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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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er durch dieses Jammertal des Lebens schritt, es war schmal und verschlungen, eingezwängt zwischen steile Felsen.
    Wer war dieser Kalmücke? Warum war er bei dem Nervösen gewesen – weil er etwas von ihm wollte oder nur aus Versehen (er war ja nur vier Minuten geblieben)? Und was hatte Maximenko in den verlassenen Hof getrieben?
    Nein, dieser Kalmücke gefiel Mylnikow ganz und gar nicht. Dieser Stabskapitän war der reinste Todesengel (der Hofrat bekreuzigte sich): Er verließ den einen, und der erhängte sich stracks; ein anderer folgte ihm und krepierte wie ein Hund in einem stinkenden Hof.
    Mylnikow versuchte, ein schlitzäugiges Kalmückengesicht neben das Wappen zu zeichnen, aber es gelang ihm nicht – darin hatte er keine Übung.
    Ach, Kalmücke, Kalmücke, wo bist du jetzt?
     
    Stabskapitän Rybnikow, dem die Agenten diesen treffenden Namen verpaßt hatten (sein Gesicht hatte tatsächlich etwas kalmückenhaftes), verbrachte den Abend dieses aufregenden Tages in noch größerer Hektik und Unruhe.
    Nach dem Vorfall in der Mitawski-Gasse war er zum Telegrafenamt gelaufen und hatte zwei Depeschen abgeschickt: eine an die Station Kolpino an der Moskauer Bahnstrecke, eine nach Irkutsk, wobei er sich mit dem Angestellten wegen der Tarife stritt – er war empört, daß man für ein Telegramm nach Irkutsk zehn Kopeken pro Wort verlangte. Der Angestellte erklärte ihm, telegrafische Sendungen in den asiatischen Teil des Imperiums würden nach doppeltem Tarif berechnet, und zeigte ihm sogar die Preistafel, doch der Stabskapitän wollte nichts davon hören.
    »Was heißt hier Asien?« brüllte Rybnikow und blickte sich empört um. »Haben Sie gehört, wie er von Irkutsk spricht? Dabei ist das eine großartige Stadt, wahrhaft europäisch! Jawohl! Sie waren nie dort, darum reden Sie so, ich aber habe dort gedient, drei unvergeßliche Jahre! Nein, Herrschaften, das ist Raub am hellichten Tag!«
    Nachdem Rybnikow derart getobt hatte, stellte er sich in die Schlange am internationalen Schalter und schickte ein Telegramm nach Paris, und zwar ein dringendes, also für ganze 30 Kopeken pro Wort, doch diesmal blieb er still und empörte sich nicht.
    Dann humpelte der unermüdliche Stabskapitän zum Nikolajewski-Bahnhof, wo er gerade zum Neun-Uhr-Kurierzug zurecht kam.
    Er wollte eine Fahrkarte zweiter Klasse kaufen – doch es gab keine mehr.
    »Nun, das ist nicht meine Schuld«, verkündete Rybnikow der Schlange mit sichtlichem Vergnügen. »Dann muß ich eben mit der Dritten vorliebnehmen, auch wenn ich Offizier bin. Eine wichtige Staatsangelegenheit, ich muß unbedingt fahren. Hier sind sechs Rubel, geben Sie mir bitte eine Fahrkarte.«
    »Für die Dritte gibt es erst recht keine mehr«, antwortete der Mann hinterm Schalter. »Nur noch für die Erste, für fünfzehn Rubel.«
    »Für wieviel?« rief Rybnikow. »Für wen halten Sie mich, für den Sohn von Rothschild? Ich bin, wenn Sie es genau wissen wollen, eine arme Waise!«
    Man erklärte ihm, die Plätze reichten eben nicht, die Zahl der Personenzüge nach Moskau sei wegen der Militärtransporte reduziert worden. Und auch dieser Platz in der ersten Klasse sei nur zufällig frei geworden, vor zwei Minuten. Eine Dame habe ein Abteil für sich allein haben wollen, das aber verbiete eine Anordnung des Eisenbahnchefs, deshalb habe sie ihre zweite Fahrkarte zurückgeben müssen.
    »Also was nun, nehmen Sie sie oder nicht?« fragte der Mann am Schalter ungeduldig.
    Klagend und schimpfend kaufte der Stabskapitän die horrend teure Fahrkarte, verlangte aber ein »Papier mit Stempel«, daß keine billigeren Fahrkarten mehr vorhanden gewesen seien. Die Beamten wimmelten ihn mit einiger Mühe ab und schickten ihn wegen des »Papiers« zum diensthabenden Bahnhofsvorsteher, doch statt sich zu ihm zu begeben, verschwand der Stabskapitän in der Gepäckaufbewahrung.
    Er holte einen billigen Koffer ab und eine lange, schmale Röhre, in der man meist technische Zeichnungen transportiert.
    Dann war es auch schon Zeit, auf den Bahnsteig zu gehen – die Abfahrtsglocke läutete gerade zum erstenmal.
    Dritte Silbe,
in welcher Rybnikow
das Klosett besucht
    Im Erster-Klasse-Coupé saß eine Reisende – vermutlich diejenige, der die Eisenbahnvorschriften verwehrt hatten, allein zu reisen.
    Der Stabskapitän grüßte mürrisch, noch verstimmt wegen der fünfzehn Rubel. Er würdigte seine Begleiterin kaum eines Blickes, obwohl die Dame gut aussah, ja, mehr als das, sie war außerordentlich

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