Die Abtrünnigen von Kregen
erreicht hatte. Ich mußte eben warten. Etwas anderes blieb mir gar nicht übrig.
Wir banden die Tiere an, betraten die Taverne und blieben einen Augenblick lang auf der Stelle stehen, um uns an Hitze, Licht und Lärm zu gewöhnen.
Der Schankraum war nicht sonderlich voll, und die Gäste waren vorwiegend Seeleute des Binnenmeeres, da und dort saß auch ein Söldner, und ein Tisch unter dem vorspringenden Obergeschoß war von Männern besetzt, die kleine Kaufleute sein mochten.
Serviermädchen bewegten sich zwischen den Tischen und Bänken. Wir traten vor und ließen die Tür hinter uns zufallen, meine rechte Hand griffbereit. Das Sägemehl auf dem Boden war alt und hätte längst erneuert werden müssen. Es roch nach altem und verbranntem Fett und saurem Wein.
Ich deutete mit einer Kopfbewegung auf einen Ecktisch, wo uns niemand von hinten angreifen konnte, und Duhrra folgte mir. Wir setzten uns und blickten in die Runde, zwei hungrige und durstige Reisende.
Ein Mädchen eilte zu uns und zwang sich dabei zu einem Lächeln. Sie war eine Apim und mit ihrem Los sichtlich unzufrieden. Sie schien bereits müde zu sein, obwohl der Abend kaum begonnen hatte.
Duhrra begann mit ihr über den Wein zu diskutieren und wagte sich ziemlich weit vor, als er fragte, ob es hier erbeuteten zairischen Wein zu trinken gebe. Doch sie warf müde den Kopf in den Nacken und antwortete, daß wir uns mit dem hiesigen Blut des Dag zufriedengeben müßten. Auf Duhrras Gesicht war kein Widerwillen zu erkennen, doch er machte schon wieder den Mund auf.
»Ausgezeichnet!« warf ich laut ein. »Und zwei Portionen Vosk mit ein paar Loloo-Eiern. Und danach Auflauf – am besten Malsidge, da wir eine lange Seereise vor uns haben.«
»Malsidge haben wir nicht mehr«, sagte das Mädchen und fuhr sich über den Mund. »Heute abend nur Huliper-Auflauf.«
»Na schön.« Ich legte meine Hand auf eine der Taschen meiner Robe unter dem Staubmantel. Ich hatte es mir zur Angewohnheit gemacht, mein Geld an mehreren Stellen zu tragen. Ich ließ es zwischen meinen Fingern silbern aufblitzen. Die braunen Augen des Mädchens richteten sich starr auf das Silber, so wie ein Ponsho einen angreifenden Risslaca fixieren mochte.
»Sag mir eins, Doma, wie steht es mit vallianischen Schiffen in Magdag?«
Ich zählte darauf, daß sie den ganzen Klatsch kannte. Ob es ihr gefiel oder nicht, ihr Leben spielte sich nun einmal bei den Männern des Binnenmeeres und ihren Schiffen ab. Sie mußte viele Gespräche mitbekommen.
»Vallia, Gernu?«
Seit sie die Münze gesehen hatte, war sie merklich munterer.
»Schiffe aus Vallia kommen in den Ausländerhafen. Wann trifft das nächste ein? Hat es schon Signal gegeben?«
Sie schüttelte den Kopf. Sie schien sich zu fürchten. Trotzdem nahm sie den Blick nicht von dem Silber.
»Nein, Gernu. Seit langer Zeit ist kein Schiff mehr gekommen. Schiffe aus Vallia kommen nicht mehr nach Magdag.«
2
Ich habe schon einmal gesagt, daß gegen die grüne Farbe grundsätzlich nichts zu sagen ist – sie ist angenehm und beruhigend. Die grüne Vegetation macht aus unserer Erde eine großartige Welt. Würde das Grün plötzlich aus dem Spektrum verschwinden, wäre es ein großer Verlust für uns alle. Doch als ich in jener schmutzigen Taverne im Ausländerhafen Magdags saß, überkam mich ein dermaßen starker, bitterer, zorniger Haß auf alles Grüne, daß ich die Augen zusammenkniff und den schlichten irdenen Krug kraftvoll umfaßte. Der Ton brach, und der widerliche grüne Wein ergoß sich über den Tisch.
Das Serviermädchen stieß einen leisen Schrei aus.
Da kam ich wieder zu mir. Natürlich meinte sie nicht, daß vallianische Schiffe überhaupt nicht mehr nach Magdag kamen. Das Binnenmeer liegt im westlichen Teil des Kontinents Turismond, ein wenig nach Westen versetzt. Es wird von Ost-Turismond durch einen gefährlichen Bodenspalt getrennt, aus dem übelriechende und Halluzinationen erzeugende Dämpfe aufsteigen, außerdem von den Stratemsk, einer gewaltigen Bergkette, von deren Gipfeln die Menschen annehmen, daß sie Zim und Genodras berühren, die rote und die grüne Sonne von Antares. Alle Kreger waren davon überzeugt, daß man die Stratemsk nicht zu Fuß überqueren konnte. Am Binnenmeer gab es außerdem keine Flugboote. So war schon ein Schiff aus den Äußeren Ozeanen erforderlich, um jene stürmischen Meere zu befahren, um den Damm der Tage im Westen hinter sich zu lassen und vorbei an Donengil und mit dem
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