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Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)

Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Dahlquist
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spürte.
    »Sie haben Blut im Gesicht«, murmelte sie.
    »Die passende Maskierung zum Anlass.«
    Er ließ sie los und trat zurück, wobei er den Revolver aus dem Gürtel zog. Die Stimme der Contessa war noch immer gedämpft.
    »Einen Augenblick lang hatte ich befürchtet, Sie würden mich vielleicht töten … und dann ist mir klar geworden, dass Sie es auf jeden Fall vorhaben. Sie haben sich verändert, Abelard Svenson.«
    »Ist das so verwunderlich?«
    »Wenn sich alle Menschen ändern würden, wäre das ein Grund zum Feiern.«
    »Sie haben noch immer die Absicht, mich zu töten.«
    Die Contessa streckte die linke Hand aus, an der die juwelenbesetzte Tasche baumelte, und fuhr – mit festem Druck, wobei sich ihre Lippen zu einem Lächeln verzogen – mit den Fingern die gesamte Länge der Narbe entlang, die ihm Tackhams Säbel zugefügt hatte.
    »Wissen Sie, ich habe Sie gesehen«, flüsterte sie, »wie Sie blutend am Boden gelegen und wie ein Verdammter gestöhnt haben … ich habe gesehen, wie Sie ihn getötet haben. Ich habe geglaubt, Sie würden sterben, wie ich ebenfalls geglaubt habe, dass ich Chang getötet hätte. Es passiert nicht oft, dass ich so viele Leute unterschätze.«
    »Schon gar nicht immer wieder die gleichen.«
    Der Druck auf seiner Narbe war unangenehm und erregend. Sie ließ los. »Wir überschätzen uns.« Ihre Wangen hatten eine leichte Röte angenommen. »Was immer ihre nächsten Provokationen sein mögen, es bleibt noch eine Menge zu tun.«
    An einem Bogengang hob die Contessa die Hand, und sie blieben stehen und spähten in einen alten Saal mit hohen Wandteppichen und kalten Steinmauern. Eine Reihe von Tischen stand in der Mitte des Raums, dekoriert mit Schalen, in denen weiße Blüten schwammen.
    Svenson reckte den Hals. »Dieser Raum hier scheint alt zu sein – und wenn man den mittelalterlichen Wandschmuck betrachtet, ziemlich aus der Mode und ungenutzt.«
    »Wie erklären Sie dann die Blumen?«
    »Eine Vorliebe der Königin?«
    Die Contessa lachte. »Nein, das ist wegen der Abwässer – der schrecklichen Abwässer! Es ist ein Wunder, dass nicht der gesamte Königshof an Krankheiten zugrunde geht. Dieser Raum ist besonders wohlriechend – aber während es als unvorstellbar kostspielig gilt, die Abflüsse mit Kupfer zu verkleiden, ist es völlig akzeptabel, alle vierzehn Tage das Gehalt eines Colonels für frische Blumen auszugeben.«
    »Trifft sich hier der Kronrat, wenn Stäelmaere House unter Quarantäne steht?«
    Die Contessa schüttelte den Kopf und genoss es, ihn raten zu lassen. »Axewith hat das Torhaus des Amtsverwesers genommen. Weil es ein Falltor besitzt – was Ihnen alles über Lord Axewith verrät, was man wissen muss. Nein, Doktor, keine Chance, auch nur in die Nähe von Oskar zu kommen – er war immer ein Feigling, und er wird sich so dicht mit Soldaten umgeben, wie sein altes Bärenfell ist. Ich frage mich, ob er ein anderes bekommen wird. Der echte Vandaariff würde nie ein solches Ding tragen, aber ich nehme an, dass es niemanden kümmert.«
    »Wohin haben Sie mich dann geführt?«
    Sie zog Svenson wieder zurück in Deckung. »Jeder von uns hat seine Talente, Doktor, und ich habe Sie dorthin gebracht, wo meins vielleicht zum Vorschein kommt. Passen Sie auf.«
    An der Spitze einer Gruppe von Männern, die alle mit Papierbündeln, Aktenmappen, zusammengerollten Dokumenten, ledergebundenen Kontobüchern beladen waren, schritt ein dünner junger Mann mit blondem Haar, dessen Schnurrbartenden in einem dunkleren Ahornton gewachst waren: Harcourt, der Mann, mit dem sie im Türrahmen zusammengestoßen waren. Svenson wusste – von seiner Genesung auf Rawsbarthe’ Dachboden –, dass Harcourt ein Kriecher war, dessen Aufstieg daher rührte, dass er die Befehle seiner Vorgesetzten nie in Frage stellte, wie verbrecherisch sie auch waren. Weil so viele von Krankheiten geplagt waren, hatte es Harcourt zu wirklicher Macht gebracht. Phelps hatte die Neuigkeit bestürzt zur Kenntnis genommen, aber Svenson erkannte, dass die Bürde schwer auf Harcourts Schultern lastete. Das Gesicht des jungen Mannes war ausgezehrt, und wenn er der Gruppe, die sich wie die Parodie einer vielgliedrigen Hindugottheit hinter ihm zusammendrängte, Anordnungen gab, klang seine Stimme wie das monotone Quaken einer Kröte.
    »Der Hafenmeister braucht diese Anweisungen vor der Flut; Materialanforderungen an die Minen dürfen erst nach dem morgendlichen Handel losgeschickt werden; diese Richter müssen

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