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Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)

Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Dahlquist
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die Lippen wie ein Hund. Seine Pupillen vergrößerten sich zu schwarzen Kugeln, und sein Kinn fiel schlaff herab. Mr. Harcourt bewegte sich nicht mehr.
    »Kommen Sie heraus, Doktor. Der Kerl ist so ernst, dass es eine Schande wäre, an seinem Pech nicht teilzuhaben.«
    Svenson kam sich vor wie ein Haustier, das jemand herbeigepfiffen hatte. »Wie lange dauert es, bis seine Leute zurückkehren?«
    »Wir haben mindestens … oh … drei Minuten?« Die Contessa blätterte die Unterlagen in Harcourts Mappe durch.
    »Das ist gar nichts!«
    »Mehr als genug …«
    Sie zog ein Pergament heraus und überflog es. Harcourt stöhnte – vor Schmerz oder Ekstase –, aber sein Blick blieb starr. Svenson trat langsam näher, neugierig auf das, was Harcourt in den Bann schlug.
    »Zeit, Doktor, Zeit …«
    »Was hoffen Sie zu finden? Sie hätten vielleicht warten sollen, bis er die Nachrichten mit Vandaariffs Anordnungen …«
    »Ich habe Ihnen gesagt, Doktor, das spielt keine Rolle.«
    Die Contessa drückte Svenson das Pergament in die Hand und wandte sich wieder der Mappe zu. Das Blatt enthielt eine Liste von Besitztümern, die vorübergehend von der Krone konfisziert würden: Eisenbahnlinien, Schiffsflotten, Minen, Raffinerien, Banken und dann am Ende der Liste mindestens fünfzehn verschiedene Glashütten.
    »Glashütten?«
    » Seltsam , nicht wahr?«
    »Diese Anordnung muss von Vandaariff kommen – es war alles im Voraus geplant.«
    Die Contessa hob eine Braue, weil er so schwer von Begriff war, und sah weiter den Berg Papier durch. Harcourt stöhnte erneut.
    »Was ist das für eine Erinnerung auf der Karte?«, fragte Svenson.
    »Das geht Sie nichts weiter an …«
    »Es muss sehr verlockend sein.«
    »Das soll es auch …«
    »Er versucht gar nicht, sich davon loszureißen. Also bieten Sie ihm keine Informationen, sondern eine sinnliche Erfahrung. Da es nicht Ihre erste Begegnung ist, nehme ich an, dass ihn jede Karte in noch größere Abhängigkeit bringt. Haben Sie ein ganzes Lager davon? Ich hatte angenommen, sie seien verloren gegangen.«
    Die Contessa riss zwei kleine Seiten aus einer Mappe, faltete sie zu schmalen Streifen und steckte sie in ihr Korsett. »Doktor, Sie finden eine Tür hinter dem Wandbehang – die Türken bei der Belagerung von Wien. Obwohl, wenn das Türken sein sollen, dann bin ich ein schottischer Esel, und wenn das Wien ist – nun, nicht dass das wichtig wäre. Aber gibt es noch etwas Schlimmeres als einen Künstler, der nicht gereist ist?«
    »Einen, der gereist ist?«
    Sie lachte. Sich seiner Freude allzu sehr bewusst, sie amüsiert zu haben, hob Svenson den Wandbehang und stieß auf eine Holztür. Die Contessa nahm Harcourt die Glaskarte weg. Mit einem zittrigen Aufschrei knickte er in der Taille ein, wobei er sich mit beiden Händen die Leistengegend abtastete.
    »Bis zum nächsten Mal, Matthew«, gurrte sie. Svenson senkte den Kopf, um Harcourts Blick auszuweichen, doch das wäre nicht nötig gewesen. Harcourt hatte sich zu einem grunzenden, schluchzenden Bündel zusammengekrümmt.
    Sobald die Contessa die Tür geschlossen hatte, gab es kein Licht mehr. Instinktiv rückte Svenson von ihr ab, um sich außer Reichweite ihres Dorns zu bringen.
    »Wo sind Sie?«, flüsterte sie.
    »Wohin gehen wir?«
    »Hören Sie auf, vor mir davonzulaufen, Sie Dummkopf – da sind Stufen!«
    Während sie sprach, trat er mit dem rechten Fuß ins Leere. Er wäre beinahe vornübergekippt und in die Dunkelheit gestürzt, aber er konnte sich an einen Haltegriff in den unebenen Wänden klammern. Bevor er sich wieder gefangen hatte, roch er ihr Parfüm und spürte ihren warmen Atem an seinem Ohr.
    »Sie werden sich noch das Genick brechen – und wir haben noch nicht einmal unseren Handel abgeschlossen.«
    »Welchen Handel?«
    »Gehen Sie hinunter – vorsichtig –, und ich sage es Ihnen.«
    Die Stufen waren schmal und ausgetreten von einem Jahrhundert von Schritten, und er glitt mit seinen Stiefeln mehr als einmal aus. »Wohin führt uns diese Treppe? In welchen Teil des Palastes?«
    Er spürte ihr Flüstern im Nacken. »Kennen Sie den Palast?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Dann wird es eine Überraschung für Sie sein. Mögen Sie Überraschungen?«
    »Nicht besonders.«
    »Ach Doktor – Sie genießen das Leben nicht richtig.«
    »Ich bemühe mich, es zu ertragen.«
    Die Contessa kniff Svenson ins Ohr.
    Am Fuß der Treppe ertastete seine Hand eine weitere Tür, und flüsternd ermahnte sie ihn, sie langsam zu öffnen.

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