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Die Augen der Überwelt

Die Augen der Überwelt

Titel: Die Augen der Überwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Benbadge Stull bis Fagunto und Mell.«
    »Auch von diesen Orten habe ich nie gehört«, sagte Cugel. »Was liegt jenseits von Benbadge Stull?«
    »Das Land erstreckt sich in den Norden. Die Sonne steht tief über Moor und Sumpf. Außer einigen elenden Geächteten findet man dort keine Menschenseele.«
    Cugel drehte sich gen Osten. »Und was ist dieses Cil?«
    »Der ganze Landstrich ist Cil. Mein Urahne verlor es an das Haus von Domber. Doch von seiner Pracht und Größe ist kaum etwas geblieben, nur der uralte Palast und ein Dorf. Dahinter wird das Land zum dunklen, gefährlichen Wald. Ja, so sehr ist unser einstiges Reich geschrumpft.« Traurig schüttelte der Alte den Kopf und machte sich wieder an die Arbeit.
    Cugel schaute ihm noch eine Weile zu und scharrte dabei gelangweilt mit den Fußspitzen im Sand. Plötzlich bemerkte er etwas Glitzerndes. Er bückte sich danach und hob ein Armband aus schwarzem Metall mit purpurnem Schimmer auf. Ringsum war es mit dreißig Karfunkeln bestückt, und ein Runenkreis umgab jeden Stein. »Ha!« rief Cugel und zeigte dem Alten den Armreifen. »Seht dieses hübsche Stück! Ein Kleinod, wahrhaftig!«
    Der Greis legte Sieb und Schaufel ab und erhob sich schwerfällig. Er streckte die Hand aus. »Ihr habt das Amulett meiner Vorfahren aus dem Hause von Slaye gefunden! Gebt es mir!« Cugel wich zurück. »Na, na, welch unbilliges Verlangen!«
    »Nein! Das Amulett gehört mir! Ihr begeht Unrecht, indem Ihr es mir vorenthaltet! Wollt Ihr, daß die Arbeit meines ganzen Lebens umsonst war, genau wie die von vier Lebzeiten vor mir?«
    »Weshalb freut Ihr Euch nicht einfach, daß das Amulett sich wieder gefunden hat?« entgegnete Cugel verdrossen. »Ihr seid nun der weiteren Suche enthoben. Habt die Güte und erklärt mir die Wirkungskraft dieses Amuletts. Es strahlt einen starken Zauber aus. Wie kann sein Besitzer ihn sich zunutze machen?«
    »Der Besitzer bin ich«, ächzte der Greis. »Ich flehe Euch an, seid großmütig.«
    »Ihr versetzt mich in eine peinliche Lage«, antwortete Cugel. »Meine Habe ist zu gering, Freigebigkeit zu gestatten, doch kann man das wohl kaum als mangelnde Großzügigkeit betrachten. Hättet Ihr das Amulett gefunden, würdet Ihr es denn mir geben?«
    »Nein, da es ja mir gehört.«
    »Da trennen sich unsere Meinungen. Nehmt an, Eure Auffassung ist falsch. Eure Augen werden Euch bestätigen, daß das Amulett sich in meiner Hand befindet und ich damit tun kann, was ich will. Kurz gesagt, es ist mein Eigentum. Ich würde es deshalb zu schützen wissen, wenn Ihr mir etwas über seine Möglichkeiten und Anwendung verratet.«
    Der Greis warf die Arme in die Luft und trat so heftig nach dem Sieb, daß das Geflecht riß und das Gerät den Strand hinunter bis zum Wasser rollte. Eine Welle spülte heran und nahm es mit sich. Unwillkürlich setzte sich der Alte in Bewegung, um es zurückzuholen, doch dann kehrte er um, warf noch einmal verzweifelt die Arme in die Luft und schwankte das Gestade hoch. Tadelnd schüttelte Cugel den Kopf und stapfte weiter ostwärts, den Strand entlang.
    Nun kam es zu einer unangenehmen Auseinandersetzung mit Firx, der überzeugt war, daß der kürzeste Weg zurück nach Almery westwärts über den Hafen von Benbadge Stull führte. Gequält preßte Cugel die Hände auf den Bauch. »Es gibt nur einen Weg, und zwar den Landweg! Was nützt es, wenn die Luftlinie über das Meer viel kürzer ist? Wo wollen wir ein Schiff hernehmen? Und zum Schwimmen ist es zu weit.«
    Zweifelnd zwickte Firx Cugel noch ein paarmal, gestatte ihm dann jedoch, sich ostwärts an die Küste zu halten. Auf der Klippe hinter ihm saß der Greis, die Schaufel neben sich, und starrte hinaus aufs weite Meer.
    Zufrieden mit dem bisherigen Verlauf des Morgens stiefelte Cugel weiter. Ausgiebig untersuchte er das Amulett, von dem wahrhaftig ein spürbarer Zauber ausging und das obendrein schön anzusehen war. Leider konnte er die mit sichtlicher Kunstfertigkeit eingeprägten winzigen Runen nicht deuten. Er zog sich den Reifen über das Handgelenk und drückte, um es zurechtzurücken, ohne sich dabei etwas zu denken, auf einen der Karfunkel. Von irgendwoher kam ein abgrundtiefes Stöhnen, ein Laut schlimmster Not. Erschrocken blieb Cugel stehen und schaute sich um. Graue See, bleicher Sandstrand, Gestade mit einzelnen Büscheln Stachelkopfgras, Benbadge Stull im Westen, Cil im Osten, und über ihm grauer Himmel. Er war allein. Woher war dieses furchtbare Stöhnen

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