Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Antikriegs-Maschine

Die Antikriegs-Maschine

Titel: Die Antikriegs-Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bob Shaw
Vom Netzwerk:
schloß die Augen.
    Dieser… dieses Ding vor mir ist ein erwachsener Angehöriger der sogenannten Menschheit. Gott sei uns gnädig. Vicky ist auf elektronisch erzeugte Bilder auf dem Fernsehschirm eifersüchtig. Spain denkt in erster Linie an Bilder aus dem Krieg in Kambodscha – an die toten Frauen und Kinder. Aber würde dieses angekohlte Stück Papier in meiner Jackentasche wirklich etwas ändern? Ich kann Neutronen nach einer neuen Melodie tanzen lassen – aber was ist mit der Chorea, von der die Menschheit befallen ist? Können wir Veteranen von Chorea/Korea die Kanons/Kanonen des universellen danse macabre zerstören?
    »… alle dabei, alle diese Huren, die man im Fernsehen sieht, tun nichts anderes. Ich wollte, ich wäre als Frau auf die Welt gekommen, sage ich Ihnen. Ich hätte ein Vermögen verdient.« Spain lachte kehlig.
    Hutchman öffnete die Augen. »Aber nicht von mir«, stellte er fest.
    »Ich bin wohl nicht Ihr Typ, Hutch? Nicht intellektuell genug?«
    Hutchman betrachtete den polierten Stein, der ihm als Briefbeschwerer diente, und stellte sich vor, wie er Spain damit den Schädel einschlug. Begründung: gerechtfertigte Schädlingsvertilgung. »Verschwinden Sie jetzt, Don – ich habe zu arbeiten.«
    Spain schnüffelte beleidigt, ging in Muriels Zimmer hinaus und schloß die Tür hinter sich. Sein grauer Schatten war noch einige Minuten sichtbar, während er nebenan Schreibtischschubladen öffnete und schloß. Erst dann verschwand er in seinem eigenen Büro. Hutchman beobachtete die Pantomime mit wachsender Selbstverachtung. Ich kann Neutronen nach einer neuen Melodie tanzen lassen, aber ich schrecke davor zurück, einer menschlichen Zecke zu sagen, sie solle sich ein anderes Opfer suchen. Er nahm einen dicken Aktenordner mit der Aufschrift geheim aus dem Stahlfach seines Schreibtischs und versuchte, sich auf das Projekt zu konzentrieren, für das er sein Gehalt bekam.
    Jack war eine verhältnismäßig konventionelle Boden-LuftRakete, die über Funk ferngesteuert wurde; sie war im Prinzip nur eine verbesserte Ausgabe der Westfield-Abwehrrakete, die mit dem Kardinalfehler aller derartigen Systeme behaftet gewesen war: Die Wirksamkeit der Fernsteuerung hatte mit zunehmender Entfernung von der Bodenstation abgenommen. Westfield war auf die Idee gekommen, einen Teil des Steuerungsmechanismus in einer zweiten Rakete – Jill – unterzubringen, die eine Zehntelsekunde später gestartet wurde und Daten über Jacks Position im Verhältnis zum Ziel übermittelte. Falls dieses Zweifachsystem funktionierte, sollte es ansehnliche Reichweite besitzen, zuverlässig funktionieren und preiswert sein. Als leitender Mathematiker bei Westfield hatte Hutchman die Aufgabe, die Variablen so zu verkleinern, daß die beiden Raketen sich von einem konventionellen Feuerleitgerät steuern ließen.
    Diese Arbeit interessierte einen begabten Mathematiker wie. Hutchman nur wenig, aber die Westfield-Werke lagen in der Nähe von Vickys Heimatort. Sie weigerte sich, einen Umzug nach London, Cambridge oder in ein anderes wissenschaftliches Zentrum, wo er hätte Karriere machen können, auch nur in Betracht zu ziehen; er fühlte sich durch die Ehe so gebunden, daß er nicht an eine Trennung denken konnte. Deshalb arbeitete er in seiner Freizeit an mathematischen Problemen – sozusagen zur Entspannung. Entspannung! Der Gedanke, den er hatte unterdrücken wollen, stieg an die Oberfläche seines Bewußtseins auf.
    Unsere eigene Regierung, die Russen, die Amerikaner, die Chinesen, die Franzosen – sie alle würden mich auf der Stelle unschädlich machen, wenn sie wüßten, was ich in der Tasche habe! Ich kann Neutronen nach einer neuen Melodie tanzen lassen!
    Hutchman fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn, griff nach einem Bleistift und begann zu arbeiten. Aber er konnte sich nicht konzentrieren. Nach einer Stunde rief er in der Filmabteilung an und ließ sich den letzten Film über einen Jack-and-Jill-Test vorführen. In dem dunklen Vorführraum war er mit seinen Gedanken allein. Die Raketen huschten als dunkle Schatten über die Leinwand, stießen bei jeder Wendung ganze Wolken zerstäubter Hydraulikflüssigkeit aus und sanken an orangeroten Fallschirmen ins Meer, sobald ihre Triebwerke ausgebrannt waren.
    »Sie werden ohnehin nie einsatzfähig«, sagte eine Stimme hinter Hutchman. Sie gehörte Boyd Crangle, dem stellvertretenden Leiter der Entwurfsabteilung, der unbemerkt hereingekommen war. Crangle hatte sich von Anfang

Weitere Kostenlose Bücher