Die Achse des Blöden
solange er ein, verheirateter, heterosexueller Weißer mittleren Alters ohne sichtbare Tätowierungen ist.
Außerdem muß er unzweifelhaft ein menschliches Wesen
sein. Deshalb würde nie jemand - außer seiner Frau - für Steve Forbes stimmen, obwohl er so viel Geld hat wie Finnland. Steve hatte ein paar gute Ideen, aber wenn man ihn beim Reden anschaute und sein abgedrehtes Lächeln und die starren Augen sah, konnte man sich kaum auf seine Worte konzentrieren, weil man immer fürchten mußte, daß sein Gesicht gleich
runterklappen und der Schaltkreis darunter zum Vorschein kommen würde.
Steve hat die Präsidentschaftswahl zwar nicht gewonnen, aber ein paar andere ziemlich nichtssagende Typen schon. Deshalb sind viele Politiker zutiefst überzeugt, daß sie es auch mal
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versuchen sollten. Ihr Vorbild ist Jimmy Carter. Die Leute vergessen das immer wieder, aber bevor Jimmy Carter ein hausbauender Ex-Präsident wurde, war er tatsächlich mal für kurze Zeit Präsident, damals in der Disco-Aera. Die Historiker sind sich immer noch nicht darüber einig, wie das passieren konnte. Ich meine, Jimmy ist ein guter Mensch, aber er hat das Charisma eines Käselaibs. Und dennoch gelang es ihm, von einem Nichts zum mächtigsten Mann der Welt zu werden.
Gestern stand er noch irgendwo herum und eröffnete als
Hinterbänkler ein Applepie-Festival, und heute tauscht er Kriegsdrohungen mit der Sowjetunion aus!
Seine Geschichte hat viele inspiriert, die in irgendwelchen Loserjobs rumhängen, etwa als Gouverneur oder Senator. Sie schauen in den Spiegel und sagen: »Hey, warum sollte ich eigentlich nicht Präsident werden?«
Und der Spiegel denkt: Weil du ein Idiot bist. Aber
dummerweise kann er nicht sprechen.
Und so laden viele ernsthaft von sich überzeugte
Präsidentschaftsaspiranten alle vier Jahre zu Pressekonferenzen ein und erklären, sie seien bereit, der Nation zu dienen. Wenn sie sagen »der Nation zu dienen«, meinen sie natürlich: im Autokorso durchs Land zu kutschieren, mit der Air Force One zu fliegen, von einem vielköpfigen Troß bedient zu werden, überall von begeisterten Massen empfangen, umjubelt und beklatscht zu werden und ihnen gelegentlich die Le viten zu lesen.
Die wollen, mit anderen Worten, aus demselben Grund
Präsident werden wie Sie: Das wäre echt cool. Wenn man
Präsident ist, ist man der Mann. Wenn die Toilette in der Präsidentensuite verstopft ist, sucht man nicht nach dem Pumpsaugerding, sondern greift zum Telefon, drückt eine Taste, sagt: »Meine Toilette ist verstopft« und hängt auf. Weil man weiß, daß die nötigen Schritte eingeleitet werden. Sie werden sogar dann eingeleitet, wenn man versehentlich die falsche Taste
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gedrückt und mit dem Ministerpräsidenten von Japan
gesprochen hat. Innerhalb weniger Stunden würde, als Geschenk des japanischen Volkes, ein brandneues Klo aus massivem Gold mit perlenbesetzter Spültaste ins Weiße Haus geliefert. So viel Wellenschlag hat ein Präsident!
Das Problem ist nur, daß man, um Präsident zu werden, erst mal nominiert werden muß. Und dieser Wahlkampf hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem brutalen und degradierenden Vorgang entwickelt, bei dem man auf unaussprechlich ekelhafte Art Stiefel lecken und sich bei Gott und der Welt einschleimen muß, um Stimmen und Geld zu sammeln. Das Ganze ist ein
einziges Schleimfestival. Niemand mit einem Rest von Würde läßt sich freiwillig auf so etwas ein. Menschen, die sich doch darauf einlassen, haben in der Regel irgendwelche Defizite und sind nach der Nominierungskampagne entweder gestört oder vollends verrückt geworden. Irgendwann wählen wir noch mal einen Präsidenten, der als erste Amtshandlung einen Atomkrieg gegen Iowa und New Hampshire anfängt. Und man kann ihm
das gar nicht mal verdenken, wenn man bedenkt, welche
Kandidaten hier durchkommen.
Als Journalist habe ich einige dieser Wahlkampagnen
begleitet und getan, was ein professioneller Journalist so tut, nämlich in Bars rumsitzen und sich anhören, was die anderen professionellen Journalisten so reden, also hauptsächlich Tiraden über Verleger, die angeblich den IQ eines Lunchpakets besitzen. Aber manchmal raffe ich mich auf und beobachte, was bei diesen Präsidentschaftskampagnen wirklich passiert. Und ich versichere Ihnen: Es ist nicht das, was Sie im Fernsehen sehen.
Im Fernsehen sehen Sie meist einen Kandidaten, der zu einer Gruppe von Wählern spricht, die interessiert zuhört, während der
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