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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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warten ließ, sinnlos Panik stiften sollen?«
    »Gewiss nicht«, nickte Chedan. »Diesen Fehler haben wir im Alten Land begangen. Das Geschaute muss sich abermals zeigen, sonst sind die Zeichen nicht zu deuten. Deshalb sind gegen ein echtes Verhängnis auch die größten Seher machtlos. Wenn die Menschen zu lange auf eine Gefahr warten müssen, die nicht eintritt, werden sie nachlässig und sind nicht mehr in der Lage zu handeln, wenn der Augenblick gekommen ist.«
    »Und jetzt, meint Ihr, wäre es so weit«, höhnte ein bekannter Großgrundbesitzer. »Ich bin ein einfacher Mann und verstehe nichts von den Zeichen am Himmel. Ich weiß nur, dass Ahtarrath eine Vulkaninsel ist, auf der gelegentliche Ausbrüche ganz natürlich sind. Jede neue Schicht Lava und Asche macht den Boden nur fruchtbarer.«
    Micail hörte das zustimmende Gemurmel der Grundherren und seufzte.
    »Die Priesterschaft kann nur warnen«, sagte er, ohne sich seine Ungeduld anmerken zu lassen. »Was Ihr daraus macht, ist Eure Sache. Ich werde nicht einmal meine eigenen Diener zwingen, ihre Häuser zu verlassen. Aber ich gebe den hier Versammelten zu bedenken, dass die meisten Hüter des Tempels beschlossen haben, sich mit ihrer Habe auf das Meer zu flüchten und erst wieder an Land zu gehen, wenn die Katastrophe vorüber ist. Als Angehöriger des Königshauses verspreche ich zudem, so viele von Euch mitzunehmen, wie wir nur können.«
    Reio-ta nickte und erhob sich. »Die Wahrheit, die der Tempel hütet, darf nicht… sterben. Deshalb werden wir… die Zwölf Erwählten und… so viele andere, wie wir auf den Schiffen… unterbringen können, von hier fortschicken. Hoffen wir, dass wenigstens einige von ihnen… wohlbehalten andere Länder erreichen… um dort neue Tempel zu errichten.«
    »Aber was für Länder?«, rief jemand. »Kahle Felsen, bevölkert von Wilden und von gefräßigen Bestien? Nur ein Narr vertraut den Winden und dem Meer!«
    Chedan breitete die Arme aus. »Habt Ihr denn Eure eigene Geschichte vergessen?«, schalt er. »Seit dem Krieg mit den Hellenen halten wir uns abseits von der übrigen Welt, doch das heißt nicht, dass wir von anderen Ländern nichts wüssten. Die Schiffe von Atlantis fahren an jeden Ort, an dem es Waren zu kaufen oder zu verkaufen gibt, und seit dem Untergang des Alten Landes sind viele von unseren Priestern mit ihnen gefahren. In Handelsniederlassungen in Khem und Hellas, auf den Hesperiden und in Zaiadan leben sie einsam im Exil und machen sich mit den Sitten und Gebräuchen der Eingeborenen vertraut. Sie studieren die fremden Götter auf der Suche nach gemeinsamen Glaubensvorstellungen, sie betätigen sich als Lehrer und Heiler und bereiten so den Weg. Ich glaube, unsere Flüchtlinge können bei ihrer Ankunft mit einer freundlichen Aufnahme rechnen.«
    »Wer sich entschließt zu bleiben, braucht jedoch nicht tatenlos herumzusitzen«, schaltete sich unerwartet die Priesterin Mesira ein. »Nicht alle Angehörigen des Tempels halten die Katastrophe für unabwendbar. Wir werden auch weiterhin mit all unseren Kräften danach streben, das Gleichgewicht hier zu bewahren.«
    »Das freut mich zu hören«, ließ sich eine hämische Stimme aus der westlichen Ecke vernehmen. Micail erkannte Sarhedran, einen wohlhabenden Schiffskapitän. Sein Sohn Reidel stand hinter ihm. »Einst war Ahtarrath der Bezwinger der Meere, doch wie der edle Chedan soeben ganz richtig bemerkt hat, haben wir seither den Blick nach innen gerichtet. Selbst wenn sich alle Menschen überreden ließen, die Fahrt in diese fremden Länder zu wagen, wir hätten nicht genügend Schiffe, um sie zu befördern.«
    Nun meldete sich Tjalan zu Wort. »In diesen schweren Zeiten sollten wir uns daran erinnern, dass wir alle Kinder von Atlantis sind. Meine Brüder sind auf Alkonath zurückgeblieben, um die Räumung der Insel zu überwachen. Ich aber habe die Ehre und das Vergnügen, mit achtzig meiner besten Vogelschwingen an der Rettung der Menschen und der Kultur Eurer erhabenen Insel mitzuwirken.«
    Da und dort sah man immer noch unzufriedene Gesichter, doch auf den meisten zeigte sich ein Lächeln. Micail konnte es nicht lassen, dem Prinzen von Alkonath verschwörerisch zuzugrinsen. Auch wenn selbst mit achtzig Schiffen nicht mehr als ein Zehntel der Bevölkerung gerettet werden konnte…
    Micail nahm das Heft wieder in die Hand. »Dann ergeht folgender Beschluss«, erklärte er. »Ihr kehrt auf Eure Ländereien zurück und bringt Euren Gefolgsleuten die

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