er nutzte die letzten Momente des Gleichgewichts, dann stürzte er nach vorn …
    Ein schwaches Schaben auf dem schwarzen Stein unter seinen Zehen. Eine Minute lang stand er vollkommen still, die Augen geschlossen, um seinen vibrierenden Körper in eine leichter reagierende Ruhe zu zwingen. Er zog den Handschuh von seiner rechten Hand, drückte einen blaß leuchtenden Ring gegen den Schloß-Sensor, und wartete darauf, daß die massive Tür zur Seite glitt.
    Das massige Schwarz vibrierte, schwankte schlangenartig schwarz auf schwarz, eigenartig spürbar. Seine Schattengestalt huschte langsam wie eine Schlange voran, bog sich, drehte sich, ging auf den eigenen Spuren zurück, der enganliegende Anzug mischte sich schwarz in schwarz, schmale, eisblaue Augen glitzerten winterkalt in dem trüben Un-Licht, das durch die verdickte, schmierige Luft tropfte. Auf der tastenden Hand, die vor ihm in die Düsternis ausgestreckt war, leuchtete auf dem Mittelfinger der Ringstein feuergrün – flackernd, unschuldig, lieblich und trügerisch, kein bloßes Schmuckstück, sondern ein Schlüssel und eine Karte, ein Ariadnefaden durch das Labyrinth der RMoahl … Ein Schlüssel, zum Preis von der List zweier Jahre und fünf Menschenleben gekauft.
    Der Ring flackerte blau auf. Der Dieb erstarrte.
    Nach einer Minute stieß seine Hand in den Beutel, der unsichtbar an seinem Gürtel hing, und zog vier Saugnäpfe hervor, die er an Hände und Füße schnallte. Mit einem geschmeidigen, ausgespreizten Sprung warf er sich hoch und gegen die Mauer, die Näpfe klatschten hart gegen die glasige Oberfläche. Armeslänge um Armeslänge, haftend, schwingend, mit zitternden, schmerzenden Muskeln, schob er sich an fünfzig Fuß stinkender Wand hinauf.
    Der riesige, gewölbte Raum fing die winzigen Geräusche, die er verursachte, auf und verstärkte sie … Lange Beine schnellten nervös auseinander, Aufregung erhitzte sein Blut. Weiter. Zur Kristallkuppel, die das Diadem beherbergte. Beute aus hundert Sonnensystemen lag zu beiden Seiten von teppichbelegten Gängen angehäuft, welche die riesige Ellipse kreuz und quer durchzogen. Ein flüchtiges Glitzern funkelte in seinen Augenwinkeln … Seidige Schimmer, kräftige Farben leuchteten … Seine Blicke hefteten sich auf diese einzelne Kuppel genau im Zentrum. Darin lag – geringelt – das Diadem in zierlicher Bescheidenheit. Den Atem hinter seinen Zähnen zusammengebissen, hastete der Dieb durch den überfüllten Raum.
    Er stand vor dem sich wölbenden Kristall und starrte auf das darunter befindliche Ding. Blaß-goldene metallische Fäden drehten sich zu Blumenformen, die sich um pulsierende rote, purpurne, blaue, grüne und tieforangene Juwelen krümmten … Wie eine Girlande goldener Lilien, so schimmerten sie in einem kräftigen, verführerischen Leuchten. Er hob die Glasglocke mit übertriebener Vorsicht an und stellte sie behutsam auf den Boden. Schnell und stoßweise flog sein Atem über die Lippen, während er das Diadem hochnahm, den äußerst feinen Gegenstand sanft, vorsichtig berührte, nur mit den Fingerspitzen, obwohl

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