Die Akademie der Abenteuer - Die Knochen der Götter
weiter!«, schlug Rufus vor. »Einverstanden?«
»Einverstanden«, sagte No.
Wenig später hatten Filine, Rufus und No in der Mensa mehrere knusprige Marzipan-Croissants mit Mirabellenmarmelade, buttrige Mandelhörnchen, heißen Kakao und eine Handvoll frische Feigen verdrückt und waren auf dem Weg in die Bibliothek.
»Uff«, stöhnte No, als er sich einige Minuten danach an einem der Lesetische auf einen Stuhl fallen ließ. »Was stimmt jetzt eigentlich – voller Bauch studiert nicht gern oder gutes Essen hält Leib und Seele zusammen?«
Rufus grinste und beugte sich über einen Block vor sich. Mit schnellen Strichen skizzierte er die helle Blüte, an der die Frau auf der Wand gerochen hatte.
»So sah sie ungefähr aus!«
»Das könnte eine Lilie sein«, meinte Filine.
Aber Rufus schüttelte den Kopf. Lilien kannte er von seiner Mutter. »Nicht so lang, die Blüten sind runder.«
Filine öffnete das dicke Pflanzenlexikon, das sie geholt hatte. Sie blätterte vorwärts. »Hier sind alle weißen Blüten aufgelistet. Wisst ihr, ob es Veilchenblüten, Lippenblüten, Schmetterlingsblüten oder was für Blüten es waren?«
»Nein«, sagte Rufus kleinlaut.
No schnaufte. »Filine, glaubst du wirklich, das bringt uns weiter?«
»Mmh«, machte Filine unwirsch. »Natürlich glaube ich das. Immer mit der Ruhe. Dann lese ich euch jetzt alle weißen Blüten vor. Was ist mit Krokus?«
»Nein«, riefen Rufus und No gleichzeitig.
»Doldiger Milchstern?«, schlug Filine vor.
»Keine Ahnung!«, stöhnte No. »Echt, Fili, das bringt doch nichts. Das dauert noch hundert Jahre auf diese Weise.«
»Stimmt!«, bestätigte Rufus. »Ich bin mir wenigstens ziemlich sicher, dass es keine Blume war, die hier wächst.«
»Ja!«, rief No und fuhr in die Höhe. »Das ist der erste brauchbare Hinweis. Viel besser als dieses Herumeiern im Lexikon.«
»Das ist kein Herumeiern, das ist systematisches Vorgehen«, beschwerte sich Filine.
Aber No überlegte schon weiter. »Wo könnte es denn solche Blüten geben?«
»Vielleicht irgendwo in Asien – in Japan oder China?«, schlug Rufus vor.
No sprang auf. »Das ist es! Mann, sag das doch gleich. Es ist Lotus!«
»Woher willst du das denn auf einmal wissen?« Filine sah No zweifelnd an.
»Na, weil in jedem Manga alle hübschen Mädchen immer schön wie eine Lotosblume sind, holde Maid«, grinste No und zwinkerte Filine zu.
Filine wurde rot. Aber Rufus nickte begeistert.
»Super, No! Das ist es! Es ist eine Lotosblume.«
Filine verzog den Mund. Dann platzte sie heraus: »Wenn ich euch höflichst darüber aufklären darf, dass Lotosblumen sehr wohl Lilien sind. Die Lotosblume oder Wasserlilie ist nämlich eine Wasserpflanze. Und es gibt sie nicht nur in Asien, sondern auch in Ägypten. Das ist sogar eine eigene Art, der weiße Ägyptische Lotos. Und ihre Blätter sind weder spitz noch rund, sondern gezahnt und schildförmig-oval.«
Rufus und No starrten Filine fassungslos an.
»Das kann nicht dein Ernst sein«, sagte No schließlich. »Das hast du eben nicht gesagt. So was ist nicht in deinem Kopf, oder?«
»Ähm, ja … ich meine, woher weißt du das alles?«, stotterte Rufus. »So schnell kannst du das doch nicht gelesen haben!«
»Na ja, das hat mir meine Mutter erzählt«, antwortete Filine ausweichend.
»Hat die mit dir für den Leistungskurs Botanik gepaukt, oder was?« No konnte sich gar nicht beruhigen. »Du bist aber noch gar nicht alt genug für die Oberstufe.«
Im selben Augenblick packte ihn Filine fest am Arm.
»Aua! Was habe ich denn jetzt schon wieder verbrochen, ich habe doch nur gefragt …« Weiter kam er nicht.
»Sei still, No!« Rufus packte seinen anderen Arm und deutete vor sie.
No blinzelte erschrocken. Obwohl sie eben noch in der halbdunklen Bibliothek gesessen hatten, sah er über Rufus’ Schulter direkt in die helle Sonne.
»Was ist denn jetzt los?«
»Ich weiß es nicht«, flüsterte Filine. »Aber wir sollten uns nicht mehr ablenken lassen.«
Sie ließ Nos Arm los und trat vor.
Die drei standen dicht vor einer strahlend weißen Mauer. Darüber stand die blendend helle Sonne an einem sehr blauen Himmel. Ein seltsamer, ziemlich strenger und süßlicher Geruch lag in der Luft.
»Wo sind wir?«, flüsterte Rufus.
Die Mauer vor ihnen war eindeutig nicht die Wand, an der der Junge verschwunden war. Auf ihr war keine einzige Zeichnung zu sehen. Und doch war es eine Wand, die bis eben nicht da gewesen war.
Während er das dachte, versuchte
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