Die Angst spielt mit
für weniger begangen worden.”
Ein paar Hände regten sich, aber der Großteil des Publikums akzeptierte nicht die Geliebte als Kidnapper. In einer der hinteren Reihen atmete Corinne Finn erleichtert auf.
Der Detektiv trat hinter den Nachbarn. “Oder war es dieser Mann, der dachte, er könne die wollüstige Frau bessern, die er liebte, und dann doch fand, dass sie nicht zu bessern war?”
Etwas lebhafterer Applaus.
Jeanne Squires tastete nach der Hand ihres Vaters, der starr und ausdruckslos dasaß.
“Was ist mit unserem Anwalt, Freunde? Hat er die scheußliche Tat begangen, weil er zurückgewiesen wurde? Wollte er den Kies? Vielleicht war er nicht so erfolgreich, wie er wirkte. Oder vielleicht ist ihm der Zaster durch die Finger gesickert.”
Ungefähr ein Drittel des Publikums applaudierte. Reardon lächelte. Im Zuschauerraum rutschte Stanley Hapgood unbehaglich auf seinem Sitz hin und her. Sein Enkel machte ein finsteres Gesicht.
“Und da haben wir unseren liebeskranken Buchhalter, Leute”, sagte Reardon.
Noah Bright bot eine bewunderungswürdige Leistung, indem er schuldig und verängstigt dreinsah.
“Verwandelte sich Liebe in Hass, als unser Buchhalter entdeckte, dass man ihn zum Narren gemacht hatte?”, fragte Reardon das Publikum. “Manchmal sind es gerade die Stillen, auf die man aufpassen muss. Raubte er das Kind, weil er dachte, es wäre von ihm? Nahm er das Geld, um dem Kind ein neues Leben, ein neues Zuhause zu geben? Denn der springende Punkt ist … dieses Baby wurde nicht getötet. Das Töten setzte später ein, als der Kidnapper zuschlagen musste, um nicht entlarvt zu werden. Also, Leute, ist unser Buchhalter der Kidnapper, der sich in einen Mörder verwandelte?”
Eine kleine Gruppe klatschte begeistert, doch der Großteil des Publikums hielt den Buchhalter nicht für den Schuldigen.
Ernie Novak, der sein schweißbedecktes Gesicht mit einem Taschentuch betupfte, brachte ein mattes Lächeln zustande.
Kevin trat hinter den nächsten Stuhl. George Denk in der Rolle des Ehemannes zeigte eine missmutige Miene. “Ich war es nicht”, schnappte er.
“Das behauptet er, Leute, aber sehen wir den Tatsachen ins Auge”, sagte Reardon. “Er hatte viele Gründe. Zum Beispiel, dass das Kind nicht von ihm war. Zum Beispiel, dass er bei der Scheidungsverhandlung angeben kann, dass er hunderttausend Dollar ärmer ist, obwohl er das Lösegeld selbst eingesteckt hat. Ein schlauer Trick. Und dann lässt er das Kind bei irgendwelchen Verwandten zurück und verdrückt sich mit unbekanntem Ziel.”
Etwas Applaus, ein paar Beifallsrufe, aber kein Sturm der Begeisterung.
Kevin warf Maggie einen schnellen Blick zu. In ihrer Rolle als trauernde Mutter saß sie abseits auf der Bühne und betrachtete die Vorgänge mit kummervollem Blick.
Es war still im Zuschauerraum, als Reardon hinter den letzten Stuhl trat. Den leeren Stuhl. Den Stuhl der Lehrerin. Den Stuhl, auf dem Anna Blair sitzen sollte.
“Wurde es für sie zu heiß, Leute?”, fragte Reardon höhnisch. “Ist sie deshalb vor der letzten Auseinandersetzung geflohen? Weil sie schuldig ist? Weil sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis wir ihr auf die Schliche kommen?”
Wilder Applaus brach los. “Ja, ja!”, schrien Stimmen im Publikum. “Sie war’s! Sie war’s!”
Louise Sheridan stand auf. Zuerst bemerkten es nur ein paar Leute, doch sehr schnell verstummte das Publikum. Sekunden später hätte man eine Nadel fallen gehört.
“Es war nicht so, wie ihr denkt, es war nicht so”, sagte Miss Sheridan mit leiser, trauriger Stimme. “Es war alles … ein Fehler”, endete sie und wiederholte die Worte, die Anna Blair in der Rolle der Lehrerin am Ende des zweiten Aktes gesprochen hatte.
15. KAPITEL
D as Publikum drängte in die Eingangshalle hinaus.
“Schon was von Anna Blair gehört, Chef?”, fragte George Denk. “Nichts”, antwortete Harvey Mead.
George, noch in Kostüm und mit Bühnen-Make-up, senkte die Stimme. “Und die Sheridan-Lady, Chief? Soll ich sie aufs Revier schleifen?”
Harvey hob eine Augenbraue. “Das Stück ist aus, George!”
George Denk wurde rot. “Tut mir leid, Chief. Schätze, es dauert einen Moment, um aus der Rolle rauszukommen. Was sollen wir mit Miss Sheridan machen? Wo doch Anna Blair – oder soll ich sagen, Julianna Merrill – frei herumläuft …”
“Fahren Sie Miss Sheridan heim, George, und bleiben Sie bei ihr.”
“Wird gemacht, Chief.”
Kevins Schwester Daisy eilte zu
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