Die Achse des Blöden
keinem
erkennbaren Grund enorm populär wurde, genau wie Britney Spears. Das ist typisch für die Nominierungskampagnen: Ein Kandidat ist plötzlich in aller Munde, ohne daß das etwas mit seinen politischen Positionen zu tun hätte, mal angenommen, er hat überhaupt welche. Es hat vielmehr etwas mit Chemie und Emotion zu tun, die sich manchmal zwischen einem Kandidaten und dem Wählervolk entwickeln, und 1984 war das bei Hart der Fall. Wo immer er auftauchte, sammelten sich, begeisterte, kreischende Menschenmengen. Wenn man die Leute fragte:
»Warum sind Sie für Hart?«, sagten sie Sachen wie: »Ich finde seine Positionen gut.« Wenn man dann nachfragte: »Welche Positionen?«, sagten sie: »Ach, Sie wissen schon! Seine... seine Positionen eben.«
Ich bin nie dahintergekommen, wofür er eigentlich stand, ich weiß nur noch, daß er viel von Plutonium sprach. Im
wesentlichen mochten die Leute ihn wohl, weil er cool aussah und redete.
Ich glaube wirklich, daß es den Wählern viel wichtiger ist, wie ein Kandidat aussieht und wie er redet, als was er sagt. Nur so ist zu erklären, warum immer wieder Kandidaten die
Wählergunst erobern, deren Positionen völlig konträr zu denen eines anderen Kandidaten sind, der aber ebenfalls in der Wählergunst ganz oben liegt. Bis heute halten die Amerikaner große Stücke auf John F. Kennedy, und nicht wegen seiner Politik - kein Mensch weiß, welche Politik er eigentlich gemacht hat -, sondern weil er... Stil hatte! Er sah gut aus! Seine Frau war
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sehr attraktiv! Er mochte die Beatles!
Die Leute mochten auch Ronald Reagan, nicht weil er
konservativ war, sondern weil er wie ein netter Typ wirkte.
Vielleicht war er nicht gerade der Erfinder des tiefen Tellers, aber ein ganz normaler, anständiger Kerl, der einem das Gefühl gab, der eigene Onkel sei plötzlich Präsident geworden. Auch Bill Clinton mochten die Leute, zumindest am Anfang, nicht weil er liberal war, sondern weil er so umgänglich und
freundlich wirkte; deshalb vergab man ihm auch seine
Schwäche für das weibliche Geschlecht, obwohl sich jedermann darüber klar war, daß er auch die eigene Frau flachlegen würde, wenn er dazu Gelegenheit bekäme.
Aber zurück zum Jahr 1984: Hart war ganz klar der
erfolgreichste Bewerber um das Amt des Präsidenten, der einzige, der eine minimale Chance hatte, Ronald Reagan zu schlagen. Folglich machten die Demokraten schließlich Walter Mondale zum Spitzenkandidaten. Als Mondale die Nominierung annahm, schmierte er den Wählern Honig ums Maul, indem er ihnen - mit dieser nasalen, steinerweichenden Stimme, die tief aus der Stahlkammer seines Inneren zu kommen schien -
mitteilte: Seine erste Amtshandlung, sollte er die Wahl gewinnen, werde eine saftige Steuererhöhung sein.
Ja, er war schon ein Süßholzraspler, unser Walter!
Die Nominierungsstrategie der Demokraten bestand zu jener Zeit darin, denjenigen zum Spitzenkandidaten zu küren, der mit Sicherheit die Wahl verlieren würde.47 1988, als Gary Hart, der Mann mit den überzeugenden Positionen und aussichtsreichster Bewerber um das Präsidentenamt, seine Chancen zu optimieren 47 Später übernahmen die Republikaner diese Loser-Strategie, am entschiedensten 1996, als man als Gegenkandidaten zu Bill Clinton, dem stromlinienförmigsten, schulterklopfensten, glattzüngigsten Präsidenten seit Jahrzehnten, Bob Dole nominierte, der, egal, was er sagte, immer wie ein wunderlicher alter Kauz klang, der seine Zuhörer heimlich verdächtigte, seine Zeitung geklaut zu haben.
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suchte, indem er sich mit einer heißen Puppe auf dem Schoß in Bimini fotografieren ließ, einigten sich die Demokraten auf...
Michael Dukakis - einen intelligenten Mann, aber sein
Mienenspiel hatte die Lebendigkeit und Ausdrucksbreite eines Leguans. Wenn Dukakis auftrat, sprang kein Funke über. Wenn er redete, fürchteten seine Zuhörer, daß jeden Moment seine Zunge vorschnellen und nach einem vorüberfliegenden Insekt schnappen würde. Schlecht beraten war er auch, als er sich in einem Armeepanzer filmen ließ und sein grotesk behelmter Kopf aus der Luke ragte. Wäre dieser Panzer bei einer Schlacht eingesetzt worden die Feinde hätten kampflos kapituliert, weil sie sich vor Lachen am Boden gewälzt hätten.
Den größten Unterhaltungswert der 88er-
Nominierungskampagne boten jedoch die Republikaner, die unter anderem den extrem extremen Reverend Pat »Pat«
Robertson aufstellten. Einer meiner Lieblingsmomente war, als Reverend
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