Die Angst spielt mit
Maggie. “War das nicht unglaublich?”, rief sie aus. “So etwas hat es in Thornhill nicht mehr gegeben, seit Amanda Emory vor fast zwei Jahren von ihrem Adoptivsohn ermordet wurde. Ihre Mutter muss es Ihnen erzählt haben, Maggie. Amanda hielt einen Kurs über Hexerei am College ab und hatte ihren eigenen Hexenzirkel in der Stadt. Paula Dubois war eine von Amandas Anhängerinnen. Ich sage Ihnen, das Mädchen ist als Schauspielerin viel besser, als sie als Hexe war. Ich habe sie recht gut als Geliebte gefunden. Aber Sie, Maggie, Sie waren eine absolute Sensation. Ihr Haar! Sie sollten es immer so tragen, über ein Auge gekämmt, genau wie Lauren Bacall. Und Kevin! Mein kleiner Bruder …”
“Ach Daisy, wenn sie mich bitte entschuldigen! Ich muss meine Jungs auftreiben.” Sie suchte die überfüllte Halle ab. “Ach, da ist meine Mutter. Sie hat die Jungs hoffentlich bei sich.” Maggie wurde von zahlreichen Leuten angesprochen, ehe sie ihre Mutter erreichte.
“Maggie, ist wirklich alles in Ordnung?”, fragte Mildred. “Hat dir diese schreckliche Frau auch nichts getan?”
“Ich bin jetzt nicht einmal sicher, ob es Anna Blair war”, erwiderte Maggie. “Es war so dunkel, und die Stimme war so gedämpft … Wo sind die Jungs?”
“Ach, Jessie bringt sie hinter die Bühne zu Paula. Wir treffen sie vor dem Eingang.”
“Maggie!” Kevin kämpfte sich durch die Menge. “Warte! Alles in Ordnung? Deine Hand hat gezittert, als wir uns verbeugt haben …”
“Siehst du hier meinen Kopf?”, fragte Maggie träge. “Tu mir das nächste Mal einen Gefallen und erinnere mich daran, dass ich ihn nicht so weit herausstrecke.”
Kevin und Mildred lachten, aber Mildred wurde rasch ernst. “Sagt mal ihr zwei, war es Miss Sheridan? War sie der Kidnapper?”
Maggie runzelte die Stirn. “Sieht so aus, aber sie war es bestimmt nicht allein. Und wir wissen überhaupt noch nicht, ob nicht Roger Merrill hier in Thornhill unter falschem Namen lebt und mordet.”
Ihre Großmutter Helen, die hinter Maggie getreten war, schüttelte den Kopf. “Seht ihr die Frau im grünen Kleid, Sylvia Palmer? Sie stammt aus Dayton, Ohio, wo Roger Merrill in den Sechzigerjahren gelebt hat.”
“Sylvia kannte ihn?”, fragte Kevin.
“Sylvia, mein Lieber, war auf seinem Begräbnis. Ich habe sie vor ein paar Minuten im Waschraum für Damen belauscht. Sie sagte zu einer Freundin, was für ein Schock diese Aufführung für den lieben Roger gewesen wäre … wäre er nicht vor fast zwanzig Jahren an Krebs gestorben.”
Maggie sah Michael auf sich zukommen. “Wo ist Leif?”, fragte sie.
Michael zuckte mit den Schultern. “Ich dachte, er ist bei dir.”
Mildred zog die Augenbrauen zusammen. “Ich habe dir gesagt, dass du auf deinen Bruder aufpassen sollst, Michael.”
“Habe ich ja, aber ich musste zur Toilette.”
“Schon gut, Michael”, beschwichtigte Maggie.
“Vielleicht hat jemand Leif heimgefahren”, sagte Kevin. “Vielleicht Paula …”
Maggie lief zu einem Telefon. Als sie zurückkam, war sie blass. “Ich habe mit Paula gesprochen. Sie ist gerade nach Hause gekommen und hat Leif nicht mehr gesehen, seit sie mit ihm hinter der Bühne war. Und zu Hause hebt niemand ab.”
Mildred verzehrte sich vor Sorge. “Ich hätte die beiden nicht aus den Augen lassen dürfen!”
Maggie sah Michael an der Glastür der Grange Hall stehen und stumm in die Nacht hinausstarren. Sie wusste, dass ihr Sohn auch Angst hatte und von Schuldgefühlen geplagt wurde.
Kevin hatte ebenfalls Mitleid mit Michael. Er ging zu dem Jungen. “Es kommt alles in Ordnung, Michael. Wir finden deinen Bruder.” Behutsam berührte er den Jungen an der Schulter.
Michael wirbelte herum, Hass und Wut im Blick. “Es ist alles Ihre Schuld! Hätten Sie meine Mutter in Ruhe gelassen, wären wir nach Harmon zurückgegangen!”
“Michael!”, sagte Maggie scharf.
“Ich hasse ihn!”, schrie Michael und starrte Kevin böse an. “Und sobald wir Leif finden, gehen wir zurück nach Harmon, wo wir sicher sind! Daddy hätte das alles nie geschehen lassen!”
“Michael, hör auf!”, fauchte Maggie. “Kevin hat gar nichts getan. Es ist nicht seine Schuld und deine auch nicht.”
Michael warf sich gegen seine Mutter, und der Zorn löste sich in Schluchzen auf. “Bitte, bitte, lass uns heimfahren, Mom! Ich weiß, du und Daddy, ihr liebt euch nicht mehr, aber … aber Leif und ich werden dafür sorgen, dass du dich nicht einsam fühlst. Wir bleiben bei dir,
Weitere Kostenlose Bücher