Die Abtrünnigen von Kregen
ziemlich angeschlagen war. Schon oft in meinem Leben hatte ich schlimme Erfahrungen machen müssen. Dieses Gefühl des Gefangenseins aber lähmte mich. Einundzwanzig Jahre lang hatte ich mich in der Falle gefühlt, einundzwanzig lange Jahre, die ich nach dem Willen der Herren der Sterne auf der Erde verbringen mußte. Damals hatte ich nichts unternehmen können, um diesen Zustand zu beenden. Natürlich hatte ich es versucht. Ich war dabei auf eine seltsame Frau gestoßen, die sich auf der Erde Madame Iwanowna nannte und auf Kregen Zena Iztar. Doch nachdem ich nun wieder hier war und im Augenblick gegenüber den Herren der Sterne keine Pflichten hatte, trennten mich lediglich Zeit und Entfernung von meinen Liebsten – so dachte ich damals.
Als ich aufblickte, starrte ich in die Augen eines Söldners vom Nachbartisch. Ich faßte den Entschluß, auf kürzestem Weg zu Delia zurückzukehren, was immer kommen mochte.
Meine Gedanken beschäftigten sich mit dem verdammten menahemischen Argenter, als ich merkte, daß der Söldner am Nebentisch langsam aufstand.
Duhrra hielt den Atem an.
Der Söldner war ein Fristle. Der kräftige, menschlich wirkende Körper steckte in einem Kettenpanzer. Der katzengleiche Kopf mit dem gestreiften Fell, den Schlitzaugen und den weit gespreizten Schnurrbarthaaren richtete sich bösartig in meine Richtung. Er lockerte den Krummsäbel, den alle Fristles tragen, und kam an meinen Tisch.
»Du siehst mich an, Dom«, sagte der Fristle drohend. »Das gefällt mir nicht.«
Ich wußte sofort, was geschehen war. Gedankenverloren hatte ich meine innere Qual und meinen Zorn sichtbar werden lassen. Der Fristle hatte das gesehen und darin eine Beleidigung vermutet.
Ich seufzte. »Du irrst dich, Dom«, begann ich. »Ich wollte nicht ...«
Das war ein schwerer Fehler.
»Nennst du mich einen Lügner?«
»Aber überhaupt nicht!« Ich suchte nach Worten. Ich erlebte eine solche Situation nicht zum erstenmal. In meiner Rolle als Hamun ham Farthytu hatte ich in Ruathytu, der Hauptstadt Hamals, die Rolle eines Feiglings gespielt. Auch hier wollte ich jedem Ärger aus dem Wege gehen, schon wegen Duhrra. »Nein, Dom. Ich würde dich nie einen Lügner nennen, es sei denn, du wärst einer.«
»Cramph!« fauchte er und brachte es fertig, selbst dieses einfache Wort nach Art einer Katze herauszuzischen. »Rast!« fuhr er fort.
Ein Rast ist ein sechsbeiniges Nagetier, das sich vornehmlich von Abfall und Unrat ernährt. Auch ich hatte dieses Wort schon verschiedentlich gebraucht.
Ich stand auf, stand sehr langsam auf.
»Ich habe dich nicht absichtlich angesehen. In diesem Punkt lügst du. Du nennst mich einen Cramph, einen Rast, und das ist auch gelogen.« Langsam bewegte sich meine rechte Hand vor dem Körper vorbei auf den Schwertgriff zu. »Es will mir scheinen Dom, daß du ein chronischer Lügner bist!«
»Bei Odifor, Apim!« Der Krummsäbel blitzte. »Ich muß dir beibringen, was sich schickt!«
Die Kameraden des Fristle lehnten sich bequem zurück. Spöttisch lachend rieten sie ihrem Freund, den sie Cryfon den Hitzkopf nannten, mich sanft zu behandeln, mir nur ein Auge auszustechen, mir die Klinge nicht mehr als zwei Fingerbreit unter die Haut zu stoßen und dergleichen mehr.
Er hatte keine Angst vor meinem Langschwert. In der Enge des Schankraums war das schnelle und gefährliche Krummschwert sicher von Vorteil. Das magdagsche Langschwert, das er zusätzlich trug und das zweifellos die Initialen G.G.M. trug, blieb unbeachtet.
Ich trat zur Seite, um Platz zu gewinnen, und zog das Langschwert. Die Lampen warfen ihr Licht auf die Klinge, die frisch gereinigt worden war.
Die Söldner am Tisch verstummten plötzlich.
Der Fristle, der noch eben sein Krummschwert schwungvoll bewegt hatte, erstarrte. Der Atem zischte ihm aus dem katzenhaften Mund.
»Beim Grünen!« sagte er.
Duhrra bewegte sich hinter mir und ich vermutete, daß er seinen Armstumpf wieder verhüllte.
»Gernu!« sagte der Fristlesöldner Cryfon der Hitzkopf. »Ich wußte ja nicht ... Ich hatte keine Ahnung. Verzeih, Gernu, verzeih mir tausendmal.«
Nachdem er mich eben noch Rast und Cramph genannt hatte und anfänglich auch Dom, eine freundschaftliche Begrüßung, gab er sich nun größte Mühe mit Gernu, dem Grodno-Gruß gegenüber einem hochstehenden Herrn oder Lord.
»Ich habe dich nicht absichtlich angestarrt.«
»Nein, natürlich nicht, Gernu. In diesem Punkt habe ich gelogen, schlimm gelogen, Odifor sei mein Zeuge.«
Einer
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