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Die Ameisen

Die Ameisen

Titel: Die Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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kommt, wird sie bereits von einer Artilleristin getroffen, die sie beobachtet hat, als sie die Eier umstieß.
    Ein Auflauf bildet sich um den von der Ameisensäure verätzten Körper. Nr. 327 neigt seine Antennen über den Kadaver. Kein Zweifel, er verströmt einen schwachen Geruch.
    Einen Felsenduft. SOZIABILITÄT: Bei den Ameisen wie bei den Menschen ist die Soziabilität vorherbestimmt. Die neugeborene Ameise ist zu schwach, um den Kokon, der sie umhüllt, allein zu durchbrechen. Das menschliche Baby ist nicht einmal in der Lage, zu gehen oder sich allein zu ernähren.
    Ameisen und Menschen sind zwei Arten, die sich so entwickelt haben, daß sie auf die Hilfe ihrer Umgebung angewiesen sind; sie können nicht allein, von sich aus lernen.
    Diese Abhängigkeit von den Erwachsenen ist sicher eine Schwäche, aber sie leitet einen anderen Prozeß ein: den der Suche nach Wissen.
    Wenn die Erwachsenen überleben können, die Jungen jedoch nicht, sind letztere von Beginn an gezwungen, von den älteren die Vermittlung von Kenntnissen zu verlangen.
    Edmond Wells Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens
     
    20. UG. Das Weibchen Nr. 56 ist noch nicht dazu gekommen, mit den Bäuerinnen über die Geheimwaffe der Zwerginnen zu reden, denn was sie da sieht, fesselt sie viel zu sehr, als daß sie irgend etwas äußern könnte.
    Da die Kaste der Weibchen besonders wertvoll ist, bleiben diese während ihrer ganzen Kindheit in ihrer Kammer eingesperrt. Oft kennen sie von der Welt nicht viel mehr als ein paar hundert Gänge, und nur wenige von ihnen haben sich bereits über das 10. Ober-oder das 10. Untergeschoß hinausgewagt.
    Einmal hat Nr. 56 versucht, hinauszugehen und die Große Außenwelt zu betrachten, von der ihr die Ammen erzählt hatten, aber die Schildwachen haben sie zurückgedrängt. Man könne mehr oder weniger ihre Gerüche tarnen, nicht aber ihre langen Flügel. Also haben ihr die Wachen erzählt, daß draußen riesige Ungetüme lauerten. Sie fräßen die kleinen Prinzessinnen auf, die vor dem Fest der Wiedergeburt hinauswollten. Seitdem war Nr. 56 zwischen Neugier und Schrecken hin-und hergerissen. Im 20. Untergeschoß angelangt, wird ihr klar, daß sie, bevor sie die wilde Große Außenwelt erkundet, noch viele Wunder in ihrer eigenen Stadt zu entdecken hat. Hier sieht sie zum erstenmal die Pilzkulturen.
    In der belokanischen Mythologie heißt es, daß die ersten Pilzkulturen im fünfzigtausendsten Jahrtausend, während des Getreidekrieges, entdeckt wurden. Ein Artilleristinnen-kommando hatte eine Termitenstadt eingenommen. Plötzlich stießen sie auf einen Saal mit kolossalen Ausmaßen. In der Mitte erhob sich ein riesiger weißer Kuchen, den die Termitenarbeiterinnen unaufhörlich polierten.
    Sie hatten ihn probiert und äußerst schmackhaft gefunden.
    Das war … das war wie ein ganzes eßbares Dorf! Gefangene gestanden, daß es sich um Pilze handelte. Tatsächlich leben die Termiten nur von Zellulose; da sie diese jedoch nicht verdauen können, greifen sie auf diese Pilze zurück, um sie assimilierbar zu machen.
    Die Ameisen verdauen Zellulose zwar sehr gut und sind nicht auf derlei Tricks angewiesen, aber den Vorteil, solche Kulturen innerhalb ihrer Stadt zu haben, erfaßten sie nichtsdestoweniger: Das gab ihnen die Möglichkeit, Belagerungen und Hungersnöten zu trotzen.
    Heute werden in den großen Sälen im 20. UG von Bel-o-kan die Stämme ausgewählt. Die Ameisen verwenden allerdings nicht mehr die gleichen Pilze wie die Termiten, in Belokan werden vor allem Lamellenpilze angebaut. Und ausgehend von diesen landwirtschaftlichen Tätigkeiten hat sich eine ganze Technologie entwickelt.
    Nr. 56 irrt zwischen den Beeten dieses weißen Gartens umher. Auf einer Seite bereiten Arbeiterinnen das »Bett« vor, auf dem der Pilz wachsen wird. Sie schneiden Blätter in kleine Vierecke, die anschließend zerkratzt, zerstoßen, durchgeknetet und zu einer Paste verarbeitet werden. Die Blätterpaste wird auf einem aus Exkrementen gebildeten Kompost aufgetragen (die Ameisen sammeln ihre Exkremente in dafür vorgesehenen Becken) und mit Speichel befeuchtet. Die Arbeit, dieses Erzeugnis zum Keimen zu bringen, wird der Zeit überlassen.
    Die bereits vergorenen Pasten sind von einem Knäuel weißer eßbarer Fasern umgeben. Dort links sind welche zu sehen. Die Arbeiterinnen begießen sie daraufhin mit ihrem desinfizierenden Speichel und schneiden alles ab, was über den kleinen weißen Kegel hinausragt. Wenn man die Pilze

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